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Das Dorf in den Lüften

Das Dorf in den Lüften

Titel: Das Dorf in den Lüften
Autoren: Jules Verne
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Haltestelle ist für uns ganz passend, und auch für unsere Zugthiere bietet sie einen reichbesetzten Tisch.
    – Ja freilich, sie finden hier hohes fettes Gras in Ueberfluß, sagte John Cort.
    – Das verzehrte man selbst mit Vergnügen, setzte Max Huber hinzu, wenn man den Organismus eines Wiederkäuers und drei Magen zum Verdauen hätte!
    – Danke schön, erwiderte John Cort, ich bevolzuge aber doch ein über Kohlen gebratenes Antilopenviertel, den Zwieback, womit wir ja reichlich versehen sind, und unsere Tönnchen Cap-Madeira…
    – Dem man einige Tropfen aus dem klaren Rio, der durch die Ebene verläuft, zusetzen könnte,« bemerkte der Portugiese.
    Er zeigte dabei nach einem Wasserlaufe, jedenfalls einem Nebenflusse des Ubanghi, der sich etwa einen Kilometer weit vom Hügel entfernt dahinschlängelte.
    Die Lagereinrichtung wurde bald vollendet. Das Elfenbein hatte man in großen Haufen dicht neben dem Wagen niedergelegt. Die Zugochsen tummelten sich in der Umgebung der Tamarinden. Da und dort flammte aus herabgefallenem, dürrem Holze schon ein Feuer auf. Der Foreloper überzeugte sich, daß es den verschiedenen Gruppen der Leute an nichts fehle. Elch-und Antilopenfleisch, frisches sowie gedörrtes, gab es in Ueberfluß, die Jagd lieferte mehr, als man brauchte. Bald verbreitete sich nun ein angenehmer Bratengeruch, und alle entwickelten dann einen tüchtigen Appetit, den der letzte Halbtagesmarsch gewiß rechtfertigte.
    Waffen und Munition waren natürlich im Wagen gelassen worden. Dieser enthielt mehrere Kistchen mit Patronen, verschiedene Jagdgewehre, Karabiner und Revolver, lauter vortreffliche Erzeugnisse der modernen Waffentechnik, die dem Portugiesen, Khamis, John Cort und Max Huber im Nothfalle zur Verfügung standen.
    Eine Stunde später war die Mahlzeit beendet. Den Magen befriedigt und tüchtig ermüdet, mußte die Karawane bald in tiefen Schlaf fallen.
    Der Foreloper vertraute ihre Bewachung einigen seiner Leute an, die sich alle zwei Stunden ablösen sollten. In jenen entlegenen Gebieten muß man eben stets gegen zweiund vierfüßige Uebelthäter auf der Hut sein. Urdax unterließ es auch niemals, alle von der Vorsicht gebotenen Maßregeln zu treffen. Bei seinen fünfzig Jahren noch sehr kräftig und vertraut mit Zügen dieser Art, erfreute er sich einer außerordentlichen Ausdauer; doch auch der fünfunddreißigjährige Khamis, der ebenso gewandt und geschmeidig wie kräftig, ebenso kaltblütig wie muthig war, bot jede erwünschte Garantie für die Führung von Karawanen durch Afrika.
    Am Fuße einer der Tamarinden hatten die beiden Freunde und der Portugiese sich zum Abendessen niedergesetzt, das der kleine Knabe gebracht und einer der Eingebornen, der als Koch für die Gesellschaft waltete, zubereitet hatte.
    Bei der Mahlzeit rasteten die Zungen ebensowenig wie die Kiefer. Das Essen hindert ja nicht am Sprechen, wenn man sich dabei nicht zu sehr beeilt. Wovon war denn nun die Rede?… Von den Erlebnissen der Reisegesellschaft auf dem Wege nach Nordosten?… O nein, Zwischenfälle, die sich noch auf dem Rückwege ereignen konnten, boten ein mehr actuelles Interesse. Bis zu den Factoreien von Libreville war es noch ein weiter, über zweitausend Kilometer langer Weg, dessen Zurücklegung recht wohl neun bis zehn Wochen beanspruchen konnte. Bezüglich dieses zweiten Theiles der Reise hatte John Cort auch sein »Wer weiß?« gegen seinen Begleiter geäußert, der nicht nur Unerwartetes, sondern auch etwas Außerordentliches zu erleben verlangte.
    Bis nach dem jetzt erreichten Punkte war die Karawane von den Grenzen Darfurs an nach Ubanghi zu heruntergezogen, wobei sie die Furten des Aukadebe und seiner zahlreichen Nebenflüsse passiert hatte. Heute rastete sie nahe der Stelle, wo der zweiundzwanzigste Längen-und der neunte Breitengrad einander kreuzen.
    »Von jetzt an, sagte Urdax, werden wir aber in südwestlicher Richtung weiter ziehen…
    – Und das erscheint um so mehr geboten, als der Horizont – wenn meine Augen mich nicht trügen – durch einen Wald abgeschlossen ist, dessen Ende man weder im Osten noch im Westen erkennen kann.
    – Jawohl, durch einen ungeheueren Wald! bestätigte der Portugiese. Wären wir gezwungen, ihn nach der Ostseite zu zu umwandern, so würden Monate vergehen, ehe wir ihn hinter uns hätten.
    – Im Westen dagegen…
    – Im Westen, fiel Urdax ein, treffen wir, wenn wir seinem Rande folgen, ohne besondere Verlängerung unseres Weges in der Nähe der
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