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Das Blut des Teufels

Titel: Das Blut des Teufels
Autoren: James Rollins
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gefolgt war. Zahlreiche Personen waren umgekommen, aber die Einzelheiten blieben unklar.
    Er hielt die Hände zu Fäusten geballt, als er über die Landebahn schritt, und durchsuchte weiter die Menge aus Reportern, Regierungsmitgliedern und Zuschauern auf ein vertrautes Gesicht. Nichts.
    Mit aller Kraft hielt er die Tränen zurück. Bitte. Nicht schon wieder. Bei seiner vergeblichen Suche nach Joan verstärkte sich ein brennender Schmerz in seiner Brust, eine Mischung aus Ärger und Schuldgefühl. Ein vertrauter Schmerz. Er hatte ihn früher schon verspürt – nach Elizabeths Tod. Er hatte gedacht, er hätte sich schon längst mit dem Tod seiner Frau abgefunden, aber seine Furcht um Joan hatte alles wieder aufleben lassen. In Wahrheit hatte er ihren Tod nie verwunden. Henry hatte sich bloß dagegen abgeschottet, hatte ihn über seiner Sorge um Sam einzementiert und eingemauert.
    Doch was jetzt?
    Sein Herz war nur noch ein Haufen Asche, jede Hoffnung dahin.
Joan war nicht hier.
Ein Mann in einem konservativen grauen Anzug trat mit ausgestreckter Hand vor und versperrte ihm die Sicht. »Professor Conklin, ich bin Edward Gerant von der US-Botschaft. Wir haben viel zu besprechen.«
Gewaltsam löste Henry seine Faust und hob die Hand.
Da erklang eine Stimme aus der Menge und durchschnitt das Hintergrundgemurmel: »Henry?«
Er erstarrte.
Edward Gerant griff nach der Hand des Professors, doch Henry entzog sie ihm und trat beiseite. Eine schlanke Gestalt schob sich durch die Polizeiabsperrung.
Henrys Stimme kippte, als er fragte: »Joan …?«
Lächelnd kam sie auf ihn zu, zunächst langsam, dann, als die Tränen zu fließen begannen, immer schneller. Henry empfing sie mit weit ausgebreiteten Armen. Sie stürzten regelrecht ineinander und versanken zusammen in ihrer Umarmung. Henry hätte nie gedacht, jemals wieder eine solche Freude zu empfinden, und stammelte: »O mein Gott, Joan … ich habe geglaubt, sie hätten dich umgebracht. Aber ich habe gebetet … gehofft …«
»Onkel Hank?«, fragte eine Stimme hinter ihm. Es war Sam. Sein Neffe, der nichts von Joan wusste. Die empfundenen Schuldgefühle hatten zu tief gesessen, als dass er in der Lage gewesen wäre, über seine gezwungenermaßen getroffene Wahl zu sprechen. Aus dem Gefühl der Schuld und Furcht heraus hatte er geschwiegen, bis er selbst herausfinden konnte, was mit Joan geschehen war.
Als Sam zu ihnen trat, lösten sich Joan und der Professor etwas voneinander, doch Henry wollte den Blick nicht von ihr lassen … nie wieder. Ohne sich abzuwenden, stellte er seinem Neffen Dr. Engel vor. Sie lächelte warm, nahm Sams Hand und schüttelte sie. Aber Henry beanspruchte sie gleich danach wieder für sich. »Erzähl von dir. Was ist geschehen?«, fragte er.
Joans Lächeln verblasste um einige Schattierungen. »Ich bin entkommen, gerade als die Polizei mit ihrer Razzia begann. Zum Glück! Gleich nach der Erstürmung der Abtei durch die Behörden haben die Mönche einen Sicherheitsmechanismus ausgelöst, der in ihrem Labor eingebaut war. Die ganze Anlage wurde in Brand gesetzt, einschließlich des Gewölbes von el Sangre .« Sie zeigte zum fernen Horizont.
Ebenso wie Sam starrte Henry hinüber. Rauch, so dicht wie der aus einem Vulkan, stieg in den Himmel.
»Die anschließende Explosion hat die gesamte Abtei zum Einsturz gebracht. Sie qualmt noch immer. Geblieben sind lediglich die Inkaruinen darunter.«
»Erstaunlich«, bemerkte Sam.
Henry drückte sich enger an Joan. »Aber du bist entkommen, Gott sei Dank. Ich weiß nicht, ob ich damit hätte leben können, wenn …«
Joan schmiegte sich in seine Arme. »Ich gehe nirgendwohin, Henry. Du bist mir einmal im Leben verloren gegangen. Das werde ich nicht wieder zulassen.«
Henry grinste und zog sie noch enger an sich. »Ich auch nicht.«
    Traurig lächelnd ging Sam davon und überließ die beiden sich selbst. Er hatte noch nie erlebt, dass sein Onkel sich so gänzlich in jemand anderen verlor – und die Gefühle beruhten eindeutig auf Gegenseitigkeit. Während er sich für seinen Onkel freute, verspürte er selbst eine merkwürdige Leere in sich, als er das Paar verließ.
In der Nähe erzählte Norman dem sitzengelassenen Botschaftsmitglied einen Teil ihrer Geschichte. Das knabenhafte Gelächter des Fotografen schallte weit über die Landebahn. In seinem Schatten stand Denal. Norman hatte angeboten, den Jungen als Volontär beim National Geographic unterzubringen – und da Denals Mutter gestorben war, hielt ihn hier
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