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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten
Autoren: Robin Wasserman
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geschrieben wurden und wohl aus Versehen in die Sammlung geraten sind. Ich bezweifle ja, dass sie etwas von Nutzen enthalten, nichtsdestotrotz müssen wir gründlich sein.«
    Unglaublich. Ich konnte doppelt so schnell und dreimal so genau übersetzen wie Chris, und wenn der Hoff sich die Mühe gemacht hätte, einen Blick auf das Empfehlungsschreiben meines Lateinlehrers zu werfen, würde er das auch wissen. »Muss ich das machen, weil ich eine Frau bin?«
    Chris prustete los.
    Â»Wenn Nora nicht will, kann ich ja die Briefe von Elizabeth Weston übernehmen«, warf Max ein. »Das ist okay für mich.«
    Um mich zu revanchieren, hätte ich ihm gern ein Danke zugeraunt, doch der Hoff beobachtete uns. Und sein Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes. »Für mich aber nicht. Diese Arbeit bedarf einer gewissen… Reife. Elizabeths Briefe werden Miss Kane reichlich Gelegenheit geben, Übung in historischer Übersetzung zu bekommen, während Sie beide mir bei der eigentlichen Suche helfen.«
    Wenn man mich fünf Minuten früher gefragt hätte, hätte ich gesagt, mir doch egal, ob ich wichtige Briefe, sinnlose Briefe oder einen Einkaufszettel aus dem sechzehnten Jahrhundert übersetze. Aber dann musste der Hoff ja seinen großen, fetten, sexistischen, egoistischen – welches -istisch auch immer mich gerade zur Nutzlosigkeit verdammte – Mund aufmachen.
    Â»Dann liegt es also daran, dass ich noch auf der Highschool bin?«, fügte ich hinzu. »Es ist nicht fair, wenn Sie mich nur wegen…«
    Â»Miss Kane, wollen Sie mitarbeiten oder nicht?«
    Ich hätte ihm den Unterschied zwischen wollen und müssen erklären können. Mich mit Adriane treffen und ihrem letzten Mikrodrama lauschen wollen oder in Chris’ Zimmer im Wohnheim fernsehen wollen (oder es wenigstens zu versuchen, während ich die ganze Zeit so tue, als würde ich nicht bemerken, dass Chris und Adriane hinter meinem Rücken herumknutschen und Max von seiner Seite aus mit diesem irren Blick zu uns herüberstarrt), eigentlich irgendwo anders sein wollen, egal wo, aber an diesem Seminar teilnehmen zu müssen, weil ich es für meinen Highschool-Abschluss und als Referenz in meinen Collegebewerbungen brauchte.
    Â»Ich will, Professor Hoffpauer.«
    Â»Gut.« Er stand auf und verstaute seinen Körper mit steifen, ungelenken Verrenkungen in einem schweren Wollmantel. »Die Sammlung steht Ihnen hier ab morgen Nachmittag zur Verfügung. Christopher hat einen Schlüssel zum Büro und wird Ihnen den korrekten Umgang mit den Dokumenten zeigen.«
    Â»Die Dokumente sind nicht in der Bibliothek für seltene Bücher untergebracht?«, fragte Max.
    Â»Ich werde dieser Hyäne doch keine Gelegenheit geben, sich der Briefe zu bemächtigen«, sagte der Hoff. Er kniff die Augen zusammen. »Kein Wort zu ihr. Und zu niemandem sonst. Ich will nicht, dass mir jemand die Sammlung stiehlt. Sie sind überall.«
    Â»Wer?«, fragte Max. Chris schüttelte lediglich den Kopf, er kannte das wohl schon.
    Â»Junger Mann…« Der Hoff senkte die Stimme und beugte sich zu Max, sodass sein Schatten auf Das Buch fiel. »Das wollen Sie nicht wissen.«
    Es war knapp, aber wir schafften es, unseren Lachanfall zu unterdrücken, bis er den Raum verlassen hatte.
    3 Schon merkwürdig, wie eins zum anderen führt und dann wieder zu etwas anderem, bis man genau an dem Ort ist, an dem man nicht sein sollte. Wenn es Chris nicht gegeben hätte, wäre ich nie in dem Kurs vom Hoff gelandet und hätte Das Buch nie zu Gesicht bekommen, wenn ich nicht auf die Chapman Prep gegangen wäre, hätte es keinen Chris gegeben oder zumindest nicht Chris-und-mich. Und wenn der »auf die schiefe Bahn geratene Andy Kane« sich nicht hemmungslos betrunken, kein Auto gestohlen und es nicht mit der ȟberaus beliebten Lokalschönheit Catherine Li« neben sich auf dem Beifahrersitz an einen Baum gesetzt hätte, wodurch er sie beide in »einem tragischen Moment« zu Verkehrstoten gemacht hatte (Zitate mit freundlicher Genehmigung des allseits bekannten Bollwerks der Objektivität Chapman Courier), hätte ich keinen Fuß in die Chapman Prep gesetzt. Anders ausgedrückt: Wenn mein Bruder es geschafft hätte, die Finger von Catherine Li, Catherine Lis Schnaps und dem Mercedes von Catherine Lis Vater zu lassen, wäre Chris vermutlich nicht
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