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Das Auge des Kriegers

Das Auge des Kriegers

Titel: Das Auge des Kriegers
Autoren: Hugh Walker
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sie auch wieder Hunger und Erschöpfung.
    Dilvoog versuchte mehrfach Horcan zu rufen, aber der Herr der Stürme antwortete nicht.
    Der Zufall führte sie in dem dichten Schneetreiben zu einem der Boote, dessen Drachenkopf dunkel aus der Weiße ragte, die Himmel und Erde füllte.
    Aber es war nur eines der Boote. Es lag allein am Strand, und es war ein Wrack. Das Eis hatte es zerdrückt. Aber unter der dicken Schicht von Schnee fanden sie Felle und Ruder. Damit vermochten sie sich ein wenig gegen den Sturm zu schützen. Er heulte den Rest des Tages und die ganze Nacht wie Seelenwind in seinen besten Augenblicken. Die Reste der Opisbrühe in den Wasserbeuteln waren kalt und schal, aber sie wärmten von innen her, während sie dicht gedrängt in ihrem kalten Unterschlupf hockten. Selbst Nottr wachte endlich auf, als sie ihm die Brühe einflößten.
*
    Am Morgen hatte es aufgehört zu schneien. Der Wind blies noch immer frisch, aber die Wolkendecke riß auf, und die Welt war wieder sichtbar.
    Das Eis erstreckte sich weit hinaus ins Meer, aber Rujden bezweifelte, daß die Eisdecke bereits bis zum Festland reichte. Das Meer konnte nicht in drei Tagen zufrieren. Sie suchten die Küste ab, fanden aber keine Spuren vom anderen Schiff. Weiter im Westen stießen sie auf das Schiff, das sie zurückgelassen hatten, als die Vangorier sie angriffen. Auch dieses Boot saß im Eis fest.
    Aber sie entdeckten dabei offenes Wasser noch weiter im Westen, wo die wärmere Strömung an der steilen Küste der Insel vorbeifloß. Offenes Wasser bedeutete Nahrung. Der Hunger trieb sie über das unwegsame Gelände.
    Und plötzlich brach Rujden in ein triumphierendes Geheul aus.
    Vor ihnen, zwischen den nur leicht vereisten Klippen, lag das dritte Boot. Es war offenbar unbeschädigt und zum Bersten voll mit den überlebenden Sasgen und Lorvanern.
    Es gab viel zu berichten auf beiden Seiten, bei Opis und Fisch. Über die Verlorenen, die plötzlich nicht mehr angegriffen hatten, sondern sich zusammenrotteten und warteten. Aber nach zehn oder zwölf Tagen waren sie alle tot gewesen.
    »Nach zehn oder zwölf Tagen?« entfuhr es Rujden. »Wir sind drei Tage fort gewesen…«
    »Drei Tage?« Das löste allgemeine Verwunderung aus. Ahwor, der das Boot in Rujdens Abwesenheit geführt hatte, schüttelte bedächtig den Kopf. »Dreißig Tage, Rujden. Grimh und Aiser, einen ganzen Mond!«
    Nottr überwand seine Erschöpfung rasch. Er genoß die fürsorglichen Hände der Tigerin. Er hatte ihr Herzfell lange nicht mehr berührt, kam ihm in den Sinn. Aber nun, in diesem Boot mit einem halben Hundert Sasgen, war nicht der rechte Augenblick. Und stärker noch als seine Gefühle für Lella beschäftigte ihn die Erinnerung an das unerwartete Wiedersehen mit Coerl O’Marn.
    Gab es einen Weg, ihn zurückzuholen aus Horcans Reich?
    Aber Horcan blieb stumm.
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