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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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des Dachbodens und die Mädchen leisteten ihm Gesellschaft; offenbar langweilten sie sich noch nicht mit ihm.
    »Henry?«, fragte Anastasia. »Henry, glaubst du, dass deine Eltern sterben werden?«
    Penelope warf einen vernichtenden Blick in die Richtung ihrer Schwestern. Er blieb leider vollkommen wirkungslos.
Henrietta und Anastasia starrten Henry an. Henrietta begann, an einer Haarsträhne zu drehen.
    Anastasia beugte sich vor. »Zeke Johnsons Vater ist durch einen Mähdrescher ums Leben gekommen.«
    »Halt den Mund!«, sagte Penelope. »Henry, du willst vielleicht nicht darüber sprechen …«
    »Penelope mag Zeke«, sagte Anastasia.
    Henrietta lachte.
    Penelopes Gesicht verdüsterte sich. »Alle mögen Zeke«, sagte sie.
    Anastasia sah Henry geradewegs in die Augen. »Er geht ganz allein auf den Friedhof«, sagte sie. »Und er wirft immer wieder einen Baseball gegen den Grabstein seines Vaters.«
    Penelope verschränkte die Arme. »Mr. Simon hat ihm gesagt, er soll seinem Vater einen Abschiedsbrief schreiben. Das wollte er aber nicht. Stattdessen wirft er ihm den Baseball zu.«
    »Ich habe keine Lust, mich über Zeke zu unterhalten«, sagte Henrietta. »Penny redet pausenlos von Zeke. Ich will etwas von Onkel Phil und Tante Ursula hören.«
    »Glaubst du, sie müssen sterben?«, schaltete Anastasia sich wieder ein.
    Penelope zog die Nase hoch. »Du musst nicht antworten, Henry.«
    Henry atmete tief ein und seufzte. »Nein, ist schon
gut. Ich weiß ohnehin nicht viel. Sie sind entführt worden, während sie in Kolumbien mit dem Fahrrad unterwegs waren. Der Mann, der in der Schule mit mir gesprochen hat, meinte, sie müssten freigekauft werden.«
    »Was haben sie denn überhaupt in Kolumbien gemacht?«, wollte Henrietta wissen.
    »Sie sind Reisebuch-Autoren und wollten ein Buch über Fahrradreisen durch Südamerika schreiben. Seitdem ich zur Schule gehe, machen sie ständig solche Sachen.«
    »Dann bist du also schon viel herumgekommen«, meinte Henrietta.
    »Nein«, antwortete Henry. »Sie nehmen mich ja nie mit. Ich war mal in Disney World, aber nur mit einem Kindermädchen. Und einmal in Kalifornien.«
    Anastasia beugte sich vor. »Sind deine Eltern so richtig entführt worden?«, fragte sie. Henry nickte. »Von Männern mit Gewehren? Glaubst du, sie hatten Masken auf? Vielleicht sitzen deine Eltern jetzt irgendwo gefesselt in einer Höhle.«
    »Keine Ahnung. Vielleicht so etwas in der Art«, sagte Henry. »Auf jeden Fall sind sie entführt worden.«
    Die drei Mädchen waren beeindruckt. Sie saßen da, bissen sich auf die Lippen oder kauten an den Nägeln, musterten Henry und dachten nach.
    Nach einer Weile klang Franks Stimme laut die
Treppe hinauf. »Schrubbt euch die Knochen«, schrie er, und der Dachboden warf das Echo zurück.
    »Wie bitte?«, fragte Henry.
    Die Mädchen standen auf.
    »Die Zähne«, sagte Henrietta. »Wir sollen uns die Zähne putzen.«

ZWEITES KAPITEL
    H enry konnte nicht einschlafen. Während er sich die Zähne geputzt hatte, hatte Tante Dotty sein Bett gemacht, und Onkel Frank hatte einen Verdunster aus dem Keller geholt und in das Rundfenster am Ende des Dachbodens gestellt. Henry hatte noch nie in seinem Leben einen Verdunster gesehen, aber er ging davon aus, dass er ziemlich ähnlich funktionieren würde wie die Klimaanlagen, die immer unter den Hotelfenstern aus der Wand ragten. Nur dass dieses Ding gefährlich schief stand und mit zusammengeknüllten alten Overalls in die richtige Lage gebracht wurde.
    Henrys Zimmer bestand aus einem Bett, auf dem er lag, einem kleinen Gestell, das aussah, als könnte man einen künstlichen Farn darauf stellen, auf dem jetzt aber eine Leselampe stand, und aus einer Kommode mit drei Schubladen. Die beiden Zimmertüren standen offen. Henry wollte den Segen des Verdunsters voll auskosten.

    Das Licht war ausgeschaltet. Wozu sollte es auch brennen? Das Einzige, was es in seinem kleinen Zimmer zu betrachten gab, war ein Poster an der Decke, und das hatte Henry schon vor einer Weile zur Genüge betrachtet. Onkel Frank hatte erzählt, es habe ihm gehört, als er jung war. Es war ein Foto des Basketballteams der Universität Kansas. Oder zumindest eines der Basketballteams. Und sicher kein besonders gutes, dachte Henry. Keiner der Jungs sah richtig sportlich aus.
    Das Licht des Mondes erleuchtete Henrys Zimmer fast heller als die Lampe. Er stand tief am Himmel und sein Schein spähte durch das Fenster, wanderte lautlos über den Boden und tauchte die
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