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Das Geheimnis der Mangrovenbucht

Das Geheimnis der Mangrovenbucht

Titel: Das Geheimnis der Mangrovenbucht
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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plötzlich geworden war, als er über diese Tragödie berichten
konnte. Es wirkte jetzt alles noch viel düsterer, und der Gedanke, daß ein
ertrunkener Mann vielleicht in der Nähe von Davids Hütte angeschwemmt werden
könnte, gefiel ihr gar nicht. Sie wünschte erneut, nicht so voreilig gewesen zu
sein. Wäre sie doch nur woanders hingefahren — überallhin, nur nicht an diesen
verlassenen Ort.
    Sie blickte nervös um sich. Bis
jetzt hatte sich Dibble noch ziemlich nahe an das Ufer gehalten, um die ersten
Klippen zu umfahren. Jetzt aber hatte er sich dem offenen Meer zugewandt. Es
war einfach zu begreifen, warum: Die Felsen wurden steiler, und eine
gefährliche Strömung umwirbelte sie.
    » Uuh !
Wie scheußlich das aussieht, diese abfallenden Klippen und das tödliche
Gewässer«, rief sie aus, zwar mehr zu sich selbst, als zu dem Schiffer.
    »Ja, das ist ein grausiges
Stück. Da muß man sich verdammt gut heraushalten. Diese Felsen sind teuflisch. Und
wenn man in die Strömung kommt, dann gibt’s nicht mehr viel Hoffnung.«
    Pauline zuckte zusammen. Kein
Wunder, daß David sein Boot hier draußen nicht verwendete. Die Behauptung, daß
es sich um >heimtückisches Wasser< handelte, war bei weitem untertrieben.
Es war tödlich. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, wie ein Boot da
hineingeriet und hoffnungslos ins Meer hinausgetragen wurde. Dibble schien an
ihrem Unbehagen Spaß zu haben; er fuhr dämonisch fort: »Man sagt, daß einmal
ein Bursche über die Klippen gefallen ist und nie wieder gesehen wurde. Einfach
verschwunden, ohne jegliche Spur. Die Strömung hat ihn einfach hinaus aufs Meer
getragen, und die Haifische haben dann den Rest besorgt. Auf jeden Fall konnte
man sich für diesen Kerl die Kosten für den Sarg sparen.« Er grinste widerlich
bei diesen Worten.
    Pauline blickte ihn sehr
abweisend an — und dann zögernd auf die hohen finsteren Klippen, die wilden
Felsen, das turbulente Wasser. Wie sehr wünschte sie doch, daß diese Reise zu
Ende ginge. Warum nur hatte David diesen Ort ausgesucht?
    Dann fiel ihr ein, daß David ja
immer zu Land hierherkam über trockenes Gebiet, und daß er anschließend über
die Bucht marschierte. Sie erinnerte sich an seine Worte >ziemlich
verschlammt< aber Schlamm und Sumpf waren noch tausendmal besser als diese
Seereise rund um die Küste.
    Einen Augenblick später war das
Schlimmste vorbei. Das Boot hatte die Klippen umfahren und schwenkte in die
Mündung des Flutgebietes ein. Sie fuhren gerade jenes ruhige Gewässer hinauf,
von dem sie glaubte, daß es die unangenehme Bezeichnung >Totenbucht<
trug. Sie fragte sich, warum, aber um kein Gold der Welt hätte sie Dibble
diesbezüglich befragt. Wahrscheinlich war das wieder mit einer anderen
grausigen Geschichte verbunden, die er ihr mit größtem Vergnügen erzählt hätte.
Er murmelte jetzt vor sich hin. »Lauter Unsinn. Wie konnte denn dieser Kerl
hier jemanden sehen, der gar nicht da war. Aber niemand sagt dem alten Milward seine Meinung.«
    Pauline wollte ihm eigentlich
beipflichten, daß alles Unsinn sei; aber jetzt, nachdem sie aus dem
gefährlichen Gewässer heraus in ruhiges geraten waren, konzentrierte sie sich
wieder auf ihre eigenen Angelegenheiten. In ihrem Gedächtnis hallten noch immer
Lionels Worte nach: »Es tut mir leid, furchtbar leid. Solche Dinge geschehen
ganz einfach. Aber natürlich würde ich keine Sekunde lang daran denken, mein
Versprechen zu brechen. Ich bin schließlich verlobt.«
    Darauf hatte sie gelacht und
gesagt: »Anständig bis zum Letzten. Der perfekte Gentleman. Du würdest mich
niemals sitzenlassen, das überläßt du mir. Aber hab
keine Angst. Ich werde dich nicht beim Wort nehmen. Schade ist nur, daß ich das
jemals getan habe.« Und darauf hatte sie ihm höflich seinen Verlobungsring
zurückgegeben. Diese Erinnerung freute sie ganz besonders. Es war ein Segen,
daß sie der Versuchung widerstanden hatte, ihm den Ring an den Kopf zu werfen.
Zumindest hatte sie Ruhe bewahrt, die sie sonst sofort zu verlassen pflegte.
    Das Gewässer wurde jetzt enger.
Im Halbdunkel konnte Pauline Mangroven sehen, die sich auf jeder Seite der
Bucht ausbreiteten. Sie hatte Mangroven noch nie gemocht. Das waren häßliche , düstere Gewächse, die sich hier zu ungewohnten
Höhen entwickelten, mit verschlungenen Strünken und spärlichem Laub. In diesem
geheimnisvollen Licht sahen sie aus wie eine Herde von Tiergerippen, die sich
in dem zähen Schlamm wälzten. Was für ein entsetzlicher Ort — und,
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