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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters
Autoren: Judith Lennox
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dachte an das kleine Herz, das dort drinnen schlug. »Es ist immer der gleiche Traum«, fuhr sie langsam fort. »Ich bin in Middlemere und schiebe einen Kinderwagen den Weg rauf. Einen großen, schweren, marineblauen Wagen. Zuerst dachte ich, das Kind darin wäre Danny, aber das glaube ich jetzt nicht mehr. Das Baby ist ein Mädchen – es ist kleiner, als Danny jemals war, und hat rosa Schleifen am Mützchen.«
    Martha sagte: »Ich glaube, du hast von Maisie geträumt.«
    »Maisie?« Eine vage Erinnerung rührte sich.
    »Ich dachte, du hättest sie vergessen. Du hast nie von ihr gesprochen. Aber du hast natürlich über nichts aus dieser Zeit gesprochen, nachdem wir aus Middlemere fort waren. Du hast immer nur davon geredet, was du mal tun würdest. Daß du ein Haus für uns kaufen und uns alle reich machen würdest und so. Und Jem – Jem hat überhaupt nichts mehr gesagt.« Martha sah Romy an. »Maisie war deine Schwester«, sagte sie zärtlich. Sie setzte sich neben Romy. »Sie hat nur ein paar Monate gelebt, das arme kleine Ding. Sie ist in dem Sommer gestorben, bevor wir aus Middlemere wegmußten. Sie war von Anfang an kränklich. Sie hat sich nicht richtig entwickelt. Du hast sie sehr geliebt, hast sie immer im Kinderwagen ausgefahren. Und sie war das Herzenskind deines Vaters.« Marthas Gesicht war traurig. »Er war überzeugt, das Wasser hätte sie krank gemacht. Im Sommer ist der Brunnen immer ausgetrocknet, und wir hatten ständig Magenschmerzen. Sam gab Daubeny die Schuld daran, weil der keine ordentlichen Leitungen legen ließ. Er hat immer gesagt, er ließe uns hausen wie die Tiere.« Martha sah aus, als wollte sie gleich zu weinen anfangen. »Aber ich wußte es«, flüsterte sie. »Ich wußte schon am Tag ihrer Geburt, daß mit ihr etwas nicht in Ordnung war. Ich habe es an ihren Augen gesehen.«
    Sie stand auf und begann wieder in den Schränken zu kramen. »Trockene Kekse«, sagte sie energisch. »Das war das einzige, was ich bei mir behalten konnte, als ich schwanger war.« Sie fand eine Packung und gab einige auf einen Teller. »Iß davon. Du mußt sehen, daß du bei Kräften bleibst.« Sie schwieg einen Moment. Dann sagte sie: »Das war der Grund für das Zerwürfnis zwischen Sam und Daubeny. Sie haben sich wegen Maisie in die Haare gekriegt. Nach ihrem Tod wollte Sam Daubeny die Meinung sagen. Ich habe versucht, ihn davon abzuhalten, aber er hat nicht auf mich gehört. Er ist zur Kirche gegangen und hat gewartet, bis Daubeny rauskam. Dann hat er ihm gesagt, er wäre schuld an Maisies Tod.« Martha runzelte die Stirn. »Daubeny war natürlich wütend, daß er ihn vor dem ganzen Dorf bloßgestellt hatte. Ich glaube, er hat Sam das nie verziehen. Und Sam hat Maisies Tod nie verwunden. Ich glaube, da ist in seinem Kopf was passiert. Erst Maisie … dann das Haus … es war alles zuviel für ihn.«
    Martha goß den Tee auf. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ein gescheites Mädchen wie du, Romy, und macht so eine Dummheit.«
    Später ging sie zur Telefonzelle oben auf dem Hügel. Als Caleb sich meldete, sagte sie: »Ich muß dir etwas sagen.«
    »Ich dir auch. Schieß los.«
    Scheu überkam sie plötzlich. »Nein. Du zuerst.«
    »Ich habe mir Gedanken über das gemacht, was du neulich gesagt hast. Daß du nicht weißt, was du willst.«
    »Ja?«
    »Also, mir sind da ein paar Möglichkeiten eingefallen. Aber kommt natürlich drauf an.«
    »Worauf?«
    »Auf dich, Romy. Darauf, ob du mich heiraten willst, zum Beispiel.
    »Oh«, sagte sie. Sie drehte das Telefonkabel um ihre Finger. »Ich glaube, ich muß dich heiraten, Caleb. Und noch was – ich habe mir überlegt, daß ich das Hotel verkaufen könnte. Ein Freund von mir hat mir ein Angebot gemacht. Irgendwie habe ich genug davon. Ich möchte neu anfangen. Ich möchte etwas ganz anderes machen.«
    »Romy, Liebste«, hörte sie ihn sagen. »Wir können reisen, wenn dir das Spaß machen würde. Ich kann ja überall arbeiten.«
    Sie erinnerte sich ihres Traums von einem Haus am Meer. »Oder ich könnte ein anderes Hotel kaufen. An der Küste vielleicht.«
    »Vielleicht wären sie bereit, das Alma zu verkaufen.«
    Sie sah es vor sich, hoch oben auf den Klippen, von einem großen Garten umgeben. »Dieser braune Anstrich«, sagte sie. »Dieses grauenvolle Linoleum.«
    Dann sagte er: »Du mußt mich heiraten …?«
    Am Neujahrstag, dem ersten Tag des neuen Jahrzehnts, bat Romy Caleb, mit ihr nach Middlemere zu fahren.
    Das Haus war leer. Schatten lagen im Hof,
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