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Das Erwachen des Dunkeltraeumers

Das Erwachen des Dunkeltraeumers

Titel: Das Erwachen des Dunkeltraeumers
Autoren: S. G. Felix
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glauben. Er dachte (oder hoffte insgeheim), dass er sich geirrt und nur einen kleinen Erdhügel oder etwas ähnlich Natürliches gesehen hatte. Doch als sie immer näher kamen, war er sich absolut sicher, obwohl er noch nie in seinem Leben einen lebenden Sandling vor die Augen bekommen hatte.
    Diese Geschöpfe, so hieß es, waren älter als die Welt selbst. Sie tauchten in diesen und jenen Legenden oder Mythen auf. Es gab verschiedene Abbildungen von ihnen in der Großen Bibliothek der Ahnen-Länder, in der Pais früher viel Zeit verbracht hatte. Manche glaubten, sie seien vor Jahrhunderten ausgestorben. Niemand glaubte heute noch ernsthaft an ihre Existenz. Auch Pais hätte es niemals in Erwägung gezogen, dass es Sandlinge wirklich geben könnte. Aus der Vergessenen Wüste im Südosten von Truchten sollten sie stammen. Was tat der Sandling hier, so weit weg von seiner Heimat? Warum war er allein? Pais glaubte nicht, dass sein Auftauchen reiner Zufall war.
    Der Sandling saß verloren in einer Senke vor einem kleinen Feuer. Es war eigentlich kein Feuer, sondern eher ein glimmendes Häufchen Holz.
    Der Tag neigte sich dem Ende. Die Luft war sehr klar und kühl. Der Herbst war nicht mehr fern.
    Der Sandling ruhte regungslos an seinem Platz. Pais beobachtete ihn einige Minuten lang. Aus der Entfernung gab es nicht viel, was er erkennen konnte, um das Wesen zu charakterisieren. Das, was bei ihm selbst Haut war, sollte beim Sandling schlichter Sand sein. Wüstensand. Das war alles, was er über das Geschöpf wusste.
    Antilius fragte Pais, ob er wüsste, was sie dort am ersterbenden Lagerfeuer sitzen sahen, und Pais erzählte ihm alles was er über das mythenhafte Volk der Sandlinge wusste.
    »Vielleicht kann er uns helfen. Als Brelius hier vorbeigekommen ist, muss der Sandling ihn gesehen haben«, sagte Antilius.
    Er wollte ihm entgegenhinken, doch Pais hielt ihn an der Schulter sanft zurück. »Warte«, sagte er leise. »Da gibt es noch etwas, was du wissen musst, bevor du mit ihm sprichst.«
    »Was meinst du?«
    »Er ist alt. Sehr alt. Er ist einer der Alten Vier.«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Soviel ich weiß, leben Sandlinge normalerweise in der Wüste. Auch wenn ich bis eben noch Stein und Bein geschworen hätte, dass es diese Wesen nicht gibt.«
    »Was macht er dann hier ganz allein?«
    Pais ließ sich einen Moment Zeit, die passenden Worte zu finden.
    »Ich glaube, es gibt nur einen Grund, warum er seine Heimat verlassen hat und die Einsamkeit sucht.«
    »Welchen?«
    »Er will sterben. Das hier ist der Ort, den er dafür ausgewählt hat.«
    Antilius flößte diese Vorstellung sowohl Unbehagen als auch eine Spur von Faszination ein. »Ich werde vorsichtig sein. Wirst du mitkommen?«
    »Nein, ich werde hier bleiben. Dieses Wesen, Antilius, ist mehr als nur ein Haufen Sand. Für manche ist es so etwas wie ein Gott. Es wird einen Grund dafür geben, warum er so dicht vor unserem Ziel gerade hierher gekommen ist. Ich glaube, nachdem was ich von Brelius’ Tagebuch gehört habe, dass dieses Wesen auf dich gewartet hat. Ich kann das nicht genauer erklären. Aber es ist deine Suche, Antilius. Und deshalb solltest du mit ihm sprechen. Ich bleibe hier in der Nähe.«
    Antilius verstand. Pais hatte große Ehrfurcht vor dem Wesen aus Sand. Er nahm Gilberts Spiegel, der mangels Brusttasche wieder im Gürtel befestigt war, und gab ihn seinem Gefährten. Nun war er bereit, obwohl er sich innerlich keineswegs bereit fühlte.
    Langsam humpelte er mit Hilfe seiner improvisierten Krücke auf ihn zu. Nicht nur um den Sandling nicht zu verschrecken, sondern weil sich sein verletzter Fuß gegen jede Art von Bewegung mit heftigen Schmerzen wehrte.
    Der allerletzte Lichtstrahl schien auf das Wesen. Es bestand tatsächlich nur aus reinem Sand. Hell und feinkörnig. Aber Antilius fiel gleich auf, dass seine Oberfläche sehr uneben war und auf eine merkwürdige Art zu pulsieren schien. Er hielt dies zunächst für normal.
    Der Sandling schien den Besucher nicht zu bemerken. Antilius stellte sich direkt vor ihn. Nur das bescheiden glimmende Holz trennte sie. Holz war eigentlich in dieser Gegend Mangelware, aber nicht unweit vom Sandling ragte ein toter Baum aus der Erde, der nun als Heizmaterial diente.
    »Ich heiße Antilius«, sagte er unsicher.
    Keine Reaktion. Der Sandling schaute ausdruckslos auf den Boden. Dennoch war sich Antilius sicher, dass er ihn wahrgenommen hatte. »Ich will dir nichts tun. Ich komme von weit her«, sagte
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