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Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Titel: Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
Autoren: Hanna Rosin
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vor allem wegen ihrer Körpergröße und Körperkraft im Vorteil, aber in der postindustriellen Wirtschaft ist Muskelkraft unwichtig geworden. In einer Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft werden genau die gegenteiligen Eigenschaften belohnt, nämlich solche, die nicht so leicht durch Maschinen zu ersetzen sind. Diese Eigenschaften – soziale Intelligenz, Kommunikationsfähigkeit, die Fähigkeit, stillzusitzen und sich zu konzentrieren – sind keine vornehmlich männlichen Skills, ja sie scheinen sogar bei Frauen weiter verbreitet zu sein.
    In den ärmeren Regionen Indiens lernen die Frauen schneller Englisch als die Männer, um den Anforderungen der neuen globalen Call-Center gerecht zu werden. In China sind mehr als 40 Prozent der Privatunternehmen im Besitz von Frauen; dort ist ein roter Ferrari das Statussymbol der Unternehmerin. Im Jahr 2009 machten die Isländer Johanna Sigurdardottir zu ihrer Ministerpräsidentin; sie wurde die erste offen lesbisch lebende Staatschefin der Welt. Sigurdardottir hatte das Ende des »Testosteronzeitalters« propagiert und ihren Wahlkampf ausdrücklich gegen die männliche Elite geführt, die ihrer Aussage nach das isländische Bankensystem zerstört hatte.
    Wirtschaftliche Veränderungen können kulturelle Verschiebungen und Verzerrungen auslösen, und in einigen Ländern hat die neue Spezies der Powerfrauen einen Schock ausgelöst. In Japan herrscht helle Aufregung wegen der sogenannten »Pflanzenfresser«, einer Schar junger Männer, die sich weigern, mit Frauen auszugehen oder Sex mit ihnen zu haben. Sie verbringen ihre Zeit lieber mit Gartenarbeit oder der Organisation von Kaffeekränzchen und benehmen sich wie Karikaturen des Weiblichen. Die Powerfrauen, vor denen sie angeblich zu viel Angst haben, um mit ihnen auszugehen, werden als »Fleischfresserinnen« und manchmal auch als »Jägerinnen« bezeichnet. In Brasilien finden sogenannte »Tränenmänner« immer mehr Verbreitung, kirchlich organisierte Männergruppen, die die wachsende Anzahl von Männern trösten, deren Frauen mehr verdienen als sie.
    Diese Veränderungen reichen weit in die intimen Beziehungen zwischen Paaren hinein und verändern weltweit die Einstellung, die Männer und Frauen zu den Themen Liebe, Ehe und Sex haben. In Asien, wo die Frauen immer mehr an Macht gewinnen und sich mehr und mehr von dem traditionellen kulturellen Ideal der perfekten Ehefrau distanzieren, liegt das durchschnittliche Heiratsalter der Frau inzwischen bei zweiunddreißig, und die Zahl der Scheidungen nimmt explosionsartig zu. Das Missverhältnis zwischen traditionell gesinnten Männern und fortschrittlichen Frauen hat zu einem internationalen Heiratsmarkt geführt, auf dem Männer aus der ganzen Welt Frauen suchen, deren Werte (noch) mit ihren eigenen übereinstimmen. Im Westen bringen Frauen ihre sexuellen Bedürfnisse inzwischen mit einer Offenheit zum Ausdruck, die noch vor 20 Jahren unvorstellbar gewesen wäre.
    In den Vereinigten Staaten sind die Veränderungen in den Geschlechterbeziehungen je nach sozialer Schicht sehr unterschiedlich, ja fast gegensätzlich. Dieser Punkt führt stets zu Verwirrung, weshalb ich zwei Kapitel über eheliche Beziehungen geschrieben habe und nicht nur eins. Unser Land spaltet sich in zwei auseinanderstrebende Gesellschaften, die jeweils durch bestimmte Ehestrukturen gekennzeichnet sind. Die eine Gesellschaft besteht aus den 30 Prozent der Amerikaner, die über einen Hochschulabschluss verfügen, und die andere besteht aus allen anderen: aus den Armen, aus der Arbeiterschicht und aus der Gruppe, die die Soziologen als »mäßig gebildete Mitte« bezeichnen. Damit meine ich Personen, die einen Highschool-Abschluss und eine gewerbliche Ausbildung und manchmal auch Hochschulerfahrung haben, aber keinen vollwertigen Hochschulabschluss besitzen.
    In dieser großen zweiten Gruppe geht der Aufstieg der Frau mit der langsamen Erosion der Institution Ehe und sogar mit wachsendem Zynismus in Bezug auf die Liebe einher. Während die Frauen in dieser Gruppe ihr Los langsam verbessern, stellen sie zugleich höhere Anforderungen an die Ehe: einen Mann, der wie Ryan Reynolds aussieht, mit weißem Chevy. Doch die Männer aus ihrer Schicht werden diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie halten vielleicht noch am traditionellen Ideal des männlichen Ernährers fest, können es aber längst nicht mehr erfüllen. Aus dieser Schicht stammen unsere romantischen Vorstellungen von Männlichkeit, die seit
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