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Das 5-Minuten-Grauen

Das 5-Minuten-Grauen

Titel: Das 5-Minuten-Grauen
Autoren: Jason Dark
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dieser Welt. Es war aus einer anderen Sphäre gekommen, die der des Teufels genau entgegenstand. Die drei Frauen spürten, daß sich über ihnen etwas für sie Furchtbares tat und ihr Weltbild zerstören würde.
    Noch standen sie in einem Halbkreis, steif, unbeweglich. Flora hatte die Hände zu Fäusten geballt, Clara die Arme ausgestreckt, als könnte sie den Vorgang aufhalten.
    Erica tat nichts. Sie wirkte steif wie ein Brett, wobei sie plötzlich damit begann, sich zu bewegen, denn sie strich mit den Handflächen über ihren Körper und ihr Gesicht.
    Dabei stöhnte sie auf.
    Zunächst blieb es dabei, bis sie den tiefen Schrecken überwunden hatte und die folgenschweren Worte in die herrschende Stille hineinsprach:
    »Ich altere…« Flüsternd nur, dann aber lauter, sogar kreischend, denn es hallte durch den Keller. »Ich altere…!«
    Ihre Hände bewegten sich in Hektik, als sie die Festigkeit des Körpers und die Straffheit der Haut prüften.
    Es war nicht mehr so wie vor dem Fünf-Minuten-Grauen, das für sie diesmal zu einer schrecklichen Tatsache geworden war.
    Erica verzog das Gesicht. Sie sah dabei aus wie eine angemalte Puppe, wo die Farbe verlief. Aus ihrem offenen Mund drangen würgende Geräusche; sie schlug mit den Handflächen gegen ihren Bauch und hörte dabei das Klatschen, denn die Haut war längst faltig geworden und nicht mehr so straff.
    Dann rannte sie weg. Nach wenigen Schritten verließ sie die Kraft, und sie bewegte sich nur mehr taumelnd voran, bis sie von einer Wand gestoppt wurde.
    Clara erging es ähnlich.
    Auch ihr Körper verlor die künstliche Straffheit. Sogar das Gebiß fiel aus ihrem Oberkiefer und prallte zu Boden. Sie schaute dem Gegenstand hinterher wie einem verlorenen Goldstück.
    Plötzlich überkam es sie, und sie trampelte mit beiden Füßen auf dem Gebiß herum, bis es knirschend zerbrach. Danach brach sie in die Knie, um zu heulen wie ein alter Schloßhund.
    Flora stand noch auf den Beinen. Der Vergleich zu einem sinkenden Schiff, wo nur mehr der Kapitän sich aufrecht hielt, mußte einem Betrachter in den Sinn kommen.
    Sie hatte dem zerstörten Stundenglas, von dem nicht einmal Splitter auf dem Boden lagen, den Rücken zugedreht. Über ihr befand sich die normale, bis zur Decke reichende Leere.
    Beide Arme hielt sie angewinkelt, hob die Hände an, um ihr Gesicht abzutasten.
    Erica hatte von ihrer alternden Haut gesprochen, und Flora fühlte es ebenfalls.
    Sie klemmte ein Stück Haut zwischen die Finger und konnte sie zusammendrücken wie Pudding. Den Mund hielt sie offen, atmete stoßweise, sah aber nicht, was dicht unter der Decke geschah, weil es absolut lautlos ablief.
    Dort zeigte sich noch einmal das Stundenglas, als wollte der Teufel es nicht mehr haben. Er hatte es aus seiner Dimension hervorgeschleudert, schwang wie ein Diabolo auf und nickte, kippte plötzlich, bevor es vehement nach unten raste.
    Es traf Flora!
    Mit seiner unteren Rundung fiel es auf ihren Kopf, der die Glasplatte durchschoß. Sie zersplitterte, ein Kranz aus Scherben drang in den Hals der alten Frau, während sich die übrigen Rest um sie herum am Boden verteilten.
    Flora brach in die Knie.
    Den Boden berührte sie noch, dann starb sie an ihren schrecklichen Verletzungen. Inmitten einer roten Lache blieb sie liegen…
    ***
    So fanden wir sie!
    Erschüttert standen wir vor ihr. Rita Wilson hatte meine Hand ergriffen und klammerte sie dermaßen fest, als wollte sie die Finger nie mehr in ihrem Leben loslassen.
    Sie war stumm, auch ich sagte kein Wort, bis ich durch ein heulendes Schluchzen aufmerksam wurde, in die bestimmte Richtung leuchtete und der Lichtstrahl über eine Wand glitt, vor der eine gebückt dasitzende Gestalt hockte.
    Erica, der ehemalige Vampir, der immer noch davon ausging, den Frühling in sich zu spüren.
    Jetzt war für sie der Winter gekommen, die Zeit der Vergänglichkeit, des Todes.
    Ich leuchtete ihr Gesicht nicht direkt an, trotzdem konnte ich erkennen, wie sehr es sich verändert hatte. »Neunzig«, quetschte sie zwischen lappigen Lippen hervor, »ich bin neunzig geworden. Jetzt bin ich es. Der Teufel…«
    »Hilft nur, wenn er sich einen Vorteil davon verspricht«, vollendete ich den Satz und schaute auf das schon beinahe mumienhafte Etwas, das einmal Erica geheißen hatte.
    »Aber wir haben ihn geliebt.«
    »Es war die falsche Liebe.«
    Sie senkte den Kopf und weinte. Wie lange sie noch leben würde, war nicht zu sagen. Und wo sie den letzten Rest verbringen würde,
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