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Das Geheimnis der chinesischen Vase

Das Geheimnis der chinesischen Vase

Titel: Das Geheimnis der chinesischen Vase
Autoren: Stefan Wolf
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die Herbstsonne und lehnte ihre Tretmühle gegen seinen Drahtesel.
    »Ich nehme an, du wirst sie
irgendwo unterbringen.«
    »Ich dachte, du bleibst hier
und hältst unsere Räder, während ich mit Hempel rede.«
    »So? Dachtest du?«, meinte sie
honigsüß. »Umgekehrt wird ein Stiefel draus. Es sei denn, du entdeckst einen
Parkplatz.«
    Den gab es hier allerdings
nicht. Das Einzige, wovon man sich im Café Krümmer trennen konnte, waren Mäntel
und Regenschirme.
    Tarzan parkte die Stahlrösser
neben dem Eingang, wo ein Schild an der Wand war: Abstellen von Fahrrädern
verboten.
    »Gilt nicht für die Presse«,
sagte er zu Gaby und kettete die Zweiräder mit dem Kabelschloss zusammen.
    Das Café war mit Seidentapeten,
Lüstern und schicken Sesselchen ausgestattet. Alles wirkte schon ein bisschen
abgewetzt, aber nur, wenn man genau hinsah. Am Kuchenbuffet bedienten drei
weibliche Wesen, zwei Mädchen und eine rothaarige Frau.
    Sie leckte gerade ihren
Zeigefinger ab, an dem etwas Sahne war und hatte spitze Backenknochen im
hohlwangigen Gesicht. Sie war eigentlich der Typ, der Kuchen verabscheut.
    Vielleicht, überlegte Tarzan,
würde sie lieber in einer Metzgerei arbeiten.
    Er grüßte, sagte, sie seien mit
Herrn Hempel verabredet, und ob sie ihm, bitte, zeigen könne, wo er säße.
    »Der kleine Tisch dort an der
Garderobe«, antwortete die Frau. »Aber Werner... äh... Herr Hempel ist eben
nach hinten gegangen. Mit zwei merkwürdigen Burschen.«
    »Nach hinten? Was heißt das?
Zur Toilette?«
    Die Frau nickte. »Oder zum
Telefon.«
    »Mit zwei Burschen?«
    »Ja. Die sahen irgendwie
gefährlich aus, waren auch — glaube ich — noch nie hier. Und bei Werners Beruf
weiß man ja nie... Ich wollte schon nachsehen. Aber schließlich kann ich nicht
in die Herrentoilette.«
    »Wir werden Herrn Hempel schon
finden«, meinte er und zog Gaby zu dem leeren Tisch an der Garderobe.
    Es gab drei Stühle. Vor einem
Platz stand ein Glas Bier, in dem der Schaum zerfiel, ohne dass Hempel davon
getrunken hatte.
    »Kannst schon bestellen,
Pfote.« Er schob ihr einen Stuhl in die Kniekehlen. »Für mich eine Cola.«
    »Es gehört sich nicht«, sagte
sie, »dass man zur Toilette geht, wenn man mit jemandem verabredet ist. Dieser
Hempel hat keine Manieren.«
    »Hauptsache, er hat
Informationen (Auskünfte).«
    Er zwickte Gaby in den Oberarm,
aber nur ganz zart, ging dann an einem Tisch mit schnatternden Tanten vorbei,
an einem zeitunglesenden Opa und zwei Teenagern, die sicherlich in einem
Geschäft in der Nähe arbeiteten und die Mittagspause mit Pflaumenkuchen und Tee
überbrückten.
    Hinter einer vorgezogenen Garderobenwand
als Sichtblende war die Tür. Tarzan trat in einen gekachelten Flur. Die
Telefonkabine war leer. In der Damentoilette fiel etwas Metallisches auf die
Fliesen, vermutlich ein Lippenstift. Die Herrentoilette lag ganz hinten, vor
der Tür zum Hof.
    Tarzan ging hinein. Unter dem
Heißlufttrockner rieb ein etwa zehnjähriger Junge seine Hände. Sonst war
niemand da. Verwundert überprüfte Tarzan die drei Klokabinen. Leer.
    Jetzt gab es nur noch eine
Möglichkeit: den Hof.
    Kein Fenster wies hinaus. Die
Tür war massiv. Er drückte auf die Klinke. Die Tür gab nach — aber nur zwei
Zentimeter. Dann blockierte (versperren) ein Hindernis den Weg.
    Klar!, dachte er. Sonst könnte
sich jeder Zechpreller unauffällig absetzen.
    Schon wollte er das Schloss
einrasten, als er den Laut hörte: ein schwaches Wimmern — so gedämpft, als käme
es durch ein dickes Plumeau (Federbett).
    Augenblicklich warf er sich
gegen die Tür.
    Polternd stürzte die Kiste zu
Boden, die auf der anderen Seite dagegengestemmt war.
    Die Tür flog auf.
    Tarzan sah einen kleinen
Hinterhof, der auf drei Seiten von hohen Mauern umgeben war. Die vierte Seite
wurde von der Rückfront des Cafés gebildet. Die einzigen Fenster — wie er
später feststellte — hatten undurchsichtige Milchglasscheiben und gehörten zu
den Back- und Vorratsräumen des Hauses. Das bedeutete: Wer sich auf dem Hof
befand, war ungestört. Man konnte von nirgendwo einsehen. Und das stabile Tor
in der Mauer war mit einem Vorhängeschloss gesichert.
    Der richtige Platz, um jemanden
fertig zu machen.
    Das hatten auch die beiden
Typen gewusst.
    Sie hatten den Mann — Hempel
also — an die Wand gedrängt und ihm einen breiten Klebstreifen über den Mund
gepappt. Damit er nicht schreien konnte.
    Sie hatten Schlagringe in den
Fäusten.
    Hempel war so wehrlos wie eine
Fußmatte. Er
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