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Das 5-Minuten-Grauen

Das 5-Minuten-Grauen

Titel: Das 5-Minuten-Grauen
Autoren: Jason Dark
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ebensowenig.
    Der Schlamm hatte aufgehört zu existieren. Wahrscheinlich hatte ihn Asmodis in die Hölle gezerrt. Mir sollte es recht sein, Hauptsache, ich sah ihn nicht mehr.
    Dafür fanden wir die letzte der Frauen, Clara. Sie hockte am Boden, war ebenfalls schrecklich gealtert und summte leise Lieder vor sich hin. Ich bückte mich, legte zwei Finger unter ihr Kinn und hob den Kopf leicht an, weil ich in ihre Augen sehen wollte.
    Sie hatten sich verändert. Schon öfter habe ich Menschen gesehen, die den Verstand verloren hatten, Clara sah so aus.
    »Laß uns gehen«, flüsterte Rita. »Ich… ich kann es nicht mehr aushalten.« Sie schüttelte sich dabei, als wäre sie von einem Gefühl des Ekels überschwemmt worden.
    »Okay, wir gehen.« Ich behielt meinen Schützling an der Hand, als wir auf die Treppe zuschritten. Sehr langsam und mit schweren Schritten erklommen wir die Stufen.
    »Daß Doras Erbe so fürchterlich sein würde, John, hätte ich nicht für möglich gehalten.«
    »Wir sollten ihr im nachhinein noch dankbar dahinsein, daß sie etwas gesagt hat, sonst hätten diese bösen Frauen noch weitere Opfer bekommen, um ihr Alter zu erhalten. Dabei waren sie schon jenseits der Schallmauer.«
    Ich drückte die Kellertür auf und wollte Rita zuerst in die Halle schieben, aber sie blieb stehen, denn sie hatte die vierte Frau gesehen, die ehemalige Chansonette.
    Von meinem Schlag hatte sie sich wieder erholt. Sie tänzelte durch die Halle, die Perücke in der linken Hand haltend und mit brüchiger Stimme eines ihrer alten Lieder singend.
    Es hörte sich schlimm an, aber auch traurig, denn Georgette erreichte die Höhen nicht mehr. Irgendwann blieb sie krächzend stecken. Für mich war sie eine arme Frau.
    Dann fiel sie um.
    Wir waren nicht schnell genug, um sie auffangen zu können. Glücklicherweise schlug sie mit dem Hinterkopf auf eine gepolsterte Sesselkante.
    »Was willst du jetzt tun, John?«
    »Die Polizei anrufen.«
    Rita erschrak. »Die werden uns festhalten.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Meine Beziehungen sind glücklicherweise nicht auf unsere Insel begrenzt…«
    ***
    Später konnten wir dann zuschauen, wie sie abgeholt wurden. Drei verschwanden in einem Krankenwagen, während es für Flora keine Hilfe mehr gab. Natürlich löcherte man uns mit Fragen, auch mein Sonderausweis half mir dabei nicht viel, dafür ein später geführtes Telefongespräch mit einem Mann, der im Innenministerium etwas zu sagen hatte und der sich auch mit Sir James in Verbindung setzte, so daß die Sachlage bald zu unseren Gunsten geklärt war.
    Als es dämmerte, fuhren wir wieder davon. Ich hatte ein Zimmer in einem kleinen Hotel in Brest bestellt. Wer sich schon eine Kabine geteilt hatte, brauchte auch bei einem Hotelzimmer keine Rücksicht mehr zu nehmen. Ich schickte Rita Wilson in die erste Etage, während ich von der Rezeption aus mit London telefonierte und Suko an den Apparat bekam.
    »Wie ist es bei euch gelaufen?«
    »Schlammig, John.«
    »Moment mal — was sagst du?«
    »Dein Schlamm hat uns…«
    »Aber jetzt ist alles okay?« unterbrach ich ihn.
    »Ja.«
    »Das kannst du mir später erzählen. Ich werde morgen abend in London eintreffen.«
    »Schöne Nacht noch.«
    »Mal sehen.«
    Ich legte auf und hörte die Wirtin fragen, ob ich Wein aufs Zimmer haben wollte.
    »Ja, einen roten, zwei Gläser und etwas Käse.«
    Ich bekam die bestellten Sachen auf ein Tablett gestellt und trug es hoch. Mit dem Ellbogen drückte ich die Klinke nieder, wollte nach Rita Wilson rufen, doch das Wort blieb mir in der Kehle stecken. Noch heute wundere ich mich darüber, daß mir das Tablett nicht entfallen war, denn von Rita Wilson war nur ein schmutzigschwarzer Schlammfleck zurückgeblieben und einige Linien, die von seinem Rand ausgingen und Worte bildeten, die ich erst Minuten später entziffern konnte.
    DEM TEUFEL NIMMT NIEMAND ETWAS WEG! AUCH DU NICHT,
    SINCLAIR!
    Ich wußte, daß diese Nachricht von Asmodis stammte. Die folgende Nacht wurde zu einer der schlimmsten meines Lebens. Über Einzelheiten möchte ich schweigen…
    ENDE
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