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Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Titel: Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
Autoren: Richard Schwartz
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fassungslos, dass ihm so leicht verziehen wurde, und eilte davon in die Küche, wo er den Braten mit besonderer Sorgfalt richten wollte.
    Sie nutzte die Zeit, sich jeden hier im Raum anzuschauen und sich zu orientieren. Nun lagen ihre Augen auch auf mir. Ich erwiderte ihren Blick ohne Regung.
    Ich wusste, was sie sah. Einen dunklen Umhang aus grobem Leinen und Leder, die Kapuze tief in mein Gesicht gezogen und ein langes ledernes Bündel, das hinter mir an der Wand lehnte. Ich hatte meine Hände noch in den Ärmeln, der Becher Wein vor mir schien kaum angerührt. Unter meinem Umhang sah sie breite Schultern. Als ihr Blick zu meinen Füßen wanderte, konnte sie dort Kettenstiefel erkennen, nicht unähnlich ihren eigenen, aber weitaus weniger kostbar und nicht so fein gearbeitet. Mehr sollte von mir nicht zu sehen sein. Abgesehen davon war es kühl in der Stube, und inzwischen fror ich leichter als früher. Grund genug, mich in meinen Umhang zu hüllen.
    »Ich suche Roderic von Thurgau«, begann sie in ihrer kühlen Stimme. »Man sagte mir in Lassahndaar, dass er sich hier in dieser götterverlassenen Gegend sein Winterquartier suchen wollte. Seine Beschreibung passt auf Euch, seid Ihr es, den ich suche?«
    Ich seufzte innerlich. Ich musste es wohl sein, mein Äußeres ähnelte niemand anderem hier im Raum.
    »Thurgau ist tot. Seit fast dreißig Jahren. Er fiel in der Schlacht bei Avincor.«
    »So sagt man.« Sie erhob sich von ihrem Platz, nahm Steinherz gedankenlos mit zu meinem Tisch und stellte es wieder neben sich.
    »Ihr erlaubt?«, fragte sie etwas verspätet, denn sie setzte sich schon. Ich hatte mich nicht gerührt.
    »Nein.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Ihr wünscht nicht, dass ich an Eurem Tisch Platz nehme?«
    »Ihr habt es erfasst, Sera. Ich suche hier meine Ruhe nach einer langen Reise, und mir ist nicht nach weibischem Geschwätz zumute.«
    Sie blinzelte einmal, zweimal.
    »Ihr seid rüde.«
    »Ja, und Ihr sitzt noch immer hier. Euer Wein wartet an Eurem Tisch.«
    Sie nickte. »Der Wirt wird ihn mir sogleich bringen.«
    Eberhard hörte es und eilte herbei, um ihr den Kelch aus dunklem Zinn zu reichen.
    Sie schenkte ihm dafür ein Lächeln, und für einen Moment dachte ich, er stürbe auf der Stelle vor Verzückung, aber dann fing er sich und eilte wieder nach hinten.
    »Ihr könnt Euch ja entfernen, wenn Ihr wollt«, schlug sie mit einem Lächeln vor. »Aber dann muss auch ich mich erneut bewegen, denn ich möchte Euch ein Geschäft vorschlagen.«
    »Welches mich nicht interessiert«, erwiderte ich und wollte mich in der Tat erheben, als sie an ihren Hals griff und einen Beutel hervorholte. Sie entleerte ihn in ihre Hand und ließ von dort einen Ring auf den Tisch fallen.
    Es war ein schwerer Siegelring, der Ring eines Mannes, obwohl das Ringmaß zu klein für einen männlichen Finger war. Jemand hatte ihn sich wohl enger machen lassen. Auf rubinrotem Grund zeigte er ein Relief aus Elfenbein. Ein Einhorn und eine Rose. Das Wappen derer von Thurgau.
    Ich betrachtete es.
    »Ein schönes Stück«, sagte ich mit betont neutraler Stimme.
    »Einst war er das Pfand Eurer Ehre.«
    »Ehre ist heutzutage völlig überbewertet. Sie bringt den Tod und wenig Glück«, antwortete ich ihr. Ich ließ eine Hand aus meinem Umhang gleiten – ohne den Dolch, den ich dort verborgen hatte – und hielt sie dann hoch. Sie war noch immer breit und kraftvoll, aber dunkle Altersflecken zierten das Pergament meiner Haut.
    »Als Ser Roderic ihr diesen Ring gab, war sie gerade zehn Jahre alt. Dies ist über dreißig Jahre her, sie sah ihn nie wieder. Denn er starb, wie jeder weiß, im Pass von Avincor. Zusammen mit den Rittern des Bunds. Nicht einer überlebte, aber sie hielten den Pass.«
    »Wisst Ihr noch, wie sie aussah?«, fragte sie mich.
    Ich zuckte die Schultern. »Die Prinzessin, meint Ihr? Ich bewege mich nicht in so erlauchter Gesellschaft. Aber ich habe gehört, dass sie zierlich war, blond und krank. Auch Ser Roderic sah wohl kaum mehr als eine schlanke Hand, die seinen Ring in Empfang nahm. So sagt man es in dieser Ballade. Ein jeder kennt die Geschichte.«
    »Er und die vierzig Getreuen. Ein jeder schwor ihr, dass er sein Leben geben würde, um ihr Land vor den Barbaren zu schützen. Sie hielten den Pass. Zwölf Tage lang.« Ihre Stimme hatte sich gesenkt, sie sprach leise, fast ehrfürchtig. »Lange genug, damit das Heer des Grafen Filgan in Stellung war, um die Barbaren zu empfangen, sobald sie durch den Pass
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