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Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)

Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)

Titel: Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Autoren: Ulrike Schweikert
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Gewitterböen über die Zinnen hinwegfegten, verstärkte Cay den Druck seines Armes. Widerstandslos ließ sich Rolana zurück zur Treppe und dann zum Palas hinüberführen. Die ersten Tropfen fielen, als sie den Fuß der Freitreppe erreichten, und als Cay das große Tor aufstieß, strömte bereits der Regen herab, und der Donner hallte von den Burgmauern wider.
    In der Halle war es düster. Nur wenige Kerzen brannten in den Haltern. Cay nahm Rolana den Umhang ab.
    »Hast du eine Vorstellung davon, um was es sich handelt? Meinst du, Astorin ist wieder am Werk? Doch was will er anrichten, jetzt da die Krone ihre Macht verloren hat?«
    Rolana zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich kann es dir nicht sagen, denn ich weiß es nicht, und dennoch bin ich mir sicher, dass dies nicht nur eine trübe Stimmung ist, wie sie Frauen ab und zu befällt!«
    »Das habe ich auch nicht angenommen«, verteidigte sich Cay nun doch ein wenig gekränkt. »Ich – wir alle haben deinem Urteil stets vertraut, sind dir über Berge und durch die Wüste gefolgt und waren bereit, unser Leben zu geben.«
    Beschämt senkte Rolana den Blick. »Verzeih mir, ich bin eine Plage.« Sie umarmte Cay kurz, ließ ihn jedoch gleich wieder los. »Ich habe solch treue Freunde nicht verdient. Und dennoch bin ich froh, euch zu haben... dich zu haben«, fügte sie viel leiser hinzu, raffte ihr Gewand und strebte mit langen Schritten auf die Treppe zu. »Ich werde vor dem Essen noch nach Lamina sehen«, sagte sie und eilte davon. Cay sah ihr stumm hinterher.
    *
    Die Tür zu den Gemächern der Gräfin von Theron war nur angelehnt. Die junge Priesterin des Mondordens klopfte und trat dann ein, obwohl sie keine Antwort erhielt. Das erste Zimmer – mit einer prächtigen Sitzgarnitur vor dem offenen Kamin – war leer. Rolana trat durch die offene Tür ins Schlafgemach der Gräfin. Lamina saß auf der Fensterbank, ein Deckenbündel in den Armen, das Laute der Zufriedenheit von sich gab. Rolana blieb unter der Tür stehen und beobachtete den sich wandelnden Gesichtsausdruck der Gräfin, die sie offensichtlich noch nicht bemerkt hatte. Wehmut und Trauer huschten über ihre Züge, der Hass jedoch war verblasst, und eine neue Zärtlichkeit stand in ihrem Blick, als sie ihrem Kind mit dem Finger über die Wangen strich. Erleichterung durchflutete die junge Priesterin. Sie hatte nicht nur um das körperliche Wohlergehen von Mutter und Sohn gebangt, nachdem das Kind einige Wochen zu früh zur Welt gekommen war. All ihre Kräfte hatte Rolana eingesetzt und Soma um seine Gnade gebeten, um die beiden Leben zu retten. Den seelischen Kummer dagegen hatte sie nicht heilen können.
    Das stand nicht in ihrer Macht. Bis zuletzt war vermutlich nicht einmal der Gräfin klar gewesen, ob sie ihr Kind annehmen würde, das gegen ihren Willen mit Gewalt gezeugt worden war. Nun schien die Natur mit ihren heilenden Kräften den Schrecken ein wenig von ihr zu nehmen. Dennoch war Rolana bewusst, dass Lamina die Tage, die sie in der Gewalt der Piraten gewesen war, nie würde vergessen können.
    Die junge Priesterin räusperte sich. Laminas Hand zuckte zurück, als hätte man sie bei etwas Verbotenem erwischt. Das zärtliche Lächeln verschwand, als sie sich der Besucherin zuwandte.
    »Oh, Rolana, du bist es. Was gibt es?« Diese atemlose Unsicherheit passte nicht zu der jungen Frau, die während der vergangenen Monate die Grafschaft mit ruhiger Hand und festem Willen geführt hatte. Rolana trat näher.
    »Es gibt nichts Natürlicheres in diesen Welten, als dass eine Mutter ihr Kind liebt. Jedes ihrer Kinder!«
    Laminas Wangen röteten sich, doch sie stritt ihre widersprüchlichen Gefühle nicht ab. »Du hast sicher Recht, und doch denke ich manches Mal, ich dürfte es nicht lieben. Ist es nicht auch Teil seines Vaters, für den ich nichts anderes als Abscheu empfinden kann?«
    Rolana wiegte den Kopf hin und her. »Sicher tragen wir alle das Erbe unserer Väter in uns – aber auch das unserer Mütter. Noch ist dein Sohn ein unschuldiges Wesen. Sorge mit deiner Liebe dafür, dass deine guten Kräfte in ihm stärker werden. Sieh in sein Gesicht. Ich kann dich darin erkennen.«
    Das zärtliche Lächeln erschien wieder auf Laminas Lippen und ließ ihre schmalen Züge weicher erscheinen. »Gerald«, flüsterte sie.
    »Es ist gut, dass du ihn nach dem Mann genannt hast, der sein Vater hätte sein sollen.«
    »Ich habe es nicht getan, damit die Leute nicht reden, denn das tun sie sowieso!«
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