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Das Atmen der Bestie (German Edition)

Das Atmen der Bestie (German Edition)

Titel: Das Atmen der Bestie (German Edition)
Autoren: Graham Masterton
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den des Mädchens. Er lief dunkelrot an.
    »Mensch, so was tust du ständig«, beklagte er sich irritiert. »Die müssen doch glauben, dass ich der reinste Sex-Maniac bin.«
    Wir tranken unser Bier aus und nahmen ein Taxi zur Pilarcitos Street hinauf. Es war eine dieser kurzen, verschlungenen Straßen, in denen man sein Auto parkt, wenn man ein japanisches Restaurant auf der Hauptstraße besuchen will, und das man dann nachher, weil man zu viel Tempura und Sake intus hat, nie mehr wiederfindet. Die Häuser waren alt und still, mit Türmchen, Giebeln und schattigen Eingängen, und in Anbetracht, dass die Mission Street nur einige Hundert Meter entfernt verlief, schienen sie seltsam vor sich hin zu brüten und nicht mit der Gegenwart verbunden.
    Dan und ich standen im warmen Abendwind vor der Nummer 1551 und sahen zu dem gotischen Turm und dem mit Holz verkleideten Balkon auf, an denen die graue Farbe absprang wie Schuppen von einem toten Fisch.
    »Du glaubst also nicht, dass ein solches Haus atmen kann?«, fragte er mich und rümpfte die Nase.
    »Ich glaube nicht, dass irgendein Haus atmen kann. Aber es riecht, als ob die Rohrleitungen mal überprüft werden müssen.«
    »Um Gottes willen«, klagte Dan. »Keine Fachgespräche mehr nach Dienstschluss. Glaubst du, dass ich zu Cocktailpartys gehe und dabei die Haare meiner Gastgeber nach Läusen absuche?«
    »Bei dir würde mich das nicht wundern.«
    Ein rostiges schmiedeeisernes Tor und fünf Stufen führten zum überdachten Vorbau. Ich drückte das Tor auf, das aufstöhnte wie ein sterbender Hund. Dann gingen wir die Stufen hinauf und suchten im Dunkeln nach einer Klingel. Alle Fenster der unteren Etage, die zur Straße zeigten, waren dunkel und geschlossen, sodass uns Pfeifen oder Rufen aussichtslos schienen. Unten am Hügel raste ein Polizeiwagen mit heulender Sirene vorbei und ein Mädchen, das mit zwei jungen Männern die Straße entlangstolzierte, kicherte laut. All dies geschah innerhalb unserer Sicht-und Hörweite und doch herrschte hier am Eingang zu Nummer 1551 nichts als dunkles Schweigen und ein Gefühl, als wirbelten vergessene Jahre an uns vorüber, die aus dem Briefkasten und unter der verzierten Vordertür herausrannen wie der Sand aus Säcken.
    »Hier ist ein Klopfer«, sagte Dan. »Vielleicht sollte ich ein paarmal klopfen.«
    Ich schielte in die Finsternis. »Solange du dabei nicht ›Nimmermehr‹ zitierst.«
    »Jesus«, sagte Dan. »Sogar der Türklopfer ist gruselig.«
    Ich trat etwas näher heran und schaute ihn an. Es war ein gewaltiger, antiker Klopfer, der vom Alter und Wetter ganz schwarz geworden war. Er hatte die Form einer seltsamen, knurrenden Kreatur, etwas zwischen Wolf und Dämon – nicht gerade einladend, fand ich. Jemand, der so etwas freiwillig an seine Vordertür hing, musste etwas seltsam sein, es sei denn, er hatte an Albträumen Spaß. Unten auf dem Türklopfer stand ein einzelnes Wort eingraviert: Rückkehr.
    Weil Dan noch zögerte, benutzte ich den Klopfer drei-oder viermal. Der Klang hallte leise drinnen im Haus wider und wir warteten geduldig vor der Tür, dass Seymour Wallis reagierte.
    »Was, glaubst du, ist das? Das Ding da auf dem Klopfer?«, fragte Dan.
    »Keine Ahnung. So eine Art Wasserspeier, vermute ich.«
    »Für mich sieht es mehr nach einem verfluchten Werwolf aus.«
    Ich griff in meine Jackentasche und holte eine Zigarette heraus. »Du hast zu viele alte Horrorfilme gesehen.«
    Gerade wollte ich noch einmal klopfen, als ich drinnen schlurfende Schritte sich nähern hörte. Mehrere Riegel wurden oben und unten von der Tür fortgeschoben und dann öffnete sie sich knarrend einen Spalt, bis sie von einer Sicherheitskette gestoppt wurde. Ich sah Seymour Wallis’ blasses Gesicht vorsichtig durch den Spalt spähen, als ob er Verbrecher erwartete – oder die Zeugen Jehovas.
    »Mr. Wallis?«, fragte ich. »Wir kommen, um das Atmen zu hören.«
    »Oh, Sie sind es.« Offensichtlich war er erleichtert. »Bitte warten Sie einen kleinen Augenblick, ich mache sofort auf.«
    Er schob die Kette fort und die Tür knarrte noch ein Stück weiter auf. Seymour Wallis trug einen kastanienbraunen Bademantel und Pantoffeln, aus denen seine dünnen, nackten, behaarten Beine ragten.
    »Ich hoffe, dass wir Sie nicht gerade von der Abendtoilette abhalten«, sagte Dan.
    »Nein, nein. Kommen Sie herein. Ich habe mich nur gerade fertig gemacht, um ein Bad zu nehmen.«
    »Ihr Klopfer gefällt mir«, sagte ich, »obwohl er etwas unheimlich
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