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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel
Autoren: Garth Nix
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pulsierte. Der Mann verstummte. Er berührte mit der Flasche die Erde, dann das Zeichen aus Holzasche auf seiner Stirn. Schließlich leerte er die Flasche über das Kind.
    Grelles Licht leuchtete auf und erhellte den Wald ringsum, während die glühende Flüssigkeit auf den Kopf des kleinen Mädchens strömte. »Bei der Charter, die alles bindet, nennen wir dich…«, rief der Magier und hielt plötzlich mitten im Spruch inne.
    Üblicherweise nannten die Eltern des Täuflings nun den Namen. Hier aber war nur Abhorsen, und der sagte:
    »Sabriel.«
    Während er das Wort sprach, schwand das Zeichen aus Holzasche von der Stirn des Priesters und erschien wie von Zauberhand auf der Stirn des Kindes. Die Charter erkannte die Taufe an.
    »Aber… sie ist tot!«, rief Arrenil und berührte vorsichtig seine Stirn, um sich zu vergewissern, dass die Asche tatsächlich verschwunden war.
    Er erhielt keine Antwort, denn die Hebamme blickte über das Feuer hinweg wie gebannt auf Abhorsen. Der starrte ins Nichts. In seinen Augen spiegelten sich die tanzenden Flammen, doch er nahm sie nicht wahr.
    Von seinem Körper stieg eisiger Dunst auf. Der Magier und die Hebamme versuchten unauffällig zur anderen Seite des Feuers zurückzuweichen. Sie wollten nichts als fort, hatten jedoch zu große Angst davonzurennen.
    Er konnte das Kind weinen hören, und das war gut. Wäre es bereits durchs Erste Tor gezogen worden, wären weit schwierigere Vorbereitungen notwendig gewesen, das Kind zurückzuholen; überdies hätte dabei auch die Seele des Mädchens Schaden genommen.
    Die Strömung war stark, aber er kannte diesen Arm des Flusses, so watete er vorbei an Senken und durch Wirbel, die ihn in die Tiefe zu ziehen drohten. Jetzt schon spürte er, wie das Wasser seinen Geist auszulaugen suchte, doch sein Wille war stark, und so konnte es ihm nur die Farbe entziehen, nicht aber die Substanz.
    Er hielt inne, um zu lauschen. Als er hörte, dass das Weinen schwächer wurde, eilte er voran. Vielleicht war das Kind bereits am Tor und würde gleich hindurchgezogen…
    Das Erste Tor war ein Dunstschleier mit einer einzelnen dunklen Öffnung, durch die der Fluss in die Stille dahinter stürzte. Abhorsen eilte darauf zu und verharrte. Das kleine Mädchen war noch nicht durchs Tor hindurch – aber nur, weil irgendetwas sie aufgefangen und hochgehoben hatte. Aus dem schwarzen Wasser ragte ein tiefschwarzer Schatten.
    Er war mehrere Fuß höher als Abhorsen, und bleiches Sumpfgas brannte, wo man Augen zu sehen erwartete. Aasgestank entströmte der Gestalt – ein warmer Geruch, der die Kälte des Flusses minderte.
    Langsam näherte Abhorsen sich dem dunklen Schemen, der das Kind in der Ellenbeuge eines kaum erkennbaren Armes hielt. Das Mädchen schlief unruhig und suchte offenbar nach einer Mutterbrust, doch die Schattengestalt hielt es von sich weg, als wäre es brennend heiß oder gar ätzend.
    Langsam nahm Abhorsen ein silbernes Handglöckchen aus dem Bandelier mit Glocken um seine Brust. Doch ehe er es zum Läuten bringen konnte, riss die Schattengestalt das neugeborene Mädchen hoch und sprach mit seltsam zischender Stimme, die sich anhörte, als würde eine Schlange über Kies gleiten:
    »Geist deines Geistes, Abhorsen. Du kannst mich nicht bannen, solange ich dieses Kind halte. Vielleicht nehme ich es mit durchs Tor, durch das schon seine Mutter ging.«
    Abhorsen runzelte die Stirn, als er das Wesen erkannte, und steckte das Glöckchen zurück. »Du zeigst dich in neuer Gestalt, Kerrigor, und bist jetzt auf dieser Seite des Ersten Tores. Wer war so töricht, dir zu helfen?«
    Kerrigor lächelte breit, und tief im Mund des Schattenwesens sah Abhorsen flüchtig Feuer lodern.
    »Einer, der sich rufen ließ«, krächzte die Gestalt. »Doch er war unerfahren. Er wusste nicht, dass es sich um einen Austausch handelte. Sein Leben genügte mir jedoch nicht, um auch durchs Letzte Tor zu gelangen. Doch jetzt bist du ja gekommen mir zu helfen…«
    »Ich, der dich jenseits des Siebenten Tores kettete?«
    »Ja«, wisperte Kerrigor. »Ich sehe, die Ironie entgeht dir nicht. Doch wenn du das Kind haben willst…«
    Er tat, als wollte er das Mädchen in den Fluss werfen. Die Bewegung weckte das Kind. Sofort begann es zu weinen, und die kleinen Fäustchen streckten sich nach dem Schattengebilde Kerrigors wie nach dem Stoff einer Robe. Er schrie auf und wollte die winzigen Finger davon lösen, doch die Händchen klammerten sich fest an ihn. Kerrigors nächste Bewegung
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