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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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es sah so aus, als wäre es lieber rot gewesen.
    »Und warum hast du dann nicht gleich ›Hallo, Anastasia‹ gesagt? Du wolltest wohl unhöflich sein?«
    »Sei still«, sagte das älteste Mädchen.
    Anastasia verzog schmollend die Lippen. »Wenn du gewusst hast, dass ich Anastasia heiße - wie heißen dann die anderen?«
    Henry sah zum ältesten Mädchen hinüber. Ihr glattes, beinahe schwarzes Haar hing offen über ihre Schultern. Sie lächelte ihn an.
    »Penny«, antwortete Henry. Dann wandte er sich an das dritte Mädchen, das dicke braune Locken und grüne Augen hatte. »Und Henrietta.«
    Henrietta starrte ihn an. Henry senkte den Blick. Er hatte die vage Erinnerung, dass er bei seinem letzten Besuch Henriettas Kater etwas ziemlich Schlimmes angetan haben musste. Mit einem Mal stand ihm diese Erinnerung lebhaft vor Augen. Er wurde rot und Anastasia setzte ihre Befragung fort.
    »Und wofür steht ›Penny‹?«, hakte sie nach und verengte ihre Augen zu schmalen Schlitzen.

    Penelope grinste und zog ihre verschränkten Beine näher an sich heran. »Es steht für gar nichts, Anastasia.«
    »Es steht für Penelope«, beharrte Anastasia. »Stimmt’s, Henry?« Henry zuckte die Schultern, aber Anastasia sah ihn gar nicht an. Sie sah Henrietta an.
    Henrietta achtete nicht auf sie.
    »Nein«, sagte Penelope. »Es steht nicht für Penelope. Es ist die Abkürzung davon. Wenn man nur die Initialen schreibt, dann stehen sie für etwas.«
    Henry versuchte Henriettas Blick aufzufangen. »Und du wirst Henry genannt?«, fragte er.
    »Ja«, antwortete Henrietta. Henry sah, wie sie die Zähne zusammenbiss. »Aber es gefällt mir nicht«, fügte sie hinzu.
    »Henrietta ist einfach zu lang«, meinte Anastasia.
    Henry dachte einen Moment lang nach. »Es ist auch nicht länger als Anastasia.« Er zählte die Silben im Kopf noch einmal nach. »Ja.«
    »Eine Zeitlang wollte ich Josephine genannt werden. Aber dann haben sie einfach Jo zu mir gesagt.« Henrietta sah zu Henry hinüber. »Du kannst Beatrice zu mir sagen.«
    »Äh … gut«, antwortete Henry.
    »Wir können auch Beatrice zu dir sagen«, meinte Anastasia grinsend.

    »Nein, könnt ihr nicht«, gab Henrietta zurück. »Nicht wenn ihr eure Zähne im Mund behalten wollt.«
    »Ach, hör doch auf!«, sagte Penny. »Warum können wir nicht einfach Henrietta zu dir sagen? Nachdem er nun hier ist, können wir dich ja nicht Henry nennen.«
    Henrietta erwog diese Möglichkeit. Dann guckte sie zu Henry. Offenbar wollte sie, dass er zustimmte.
    »Okay«, meinte Henry. Dann schwiegen sie wieder und Henrys Gedanken wanderten zurück:
    Der entsetzte Kater - eines der Mädchen hatte ihn Blake genannt - hatte sich schleunigst aus dem Staub gemacht, während Tante Dotty mit Henry auf das Haus zuging und freundlich sagte: »Henry, du erinnerst dich doch an die Mädchen?«
    Dann war Henry an einen menschlichen Zug angekoppelt worden, gleich hinter der Lokomotive, und mit Hochgeschwindigkeit durchs Haus gelotst worden. Er hatte Sofas gesehen, Geschenke verstorbener Großtanten, Lampen, die nicht funktionierten, Schätze, die Onkel Frank über das Internet erworben hatte (darunter auch die Versteinerung eines Fisches, die jetzt - originellerweise und günstig noch dazu, wie Tante Dotty bemerkte - als Tischplatte verwendet wurde). Finger deuteten die Treppe hinab in einen dunklen Keller. Verschiedene Kunstwerke wurden angestrahlt, die allesamt von Frank und den Mädchen angefertigt worden waren.
Henry hatte die Krimskrams-Schublade zu sehen bekommen, die eine kleine Taschenlampe enthielt, ein Döschen mit Gummiringen und eine prähistorische Ansammlung von Stiften, Kulis, Büroklammern, Kleber und eine Plastikschachtel mit dem Bild eines Ozeans auf dem Deckel. Er hatte das Klo besichtigt, den Pümpel betrachtet und von den Problemen mit dem Abfluss erfahren. Man hatte ihn aufgefordert, still zu sein und zu horchen, ob der Kühlschrank wieder seine merkwürdigen Geräusche von sich gab. Tat er nicht, aber Henry war gewarnt worden, dass er es schon mitbekommen würde, wenn es so weit sei. Und auf dem breiten Flur im ersten Stockwerk befand sich die Tür zum Zimmer an der Vorderseite des Hauses. Henrietta hatte es »Großvaters Zimmer« genannt, aber niemand hatte sich ihm genähert. Jede andere Tür im Haus, jede Abstellkammer, jede Schublade und jeder Schrank, alles war geöffnet worden. Nur diese Tür nicht.
    Henrys Gedanken wanderten wieder in die Gegenwart. Er saß noch immer auf dem Fußboden
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