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Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen

Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen

Titel: Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen
Autoren: Guillaume Prevost
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Gegenstück zu dem Erziehungsheim, mit dem sie Sam seit einigen Tagen wiederholt gedroht hatte – um ihre Tochter dem verhängnisvollen Einfluss ihres Cousins zu entziehen, war ihr eben jedes Mittel recht.
    »Aber ich mache doch gar nichts Schlimmes!«, protestierte Lili. »Ich frühstücke!«
    »Und wozu dann das ganze Getuschel? Was versucht er dir denn jetzt noch abzuluchsen? Will er jetzt auch noch deine Kette? Dein Armband? Du hast doch wohl gehört, was Rudolf gesagt hat. . . Samuel ist auf die schiefe Bahn geraten, und womöglich nimmt er Drogen!«
    »Evelyn, also wirklich! Was redest du da?«
    Grandpa kam, aufgeschreckt von dem Getöse, eilig die Treppe herunter. Seine Haare standen ihm wirr vom Kopf, und sein Schlafanzug war schief zusammengeknöpft – der Montag mit dem Dienstag, wie Grandma sagen würde.
    »Was ich da rede?«, kreischte Evelyn jetzt noch lauter. »Dieser heruntergekommene Lümmel versucht schon wieder meine Lili in eine seiner Machenschaften hineinzuziehen! Er schmiedet hinter meinem Rücken Komplotte! «
    »Reg dich ab, Evelyn!«, wies Grandpa sie zurecht. »Es sind doch Kinder!«
    »Natürlich! Jetzt verteidigst du ihn auch noch! Genau wie Allan! Mama und du, ihr habt Allan immer verteidigt! Der arme kleine Liebling, nicht wahr? Egal, was er angestellt hat! Kommt zu unmöglichen Zeiten nach Hause, sammelt ekelhafte Dinge, schreibt eine schlechte Note nach der anderen – alles unwichtig! Ich dagegen . . .«
    Sie verschluckte sich fast vor Wut.
    »Aber jetzt seht ihr ja, wohin das führt. . . verschwindet von einem Tag auf den anderen! Und halst euch obendrein noch seinen Sprössling auf! Wann begreift ihr endlich, dass Samuel auf dem besten Weg ist, wie sein Vater zu werden? Und ihr verschließt die Augen!«
    Mit wehendem Morgenmantel stürmte sie aus der Küche und rannte Grandpa im Flur beinahe um. Normalerweise war Sam seine nervöse Tante, die ständig mit dem Rest der Welt auf Kriegsfuß stand – außer natürlich mit ihrem derzeitigen geliebten Rudolf, den sie die ganze Zeit mit schmachtenden Blicken bedachte -, relativ gleichgültig, aber diesmal hatte sie den Bogen wirklich überspannt. Wenn es ihm möglich gewesen wäre, hätte Sam die beiden, sie und ihren lächerlichen Morgenmantel, liebend gern anstelle seines Vaters in die Verliese von Schloss Bran befördert. Violett war doch sicher eine von Draculas Lieblingsfarben . . .
    II.
    Diebe im Museum
     
    Im Inneren des Dinosauriers, einem Baryonix, roch es penetrant nach Klebstoff und frischer Farbe. Das Tier war drei Meter hoch und an die neun bis zehn Meter lang, und in der Dunkelheit erinnerten die Schaumstoffausbuchtungen seiner Innenwände an ein Wirrwarr ineinander verschlungener Därme. Samuel hatte sich ganz hinten zusammengekauert, dort wo der Bauch des Tieres sich zu einem langen Schwanz verengte, dessen Ende er nicht erkennen konnte. Schon seit zwei Stunden hockte er hier, an ein graues Plastikei gelehnt, das darauf schließen ließ, dass es sich bei dem Baryonix um ein Weibchen handelte – besonders ansehnlich war dieses allerdings nicht, mit seinem platten Krokodilskopf und den furchterregenden kurzen bekrallten Vorderbeinen. Ohne Zweifel war es jedoch genau die Art Monster, die man brauchte, um die jüngere Bevölkerung von Saint Mary zu einem Museumsbesuch zu bewegen. Um ehrlich zu sein, war es weitaus schwieriger gewesen, Grandma davon zu überzeugen, ihn aus dem Haus zu lassen, als dieses Versteck hier zu finden. Nach Tante Evelyns hysterischem Auftritt hatte den ganzen Morgen über ziemlich dicke Luft geherrscht und die Mitglieder der Familie Faulkner waren bemüht gewesen, sich möglichst aus dem Weg zu gehen. Während des Mittagessens, das trotz Evelyns Abwesenheit ungewohnt schweigsam verlief, hatte Sam verkündet, sein Freund Harold habe ihn zum Übernachten eingeladen, um den Beginn der Ferien zu feiern. Grandma hatte zwar geschmollt, aber Grandpa war ihm mit fliegenden Fahnen zu Hilfe geeilt: Sammy habe doch eine kleine Belohnung verdient, nachdem er siegreich aus dem Judowettkampf der 14- bis 16-Jährigen hervorgegangen sei – nebenbei gesagt, ein mehr als unerwarteter Sieg, über dessen Hintergründe Sam sich wohlweislich ausschwieg. Schließlich setzte er sich durch, nachdem er versprochen hatte, gegen elf Uhr abends anzurufen, und versicherte, den Nachmittag mit Harold im Museum von Saint Mary zu verbringen. »Wenn es darum geht, sich zu bilden . . .«, hatte Grandma kapituliert.
    In Wirklichkeit
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