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Das 2. Buch Des Blutes - 2

Das 2. Buch Des Blutes - 2

Titel: Das 2. Buch Des Blutes - 2
Autoren: Clive Barker
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Fleisch hingeschlagen, jedes Gelenk zerschmettert. Ein kleines Mädchen lag unter ihm, seine blutigen Beule staksten heraus wie zwei rosa Stöcke.
    Er wünschte sich den Revolver des Mannes, um die Hand davon abzubringen, ihn weiter zu berühren. Noch besser, er wünschte sich gleich ein Maschinengewehr, einen Flammenwerfer, irgend etwas Passendes, um die Todesqual wegzu-Als Mick von dem zermalmten Körper aufblickte, sah er Graumantel seinen Revolver heben. »Judd…« sagte er, aber das Wort war kaum über seine Lippen, da wurde die Revolvermündung schon in Graumantels Mund geschoben und der Abzug durchgedrückt.
    Graumantel hatte die letzte Kugel für sich selber aufgespart.
    Sein Hinterkopf öffnete sich wie ein fallengelassenes Ei, die Schale seines Schädels flog weg. Sein Körper erschlaffte und sank zu Boden, der Revolver steckte noch immer zwischen den Lippen.
    »Wir müssen…« fing Mick an und sprach ins Leere. »Wir müssen…«
    Wie lautete das Gebot? Was mußten sie tun in dieser Lage?
    »Wir müssen…«
    Judd war hinter ihm.
    »… helfen«, sagte er zu Mick.
    »Ja. Wir müssen Hilfe holen. Wir müssen…«
    »…gehn.«
    Gehn! Das war’s, was sie tun mußten. Ganz gleich, unter welchem Vorwand, aus welchem noch so fadenscheinigen, erbärmlichen Grund: Sie mußten gehn. Rauskommen aus dem Schlachtfeld, rauskommen aus der Reichweite einer sterbenden Hand mit einer Wunde anstelle eines Körpers.
    »Wir müssen die Behörden informieren. Eine Stadt finden.
    Hilfe holen…«
    »Priester«, sagte Mick. »Sie brauchen Priester.«
    Die Versorgung so vieler Menschen mit den Sterbesakramenten - eine absurde Vorstellung. Dazu hätte es einer ganzen Armee von Priestern, eines Wasserwerfers voll Weihwasser, eines Lautsprechers zur Erteilung des Segens bedurft.
    Gemeinsam wandten sie sich ab von dem Grauen. Sie schlangen die Arme umeinander und lavierten sich dann durch das Blutbad zum Wagen.
    Er war besetzt.
    Vaslav Jelovsek saß hinterm Steuer und versuchte, den Volkswagen zu starten. Er drehte den Zündschlüssel einmal. Zweimal. Beim dritten Mal sprang der Motor an, und die Räder drehten durch in dem scharlachroten Schlamm, als Jelovsek den Rückwärtsgang einlegte und den Weg bergab zurückstieß.
    Er sah die Engländer auf den Wagen zulaufen und Verwünschungen gegen ihn ausstoßen. Da konnte man nichts machen - er wollte das Fahrzeug nicht stehlen, aber er hatte Lebenswichtiges zu erledigen. Er war Schiedsrichter gewesen, er war für den Wettkampf verantwortlich gewesen und ebenso für die Sicherheit der Wettkämpfer. Eine der beiden heroischen Städte war bereits gefallen. Er mußte alles in seiner Macht Liegende tun, um zu verhindern, daß Popolac seiner Zwillingsschwester folgte. Er mußte Popolac nachjagen, um vernünftig mit ihm zu reden. Es mit beruhigenden Worten und Versprechungen unermüdlich bearbeiten und ihm die Schreckensängste ausreden. Mißlang dies, so würde es zu einer weiteren Katastrophe kommen, die der hier in nichts nachstünde, und sein Gewissen war schon zerrüttet genug.
    Mick jagte mit Protestgebrüll dem VW hinterher. Der Dieb achtete nicht darauf, er war vollauf damit beschäftigt, den Wagen im Rückwärtsgang den engen schlüpfrigen Pfad hinunter zu manövrieren. Mick mußte seine Verfolgungsjagd sehr schnell aufgeben. Der Wagen war allmählich auf Touren gekommen. Rasend vor Wut, aber ohne den nötigen Atem, sie auch zu äußern, stand Mick auf dem Weg, die Hände auf den Knien, und keuchte und schluchzte.
    »Sauhund!« sagte Judd.
    Mick schaute den Pfad runter. Ihr Wagen war bereits verschwunden.
    »Hat nicht mal richtig fahren können, das Arschloch.«
    »Wir müssen … ihn … einholen … unbedingt…« würgte Mick atemlos hervor.
    »Wie denn?«
    »Zu Fuß …«
    »Wir haben nicht mal ‘ne Karte… liegt im Wagen.«
    »Mein Gott… um … Himmels willen.«
    Zusammen gingen sie den Pfad hinunter, fort vom Schlachtfeld.
    Nach wenigen Metern begann der Blutstrom zu versanden.
    Nur ein paar stockende Rinnsale sickerten Richtung Hauptstraße weiter. Mick und Judd folgten den blutigen Reifenspuren bis zur Kreuzung.
    Die Strecke nach Srbovac war leer in beiden Richtungen. Die Reifenspuren verliefen nach links. »Er ist noch tiefer in die Berge rein«, sagte Judd und starrte die wunderhübsche Straße entlang zum blaugrünen Horizont. »Der hat sie nicht mehr alle!«
    »Gehn wir den Weg zurück, den wir gekommen sind?«
    »Da sind wir die ganze Nacht auf den
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