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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd
Autoren: Ursula Neeb
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Gräueltaten.
    Als sie mit ihrem Bericht zu Ende war, erklärte sie entschlossen, sie sei bereit, dies alles auch vor dem Magistrat zur Aussage zu bringen.
    »Aber erst, wenn du wieder ganz gesund bist«, beschied sie Florian resolut.
    »Das wird nicht mehr lange dauern«, entgegnete Katharina zuversichtlich.
    Anna schaltete sich ein und berichtete: »Inzwischen sind sämtliche Untersuchungsrichter der Stadt mit dem Fall Stefenelli befasst. In einer Dachkammer der Scharfrichterei hat man Kilian von Hattsteins Aufzeichnungen gefunden, die zurzeit eingehend geprüft werden. Ich habe mir bereits ausbedungen, dass man mir davon eine Abschrift anfertigt. Es soll noch in diesem Jahr zu einem Strafprozess kommen, bei dem du als Hauptzeugin aussagen sollst.«
    »Jederzeit«, sagte Katharina. Ihre Stimme war noch etwas schwach, aber in ihren Augen stand schon wieder die alte Kampfeskraft.
    *
    Zwei Tage später durfte Katharina das Spital verlassen. Annas Angebot, sie im Hause Stockarn zu pflegen, hatte sie freundlich, aber entschieden abgelehnt und darauf bestanden, in ihr eigenes Zuhause an der Galgenwarte zurückzukehren.
    »Du kannst mich doch jeden Tag besuchen kommen«, hatte sie hinzugefügt und die Freundin herzlich in den Arm genommen.
    Als Florian Katharina nach Feierabend aufsuchte, hatte er eine Überraschung dabei. Sobald der alte Morro Katharina sah, begann er, vor Freude zu winseln, und wollte nicht mehr von ihrer Seite weichen. Katharina kraulte ihn liebevoll hinter den Ohren und strahlte Florian an.
    Längst machte er keinen Hehl mehr aus seiner Zuneigung. Die Liebe, die er ihr entgegenbrachte, war Balsam für ihre Seele und hatte sie gesunden lassen. Und sie war sich bewusst, dass sie für ihn ebenso empfand. Seine Gegenwart tat ihr unsagbar gut, und sie sehnte sich nach seiner Berührung.
    Doch noch standen die mannigfaltigen Grausamkeiten, die Reinfried ihr zugefügt hatte, zwischen ihnen. Sie würde damit fertig werden, dessen war sie sich ganz sicher – aber sie brauchte Zeit. Das zarte, wundersame Pflänzchen ihrer neuen Liebe musste erst noch reifen.
    »Komm zu mir«, sagte sie plötzlich und breitete die Arme aus. Während sie Florian an sich drückte und ihm zärtlich über das ungebändigte rotblonde Haar strich, flüsterte sie ihm zu: »Kannst du noch ein wenig warten? Ich bin noch nicht so weit.« Unvermittelt hauchte sie ihm einen zarten Kuss auf den Mund.
    »Du hast alle Zeit dieser Welt, Katharina«, raunte er ihr zu, während ihm vor Freude das Herz überging. »Du ahnst ja gar nicht, wie sehr ich dich liebe.« Sie hielten einander fest in den Armen.
    Plötzlich spürte Katharina, wie Florian zu schluchzen begann. Er hob den Kopf und sagte: »Aber dass du dich diesem Schurken hingegeben hast, hat mich unsagbar verletzt …« Er barg sein Gesicht in den Händen und weinte hemmungslos.
    Katharina wisperte mit brüchiger Stimme: »Verzeih mir, mein Liebster! Ich war einfach nicht mehr ich selbst. Die Droge, die er mir eingegeben hat, hat mir die Sinne vernebelt. Erst jetzt vermag ich wieder auf mein Herz zu hören. – Halt mich ganz fest. Ich will dich nie wieder verlieren.«
    Sie sanken einander erneut in die Arme und waren so glücklich, dass nichts anderes mehr zählte.
    *
    Es dauerte nahezu zwei Wochen, bis sich Katharina von der ausgestandenen Marter erholt hatte und ihre körperlichen Wunden verheilt waren. Sie aß mit gutem Appetit, und allmählich wurden ihre Wangen wieder etwas voller. Die seelischen Verletzungen hingegen waren noch längst nicht ausgestanden, die schrecklichen Erlebnisse im Hause des Henkers würde sie wohl ihr Leben lang nicht vergessen.
    Mitunter hatte sie schlimme Angstträume und wachte von ihren eigenen Schreien auf. Danach brauchte sie stets eine ganze Weile, bis sie sich beruhigt hatte und ihr wieder einfiel, dass Reinfried tot war und ihr nichts mehr anhaben konnte. Doch dank der liebevollen Fürsorge ihrer Freunde fand sie schließlich wieder zu ihrer früheren entschlossenen Lebensfreude zurück.
    Am Christabend im Jahre des Herrn 1509 war sie strahlender und schöner denn je. In dem perlgrauen Samtkleid, welches Anna ihr eigens für das Christfest hatte anfertigen lassen, mit der dunkelbraunen Atlashaube mit Goldborte und den Kuhmaulschuhen aus weichem Wildleder sah sie aus wie eine Märchenprinzessin.
    Um die fünfte Stunde holte Florian sie im Turm an der Galgenpforte ab, denn sie waren für den Christabend bei seinem Meister eingeladen. Als er sie
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