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Das elfte Gebot

Das elfte Gebot

Titel: Das elfte Gebot
Autoren: Lester del Rey
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vermitteln.“ Einen Moment lang war sein Gesicht entspannt, und er schien ehrlich betroffen zu sein. „Oder besser gesagt, diejenigen Fakten, die wir bekanntgeben.“
    Das Summen des Telefons unterbrach seinen Redefluß. „Nein. Nein, fürchte, das geht nicht. Der Mann kommt vom Mars, wo nur vierzig Prozent unserer Schwerkraft herrscht. Für derartige Arbeit ist er körperlich nicht geeignet. Nebenbei gehört er hinter ein Mikroskop … Schauen Sie, Firculo, ich weiß das alles … Das geht in Ordnung, ich übernehme die Patenschaft über ihn. Sind Sie damit zufrieden? … Nein, völlig menschlich. Blond. Ziemlich gutaussehend … Ja, richtig. Es ist Ihre eigene Idee. Ja, ganz recht!“
    Er legte den Hörer auf, raschelte mit verschiedenen Papieren herum und kritzelte etwas auf eines davon, bevor er sich wieder Boyd zuwandte. Dieser war empört, wie ein Kind behandelt zu werden, vergaß es aber wieder, als Gordini zu einer Geschichtslektion ausholte. Im Vergleich zwischen dem auf dem Mars Gelehrten und dem hier Vermittelten begann sich für Boyd jetzt ein annähernd wahres Bild von der Vergangenheit herauszuschälen. Ihm wurde klar, daß er sie kennen mußte, um das bisher Gesehene überhaupt verstehen zu können.
    Über die Besiedlung des Mars erfuhr er im wesentlichen das, was er ohnehin schon wußte, mit der Ausnahme, daß man ihnen niemals erklärt hatte, daß die dazu benutzten Schiffe der Erde gehört hatten. Ebensowenig war ihm bekannt gewesen, daß dort auch der Feldwellenantrieb entwickelt worden war, der, anders als die vergleichsweise primitiven Raketenantriebe zuvor, interplanetarische Reisen eigentlich überhaupt erst ermöglicht hatte. Die Siedler hatten diese Schiffe, weil die Erde zu schwach zu irgendwelchen Gegenmaßnahmen gewesen war, kurzerhand enteignet. Da alle Experten zu diesem Zeitpunkt bereits zum Mars fortgelockt worden waren, war der Bau von neuen Schiffen auf der Erde niemals wieder aufgenommen worden.
    Augenscheinlich hatte der Wahnsinn auf der Erde nicht dazu geführt, einen allumfassenden Atomkrieg zu entfachen. Es war nur ein einmaliger Vorfall gewesen, bei dem es dann geblieben war, der sich ereignet hatte, gleich nachdem ein Papst namens Clemens XV. endlich die Nationen zur Abrüstung bewogen hatte. Seinem Plan zufolge waren alle Waffen verschrottet worden.
    „Ein wahrhaft begnadeter Mann“, erklärte Gordini, „über den man in den meisten unserer Geschichtsbücher wenig finden wird. Er war nämlich ein Römischer, müssen Sie wissen. Aber nichtsdestoweniger: ein großartiger Mann.“
    Irgendwo an einem Verschrottungsort in Mitteleuropa hatte ein Unfall aus Sorglosigkeit eine große Atomexplosion ausgelöst. Die betroffene Nation hatte diesen Vorfall während der Abrüstungskampagne für einen chinesischen Überfall gehalten, zurückgeschlagen, China daraufhin die Sowjetunion bombardiert, die sich wiederum von den USA angegriffen fühlte. Das Mißverständnis war innerhalb von knapp zwei Stunden aufgeklärt, aber zu diesem Zeitpunkt waren bereits zwei Drittel der Erdbevölkerung tot. Auch Clemens XV. befand sich unter den Toten.
    „Als Folge griffen Seuchen und Chaos um sich, verschlimmert durch den Umstand, daß unsere besten Köpfe, die in den nun in Schutt und Asche liegenden Städten gewohnt hatten, nicht mehr lebten. Wir forderten vom Mars, uns die früheren Spitzenkräfte zurückzugeben, mit deren Hilfe wir uns wieder in wenigen Jahren zu erholen hofften. Die Marsbewohner verspürten jedoch panische Furcht vor dem radioaktiven Niederschlag – der, knapp unterhalb der tödlichen Grenze, tatsächlich unheilvolle Folgen nach sich zog. Mithin gute Gründe für Sie, nun eigene Wege zu gehen, während wir uns gezwungenermaßen aus eigenen Kräften wieder hochzurappeln hatten.“
    Boyd vermochte sich der Glaubwürdigkeit dieser Darstellung nicht zu entziehen. Wiederholt auch waren ihm die allzu glatten Erklärungen marsianischer Geschichtsbücher recht schwach vorgekommen.
    Unter den Überlebenden hatte sich auch der amerikanische Kardinal Bonaforte befunden, der, nach Gordini, selbst beinahe anstelle von Clemens Papst geworden war. Heftig hatte dieser – ob aus Überzeugung oder gekränkter Eitelkeit, das sei dahingestellt – dessen Abrüstungsvorschläge öffentlich angegriffen. Jetzt stellte er die Atomkatastrophe als Ergebnis der Nichtbefolgung seiner eigenen Vorschläge hin. Er rief die wenigen überlebenden Kardinäle Amerikas zu einer Synode zusammen, auf der er sich
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