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Das Blut der Medusa

Das Blut der Medusa

Titel: Das Blut der Medusa
Autoren: Jason Dark
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Spielkameraden nie mitgegangen, wenn diese loszogen, um nach Schlangen zu suchen. Im Wienerwald gab es genug. Später hatte er seine Frau manchmal als Schlange bezeichnet, aber darüber lachte er heute. So sehr er die Schlangen ablehnte, so stark faszinierte ihn das Bild. Fritz mußte zugeben, daß es hervorragend gemalt worden war. Der Künstler, der so etwas schaffte, gehörte zur absoluten Spitze. Heutzutage brachte das kaum noch einer fertig. Die meisten Bilder der modernen Kunst waren irgendwie tot, leer, wenn er sich die Motive anschaute, aber bei diesem Gemälde hatte er das Gefühl, als würde nicht nur das Gesicht, sondern auch die Schlangen leben.
    Leben war eigentlich falsch. Die Schlangen hatten sich nur einmal kurz gerührt.
    Er ging noch näher an das Gemälde heran. Den Teppich hatte er verlassen. Seine Schritte auf dem Parkett waren relativ laut. Der Lichtkreis nahm an Größe zu.
    Fritz konnte das Gesicht der Medusa noch deutlicher erkennen. Hoppitzan war auch über die Sage informiert. Gar Schreckliches wußte man über die Medusa zu berichten. Wer sie anschaute, wurde zu Stein, so hatte es in der griechischen Sage gestanden. Ein Blick in ihr Gesicht genügte, aus war es.
    Hoppitzan wollte lächeln, er unterließ es, denn das Bild faszinierte ihn. Es war ja nur ein Gemälde. Würde dieses Schlangenhaupt leben, dann wäre er schon, hätte die Sage zugetroffen, längst zu Stein erstarrt. So aber konnte er noch näher an das Gemälde herangehen. Zwei Schritte davor blieb er stehen und dachte darüber nach, daß er dieses Bild noch nie so intensiv empfunden hatte wie in dieser Nacht. Er war öfter an ihm vorbeigegangen, hatte ihm einen Blick gegönnt, aber nie dessen gesamte Schönheit so intensiv aufgenommen.
    Das passierte ihm erst jetzt.
    Obwohl er Schlangen nicht mochte, gelang es ihm nicht, den Blick von diesen sich auf dem Kopf der Frau ringelnden Wesen zu lösen. Sie waren im Verhältnis zum Kopf ziemlich dick, sogar unnatürlich dick, fast wie Arme. Sie wuchsen aus der Schädelplatte hervor, besaßen eine graugrüne Farbe, wo Teile der Schlangenkörper sogar einen Stich ins Rötliche bekommen hatten.
    Er mochte sie nicht, obwohl sie so hervorragend gemalt waren. Da wollte er sich lieber auf dieses wunderschöne Gesicht der Frau konzentrieren. Sein Blick traf die Augen.
    Jetzt kamen sie ihm vor wie kleine, klare Seen, die nicht nur Oberfläche besaßen, auch eine gewisse Tiefe und dennoch keine Leere. Sie steckten voller Leben.
    Leben?
    Dieses eine Wort schrillte als Frage in seinem Hirn auf. Wenn die Medusa lebte und die alten Legenden zutrafen, dann wurde derjenige, der sie anblickte, zu Stein.
    Und Hoppitzan schaute sie an.
    Er geriet plötzlich ins Schwitzen, war unsicher, schloß die Augen, öffnete sie wieder und ließ seinen Blick am Gesicht der Medusa herabgleiten bis hin zum Mund.
    Er lächelte!
    Hoppitzan erschrak. Der Mund war hervorragend gemalt worden, wie alles an diesem Gesicht. Aber er kannte das Bild sehr genau, und er wußte auch, daß der Mund nicht gelächelt hatte. Nun aber hatten sich seine Winkel etwas verzogen. Er wirkte jetzt wie ein liegender hlalbmond.
    Lebte sie?
    Plötzlich faszinierte das Bild ihn nicht mehr. Der gute Fritz Hoppitzan hatte es mit der Angst zu tun bekommen. Er wollte weg, es nicht mehr anschauen - und hatte plötzlich das Gefühl, auf der Stelle festgenagelt worden zu sein.
    Er konnte nicht mehr gehen!
    Zuerst dachte er an eine Einbildung. Dann hob er das rechte Bein an. Er bekam es nicht einmal einen Zentimeter vom Boden hoch. Da war nichts zu machen.
    Mit dem linken Bein erging es ihm ähnlich. Nur wurde es noch schwerer als das rechte, so daß er es überhaupt nicht mehr bewegen konnte. Wer sie anschaut, wird zu Stein.
    Ja, Fritz kannte die Legende. Voller Schrecken mußte er feststellen, daß sie nicht gelogen hatte. Er hatte die Medusa angeschaut, die plötzlich zu einem furchtbaren Leben erwacht war.
    Und er versteinerte.
    Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Die Schwere stieg in seinen Körper hoch. An den Füßen hatte es begonnen, längst die Beine erreicht, auch die Oberschenkel wurden nicht verschont, die Hüfte, die Brust. War es bisher ruhig in der Halle gewesen, so hätte ein Lauscher nun die heftigen Atemzüge vernehmen können, die aus dem Mund des Mannes drangen.
    Er atmete schlürfend, keuchend. Jedes Luftholen bereitete ihm Schwierigkeiten und hörte sich furchtbar an, während die Erstarrung immer weiter seinen Körper hochzog und
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