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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition)
Autoren: Daniel Dekkard
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in die Handfläche des Buddha. Aber auf diese Weise konnte die Hand den Kris nicht halten. Er fiele herunter, würde man ihn hineinsetzen.
Aber wie ...?
Dämonenbanner, hatte Ellen gesagt.
Leonard untersuchte die Malereien, die den Buddha umgaben, eine Vogelfigur, eine riesige Schlange, ein blutspeiendes Ungeheuer. Geschickt durch die Pinselführung und den Farbauftrag getarnt, verbargen sich darin schmale Schlitze. Einer im Auge des Vogels, ein anderer im Maul der Schlange. Der Dämon erregte Leonards Aufmerksamkeit. Zornesfalten auf seiner Stirn formten das Chu-Po-Zeichen für die Zahl eins. Das Ungeheuer trug eine Rüstung und der Schlitz versteckte sich in deren gewundenen Linien.
Eine fremde Macht packte Leonard, hob seinen Arm, führte die Spitze der Dolchklinge zum Schlitz in der Rüstung des Dämons. Dort hinein musste die Klinge gestoßen werden.
Eine Stimme befahl es ihm, jene aus seinem tiefsten Innern, die ihn quälte, seit er ein Kind war! Sie hatte ihn hierher gelockt. Dort hinein, rief sie deutlich vernehmbar. Nun wollte er ihr bis zum Ende folgen.
Zeig es mir! Zeig mir, was ich sehen will.
„Widerstehe!“
Sprach der Buddha zu ihm? Erschreckt wollte Leonard zurückweichen, kämpfte dagegen an, schob die zitternden Hände weiter vor.
„Um alles! Widerstehen Sie, Mister Finney!“
Überrascht wandte er den Kopf zur Seite. Wie war das möglich? Sen und Arundhavi.
„Wie sind Sie ...?“, stammelte Leonard.
„Unwichtig“, unterbrach ihn der weißhaarige Chinese. „Auf jeden Fall sind wir noch gerade rechtzeitig gekommen.“
„Überlassen Sie das Auge der Dunkelheit dem Weisen“, sagte Arundhavi mit Nachdruck. „Glauben Sie mir, es ist besser so.“
Unter der Kuppel sammelte sich das Licht des Mondes, sich wieder zu einem Strahl bündelnd. Und wieder bestürmte ihn die Stimme.
Nutze die Gelegenheit. Sie wird nie wieder kommen.
„Tun Sie es nicht!“, hörte er die Warnung.
    Wände und Boden boten keinen Widerstand, nirgends konnten sie greifen, um den Fall aufzuhalten. Manao richtete die Taschenlampe nach vorn, den Tunnel mit dem ersterbenden Licht ausleuchtend. Weit voraus blitzte es auf.
„Was um alles in der Welt ist das?“
Als er es erkannte, schrie er auf. Aus dem Boden und von der Decke ragten eiserne Lanzen in den Gang, die gezackten Spitzen ihnen zugewandt. Die Geschwindigkeit, mit der sie abwärts sausten, reichte, um sie darauf festzunageln. Nini verschloss der Schock die Kehle. Den Mund aufgerissen, aber ohne Laut rauschte sie dem sicheren Tod entgegen. Unaufhaltsam fuhren sie hinab. Stumm verabschiedete Manao sich aus dieser Welt, wollte die Augen schließen.
Aus der rechten Seitenwand ragte ein Vorsprung, knapp vor den tödlich blinkenden Lanzen. Instinktiv griff er danach. Mit einem Ruck wurde sein Abgleiten abgebremst. Ninis Beine knallten gegen seine Schulter und sie wurde über ihn hinweggeschleudert. Manao bekam sie unter der Achsel zu fassen und fing ihren Sturz ab. Ihr rechtes Bein schrammte über das erste scharfe Eisen. Sekunden hingen sie im Gang. Mit den Füßen stemmte sich Nini gegen die Lanzen. Manao packte den Vorsprung mit beiden Händen. Es war der kahle Schädelknochen eines Menschen, durchbohrt von einer stählernen Nadel. Sie fixierte das Skelett in der Seitenwand eines abzweigenden Schachtes. Ihr Leben verdankten sie dem unglücklichen Ende eines anderen. Manao zog sich ein Stück aufwärts, bis er die Mauerkante greifen und sich in den Schacht zwängen konnte. Dann half er Nini, zu ihm hinaufzuklettern.
„Jesus Maria!“, stöhnte er, als er langsam zu Kräften kam. Sie krabbelten über das Skelett hinweg und krochen auf dem Bauch liegend voran. Sie mussten es wagen. Auch wenn die bleichen Knochen belegten, dass dieser Gang ebenso tödliche Fallen bereithielt wie der, dem sie gerade entkommen waren.
    Leonard suchte nach einer Ausrede.
„Warum sollte es gefährlich sein? Alles hier sieht völlig harmlos aus. Friedlich. Arundhavi kann es Ihnen bestätigen. Das Heiligtum in Bagan war erheblich bedrohlicher.“
„Von der Warte betrachtet sicher richtig“, meinte Arundhavi zögerlich.
„Zum Teil haben Sie recht, Mister Finney“, sagte Sen und übte sich in Geduld. „Die Hüter dieses Kultes waren tatsächlich in der Lage, tiefer in das Geheimnis des Kosmos vorzudringen als je ein Mensch zuvor. Sie konnten künftige Dinge sehen und solche, die in der Vergangenheit verborgen lagen. Aber dieses Wissen ist nur den Auserwählten bestimmt. Es
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