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Das geborstene Schwert

Das geborstene Schwert

Titel: Das geborstene Schwert
Autoren: Poul Anderson
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Renaissance – das Feenreich, dessen Bewohner von menschlicher Gestalt, aber von unirdischer Schönheit und mit Zauberkräften begabt waren.
    In unserer Zeit hat R. R. Tolkien den Elfen in seinem faszinierenden Herrn der Ringe etwas von ihrer früheren Größe zurückgegeben. Er hat sie jedoch nicht nur schön und klug, sondern auch weise, ernst, ehrenhaft und freundlich gemacht – Verkörperungen des guten Willens gegen alles, was lebt. Kurz gesagt, seine Elfen gehören eher in das Land Gloriana als in jenes Haus im heidnischen Gotland. Selbstverständlich ist nichts dagegen einzuwenden. Es war auch für Professor Tolkiens Zwecke notwendig.
    Aber vor zwanzig Jahren ging ein junger Bursche, der den gleichen Namen wie ich trug, weiter zurück, bis ins neunte Jahrhundert, und entdeckte Elfen und Götter von ganz anderer Art. Es war, wenigstens in Europa, eine rohe Zeit. Ungehindert herrschten Grausamkeit, Raubgier und Zügellosigkeit. Die Schrecken, die die Wikinger über Britannien und Frankreich brachten, waren nicht geringer als die Greueltaten, die Karl der Große bei den Sachsen oder die Ritter des Ersten Kreuzzugs in Jerusalem begingen. Die Zivilisation des 20. Jahrhunderts hat ihren Ursprung zweifellos im Humanismus, und sie ist weit von jener untersten Talsohle entfernt, die (Gott helfe uns!) in der Geschichte vielleicht doch die Norm ist.
    Da die Menschen dazu neigen, ihre Götter und Halbgötter nach ihrem eigenen Bild zu schaffen, stellte der Verfasser Elfen und Asen als amoralisch dar – sogar als böse, wenn man ihre Pläne durchkreuzte. Das stimmt zu dem, was wir über sie in der Edda und den Sagas lesen können.
    Außerdem machte er sich ein Vergnügen daraus, seine Phantasie ein wenig schweifen zu lassen. Es scheint ganz natürlich zu sein, daß die Bewohner des Feenreichs auf technischem Gebiet weiter fortgeschritten waren als ihre menschlichen Zeitgenossen. Nehmen wir einmal an, es habe wirklich Rassen gegeben, die der Magie fähig waren – in dem Sinne, daß sie mit Methoden, die unsere Wissenschaft noch nicht entdeckt hat, geistige Kontrolle über stoffliche Dinge hatten. (Man beachte die neuesten Forschungsergebnisse und Spekulationen auf dem Gebiet der Parapsychologie!) Nehmen wir weiter an, daß sie ein unbegrenztes Leben hatten, ihre Gestalt ändern konnten und so weiter. Mit einer derartigen uns fremden Beschaffenheit mögen spezifische Nachteile verbunden gewesen sein, zum Beispiel die Unfähigkeit, Sonnenlicht zu ertragen, oder katastrophale elektrochemische Reaktionen bei der Berührung von Eisen. Warum sollten diese Unsterblichen keinen Ausgleich für ihre Handicaps durch die Entdeckung von Nichteisen-Metallen und den Eigenschaften ihrer Legierungen finden? Konnten die Elfenschiffe» auf den Flügeln des Windes «segeln, weil sie tatsächlich reibungslose Schiffsrümpfe kannten? Obwohl es Burgen, wie wir sie heute verstehen, im Europa König Alfreds noch nicht gab, könnten die Elfen sie schon seit langer Zeit gebaut haben. Ebenso lassen sich andere offensichtliche Anachronismen einfach dadurch erklären, daß es sich eben um die Errungenschaften von Rassen handelt, die älter sind als die Menschen. Aber eine aristokratische Kriegerkultur, bei der die langen Lebensspannen eine konservative Denkart begünstigten, würde es in der Wissenschaft wahrscheinlich nicht sehr weit bringen. In den Ruinen des Feenreichs sollten wir nicht nach Schießpulver oder Dampfmaschinen suchen.
    Das geborstene Schwert fand erst spät einen Verleger, und dieser brachte nur eine einzige Auflage heraus. Dank Lin Carter und Ballantine Books – und Professor Tolkien, dessen Arbeit das gesamte Genre der heroischen Fantasy-Romane erst populär gemacht hat – kommt es jetzt zu einer Neuauflage.
    Aber diese Chance birgt für mich ein Dilemma. Es ist keine Affektiertheit von mir, wenn ich von dem Autor wie von jemand anderem spreche. Er war ein anderer. Zwischen uns liegt eine Generation. Ich würde niemals etwas so Ungestümes, so weitschweifiges und so ungemildert Wildes schreiben. Dieser junge, in mancher Beziehung naive Bursche, der meinen Namen trug, könnte ohne böse Absicht meinen Lesern von mir und meiner Arbeit einen falschen Eindruck vermitteln. Gleichzeitig möchte ich mir nicht das Recht herausnehmen, an dem, was er geschrieben hat, Änderungen vorzunehmen. Das wäre zumindest gegen diejenigen unfair, die von seinem Buch gehört haben und glauben, es zu kaufen.
    Nun, ich habe einen Kompromiß
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