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Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen
Autoren: Ueberreuter
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Gesicht einen diabolischen Ausdruck verlieh. Pippa gab sich Mühe, schuldbewusst dreinzublicken, aber als ihr Vater sich wieder dem kleinen Apparat zuwandte, streckte sie blitzschnell ein winziges Stück ihrer Zunge heraus. Sie fing das verschwörerische Blinzeln des Prinzen auf und tat so, als hätte sie es nicht gesehen, sondern setzte ihre hochmütigste Miene auf.
    Eine Weile schwiegen alle. Philippa starrte zum Fenster hinaus und zählte die Wölkchen, die vorüberzogen.
    »Da«, rief der Zauberer. Er nahm die Lupe ab und rieb sich die Augen. »Ich glaube, jetzt müsste die Apparatur funktionieren. Los, probier sie aus, mein Junge. Pardon. Königliche Hoheit.« Sein hageres Gesicht glühte vor Begeisterung. Pippa verdrehte die Augen. Ihr Vater und seine Liebe zu jeglicher mechanischen Apparatur – darüber vergaß er bisweilen vollständig, dass er jedes dieser Konstrukte leicht mit einem Fingerschnippen und etwas Magie hätte zum Laufen bringen können.
    »Aber das ist doch nicht dasselbe«, sagte sie halblaut, unwillkürlich seine oft geäußerten Worte wiederholend.
    »Was meinst du, mein Kind?« Laurentio kniete auf dem Boden und fegte herabgefallene Schrauben und Metallteile beiseite. »Hier, stell sie hierher.«
    Der Prinz hockte sich neben ihn. »Der Boden ist nicht eben genug«, gab er zu bedenken. »Deshalb hatten wir ja den Thronsaal gewählt. Der Marmorboden dort ist spiegelglatt.« Beide schauten nachdenklich auf die gesprungenen, ausgetretenen Steinfliesen der Werkstatt nieder.
    Pippa beugte sich vor. »Augustin«, sagte sie. »Papa könnte den Boden doch für ein paar Momente glätten. Oder gilt das dann nicht?«
    Augustin blickte auf. Seine waldbodenbraunen Augen sahen sie warm an. »Pippa, du bist wirklich ein Genie«, sagte er beinahe inbrünstig.
    »Ich weiß«, tat sie unbeeindruckt, aber sein Lob ließ ihre Wangen aufglühen.
    Laurentio begann wortlos damit, ein Stück des Bodens gründlich von Staub und herumliegendem Zeug zu reinigen. Dann breitete er die Hände aus, schloss nachdenklich die Augen, runzelte die Stirn und nickte dann. »Das müsste genügen«, sagte er. »Glätte dich!«
    Der höckrige Boden vor seinen Füßen schimmerte und ebnete sich, als ginge eine unsichtbare Hand mit einem schweren Eisen darüber hin. Er begann zu glänzen wie allerfeinster polierter Marmor.
    Prinz Augustin schnalzte anerkennend mit der Zunge und stellte seine Eisenmaus behutsam auf den Boden.
    Pippa beugte sich vor. Vorhin hatte der Apparat nur hilflos um sich selbst gekreiselt, statt sich zielstrebig voranzubewegen. Jetzt aber richtete sich das eiförmige Gerätauf seinen vier Pfoten auf, stemmte den stabilisierenden Schwanzstummel auf den Boden und lief los, wobei aus seinem Inneren surrende und klackende Geräusche ertönten und die eisernen Füße auf dem magisch geglätteten Stein leise klirrten.
    »Ja«, rief der Prinz und richtete sich auf, um Philippa einen Handkuss zuzuwerfen. »Es funktioniert! Schau nur, Pippa, sie läuft!« Er lachte und fuhr sich begeistert mit allen zehn Fingern durch seine dunklen Haare, die daraufhin nach allen Seiten abstanden wie Borsten einer in die Jahre gekommenen Scheuerbürste.
    »Sehr schön, sehr schön.« Laurentio nickte anerkennend. »Du bist ein gelehriger Schüler, mein Prinz.« Er krabbelte hinter der Maus her, die sich laut surrend am Übergang zum normalen Steinboden verfangen hatte, und drehte sie um. Das kleine Ei, dem Pippa ein Paar starr glotzende Knopfaugen und Tasthaare aufgemalt hatte, wackelte jetzt auf sie zu. Philippa lachte, denn das Ding sah wirklich lustig aus.
    Laurentio hörte auf, hinter der kinematischen Maus herzukriechen, und setzte sich auf den Boden. »Was könnte man damit anstellen?«, fragte er niemanden im Besonderen.
    Augustin löste die Maus von einem Stuhlbein, an dem sie sich verfangen hatte. »Es ist schade, dass sie nur auf glatten Böden laufen kann«, erwiderte er. »Wenn sie auch fähig wäre, über Hindernisse zu klettern, dann könnte man kleine Dinge mit ihr transportieren.«
    » Sehr kleine Dinge«, warf Pippa ein und maß die kinematische Maus mit einem skeptischen Blick. »Außerdem,wie wollte man das bewerkstelligen? Soll sie es hinter sich herziehen? Oder ins Maul nehmen? Ach nein, sie hat ja gar kein Maul.«
    »Man könnte ein Behältnis auf ihren Rücken montieren«, widersprach Augustin. Aber die Miene, mit der er die Maus betrachtete, war nicht minder zweifelnd.
    »Es muss ja nicht immer alles nützlich
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