Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geflecht

Das Geflecht

Titel: Das Geflecht
Autoren: Andreas Laudan
Vom Netzwerk:
Grundrissplan – lag gleich neben dem Schlüssel. Gut, dass Papa seinen Schreibtisch nie abschließt.»
    «Und was ist mit Licht?», fragte Finn.
    Statt einer Antwort zog Justin einen länglichen Metallkolben hervor, dessen Brenner er mit einem Feuerzeug entzündete.
    «Na dann   …» Finn schulterte sein Gepäck und trat ohne Zögern in den Schatten des Stolleneingangs. «Indiana Jones ist zu allem bereit.»
    «Komische Idee für eine Schulabschluss-Party», meinte Laura. «Aber wenn es da drinnen wenigstens kühl ist   …»
    «Verlass dich drauf», sagte Justin, während er ihr die Tür aufhielt. «Dana? Kommst du?»
    Seine Freundin zögerte.
    «Dein Vater weiß also nicht, dass wir hier sind? Und wenn uns was passiert   …»
    «Ach Quatsch, was soll denn passieren?» Justin ließ die Tür los, trat auf Dana zu und nahm sie in die Arme. «Komm schon! Das wird die abgefahrenste Party, die du je erlebt hast.»
    «Du weißt doch, dass ich im Dunkeln Angst habe», sagte Dana leise. «Bitte – lass uns da nicht reingehen!»
    «Vielleicht ist das genau die Therapie, die du brauchst», erwiderte Justin, strich ihr die rötlichen Locken aus dem Gesicht und küsste sie. Er fühlte eine Welle der Zärtlichkeit für Dana, und ihre Furcht weckte wie schon so oft seinen Beschützerinstinkt.
    «Hab keine Angst!», flüsterte er. «Ich passe auf dich auf. Ich würde in jeden Abgrund springen, um dich zu retten.»
    Dana schluckte. «Versprochen?»
    «Ja, versprochen.»
    Unbehaglich starrte sie über seine Schulter zu dem dunklen Stolleneingang.
    «Nimmst du meine Hand?», bat sie ein wenig beschämt.
    «Na klar.»
     
    Der Stollen war knapp zwei Meter breit und ebenso hoch, die Decke leicht gewölbt. Uralte Balken stützten die Wände, die anfangs noch mit Wurzelwerk durchsetzt waren, nach wenigen Schritten jedoch in nackten Fels übergingen. Der Lichtschein des Eingangs blieb weiter und weiter zurück. Stattdessen warf Justins Lampe ein rötliches Halblicht voraus, das über die Wände geisterte.
    «Wonach wurde hier eigentlich gegraben?», fragte Finn, der sich mit mäßigem Interesse umsah.
    «Salz, glaube ich.» Justin zuckte die Achseln. «Nicht besonders spannend, ich weiß. Aber warte nur ab, bis wir in die Dungeons kommen! Da vorne ist die zweite Tür.»
    Sie gelangten zu einer Stelle, wo der Stollen mit einer massiven Wand aus modernem Stahlbeton verschlossen war. In der Mitte befand sich eine weitere Tür mit Sicherheitsschloss.
    «Die hat mein Vater einbauen lassen», erklärte Justin und zog erneut den Schlüsselbund hervor. «Der vordere Teil des Stollens durfte nur mit einem Gitter gesichert werden, damit die Fledermäuse hereinkönnen. Das ist Vorschrift, denn sie stehen unter Artenschutz.»
    «Fledermäuse?» Finn sah sich prüfend um. «Ich seh keine.»
    «Hör bloß auf!», stöhnte Laura. «Nur kein Viehzeug, das fehlt mir gerade noch!»
    Justin öffnete die Tür, ein armdickes Monstrum aus solidem Stahl. Dahinter führte der Stollen leicht abwärts tiefer in den Berg hinein.
    Dana drängte sich eng an ihren Freund, als sie die Tür hinter sich ließen. «Geht das Licht auch bestimmt nicht aus?»
    «Keine Sorge! Das ist eine echte Karbidlampe», beruhigte sie Justin. «Hab ich mir übers Internet besorgt. Zweitausend Stunden Brenndauer, praktisch unverwüstlich! Solche hat man früher im Bergbau benutzt. Ist zwar altmodisch, aber total stilecht.»
    «Wird ganz schon heiß, das Ding», meinte Finn, der probeweise eine Hand vor die Blende hielt.
    «Ja, sie gibt einiges an Wärme ab, aber darüber werdet ihr noch froh sein. Außerdem macht sie so ein schönes rötliches Licht   …»
    Justin warf Finn einen verschwörerischen Seitenblick zu.
    «Genau die richtige Beleuchtung für einen romantischen Abend.»
    «Sehr romantisch», maulte Laura, während sie die nackten Felswände des Stollens musterte. «Ungefähr so stimmungsvoll wie eine Bahnhofshalle um vier Uhr morgens.»
    Justin lachte, entschlossen, sich nicht die Laune verderben zu lassen.
    Sie erreichten das Ende des Stollens und betraten eine Plattform aus Aluminiumblech, die von einem Geländer gesäumt wurde. Justin lehnte sich über die hüfthohe Begrenzung und hob die Lampe.
    «Schaut mal!»
    Die anderen traten hinzu und erkannten, dass sie am Rand eines rechteckigen Schachtes standen, der senkrecht in die Tiefe führte. Der Boden war nicht auszumachen. Der Lichtkegel erhellte etwa zwanzig Meter grob behauenen Fels. Darunter lag
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher