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Das Geheimnis der Mangrovenbucht

Das Geheimnis der Mangrovenbucht

Titel: Das Geheimnis der Mangrovenbucht
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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da, blickte über die graue See hinweg und
überlegte, was sie für eine Närrin gewesen war.
    Warum, warum nur hatte sie ihre
Verlobung mit Lionel Roberts nicht schon vor Wochen gelöst? Aber abgesehen von
dieser Tatsache — warum hatte sie sich überhaupt je mit ihm verlobt? Es hatte
nicht lange gedauert, bis sie erkannt hatte, daß sie töricht gewesen war. Aber
es hatte ihr einfach der Mut gefehlt, dies zuzugeben. Natürlich war sie etwas
geschmeichelt gewesen, als dieser ehrgeizige junge Rechtsanwalt sie zu Partys
mitnahm und sich anscheinend in sie verliebte. Anscheinend? Nein, das war
eigentlich nicht richtig. Lionel hatte eine Zeitlang wirklich den Kopf
verloren.
    Aber er war sehr schnell wieder
zu Vernunft gekommen, als Linda Marvell auf tauchte — mit ihrem Charme, ihrer
Schönheit und ihrem Geld. Insbesondere ihrem Geld! Pauline besaß keines. Statt
dessen hatte sie einen nicht besonders gutbezahlten Job und eine kränkliche
Mutter, die in einem Erholungsheim lebte und der sie immer wieder einen Teil
ihres Geldes schickte, sobald sie sich etwas ersparen konnte. Zugegeben, sie
war nicht gerade ein guter Fang für einen ehrgeizigen Mann.
    Und jetzt war ihr klar, daß
Lionel schon sehr bald seinen Fehler erkannt haben mußte. Sie konnte sich sein
Bedauern gut vorstellen; wenn er nur gewartet hätte... und so hatte sich
allmählich, aber stetig, sein Benehmen geändert; bis gestern
abend auf einer Party Pauline mit ihrem Partner ins Mondlicht
hinausgetreten war und dort Linda in seinen Armen entdeckt hatte. Natürlich war
damit alles beendet. Es tat ihr nur leid, daß nicht sie den ersten Schritt
getan hatte.
    Denn sie hatte schon vor Lindas
Auftauchen gewußt, daß alles ein Irrtum war, hatte jedoch ihre Verlobung
aufrechterhalten, weil sie dumm genug war, sich einzubilden, daß Lionel sie
wollte, sie brauchte. Sie brauchte? Pauline lachte bitter. Was Lionel brauchte,
war Geld, und das hatte er jetzt.
    Der alte Dibble wandte sich um,
als sie lachte, und fragte: »Was los? Ich seh ’ hier
nichts Komisches. Kalt und naß und irgendwo eine
Leiche.«
    Pauline erschrak. »Eine — eine
Leiche«, stammelte sie. »Wie meinen Sie das? Ist jemand ertrunken?«
    »So sagen sie. Waren heute den
ganzen Tag mit Booten draußen. Haben auch die Strände abgegrast. Meiner Meinung
nach ist das alles Quatsch.«
    »Wieso? Glauben Sie nicht, daß
der Mann ertrunken ist?«
    »Weiß nicht. Er ist einfach
verschwunden. Vermutlich ausgerissen. War auch das Beste, was er tun konnte,
der elende Stinker. Wirklich das Beste, wenn Sie mich fragen.«
    »Wie meinen Sie das? Glauben
Sie, daß er abgehauen ist, weil er in Schulden war, oder in sonstigen
Schwierigkeiten?«
    »Schulden? Du lieber Gott! Der
und Schulden! Die halbe Stadt gehört ihm. Nein, der war weder in Schulden noch
ist er ersoffen, wenn Sie mich fragen.«
    »Aber warum wird dann nach ihm
gesucht?«
    »Dieser alte Milward glaubt, daß er ertrunken sei. Behauptet zumindest,
daß er seine Leiche im Wasser sehen kann.«
    »Sehen?«
    »Ja. Er sieht sie in einer
seiner verdammten Visionen. Er nimmt dazu irgendeinen kleinen Stock, so wie die
Kerle, die nach Wasser suchen.«
    »Rutengänger? Aber was hat das
denn mit einem Ertrunkenen zu tun?«
    »Fragen Sie mich nicht. Ich
nenne ihn den Hexendoktor, aber die Leute hier behaupten, er sei ein Hellseher.
Sie gehen zu ihm, wenn sie Bauchweh haben oder wenn eines ihrer Tiere krank
ist. Er machte alles mit Baumwollfäden.«
    »So? Farbtherapie. Davon hab’
ich schon gehört.«
    »Ja, so sagen die anderen; aber
das ist es nicht. Er macht alle möglichen Dinge. Ein komischer alter Kauz. Hält
sich für allwissend. Lebt allein mit einem alten Hund und sagt, >er gibt
sich selbst für die leidende Menschheit hin<. Meiner Meinung nach spinnt
er.«
    »Und als dieser Mann
verschwunden war, haben die Leute ihn befragt?«
    »Ja, und er behauptet, die
Leiche beim Wasser unten sehen zu können. Sie glauben ihm und beginnen sofort
zu suchen. Aber bisher haben sie noch nichts gefunden — und wahrscheinlich
werden sie auch nichts finden. Angenommen, er ist ertrunken, dann ist er vermutlich
in die Zuflußströmung gekommen und wird nie wieder
gesehen.«
    »Wird er denn schon lange vermißt ?«
    »Seit zwei oder drei Tagen. Er
war zwei Nächte nicht zu Hause, die kommende ist die dritte. Ein angenehmes
Untertauchen, meiner Meinung nach.«
    Pauline schüttelte sich. Was
war das doch für ein gräßlicher , alter Mann, und wie
gesprächig er
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