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Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Titel: Darwin und die Götter der Scheibenwelt
Autoren: Terry Pratchett , Ian Stewart , Jack Cohen , Erik Simon
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der Wissenschaft – in vernünftigen Grenzen * [* Mit wenigen Ausnahmen, wo die englischen Bezeichnungen auch hierzulande üblich sind, übersetze ich im laufenden Text die Titel von Büchern und Zeitschriften bzw. verwende die Titel vorhandener Übersetzungen (soweit sie brauchbar sind). Für Forscher und Nachforscher gibt es am Ende des Buches eine Liste mit den Originaltiteln. – Anm. d. Übers. ] erhellt die Philosophin Susan Haack den Wirrwarr der Wissenschaft mit einer einfachen Metapher, dem Kreuzworträtsel. Liebhaber dieser Rätsel wissen, dass die Lösung eine wirre Angelegenheit ist. Man arbeitet die Fragen nicht der Nummer nach ab und schreibt die Wörter an die richtige Stelle, um auf wohlgeordnete Weise zur richtigen Lösung zu kommen, falls es nicht gerade ein einfaches Direkträtsel* [* Fast alle deutschen Kreuzworträtsel sind einfache Direkträtsel, wo z. B. die Frage ›Schachfigur‹ und die Antwort ›Läufer‹ lautet. In angloamerikanischen Kreuzworträtseln könnte die Frage ›Bleibt immer auf derselben Farbe‹ lauten – ohne Hinweis, dass es überhaupt um Schach geht. – Anm. d. Übers. ] und man selber ein Experte ist. Vielmehr geht man die Fragen ziemlich zufällig an, nur von einem vagen Gefühl geleitet, welche am leichtesten aussehen (manche Leute finden Anagramme leicht, andere hassen sie). Man vergleicht vermutete Antworten mit anderen, um sicherzustellen, dass alles passt. Man findet Fehler, radiert sie aus, trägt Korrekturen ein.
    Das klingt vielleicht nicht nach einem vernünftigen Prozess, aber das Ergebnis ist durchweg vernünftig, und die Proben und Abwägungen – passen alle Antworten zu den Rätselfragen, passen die Buchstaben alle zueinander? – sind stringent. Ein paar Fehler bleiben vielleicht stehen, wo mehrere Lösungen sowohl zur Frage als auch zu den kreuzenden Wörtern passen, aber derlei Fehler sind selten (und nicht unbedingt Fehler, sondern Nebenlösungen, die der Erfinder des betreffenden Kreuzworträtsels übersehen hat).
    Der Prozess der wissenschaftlichen Forschung, schreibt Haack, ähnelt sehr der Lösung eines Kreuzworträtsels. Lösungen für die Rätsel der Natur kommen vereinzelt und kunterbunt durcheinander. Wenn man sie an den Lösungen für andere Rätsel überprüft, passen die Antworten manchmal nicht zusammen, und dann muss etwas geändert werden. Theorien, die einst als zutreffend galten, erweisen sich als Unsinn und werden verworfen. Vor ein paar Jahren hatte die beste Erklärung für den Ursprung der Sterne eine einzige kleine Schwachstelle: Sie musste davon ausgehen, die Sterne seien älter als das Weltall, in dem sie sich befinden. Zu jedem konkreten Zeitpunkt wirken manche von den Antworten der Wissenschaft sehr solide, manche weniger, manche sind zweifelhaft … und manche fehlen ganz.
    Abermals: Das klingt kaum nach einem vernünftigen Prozess, aber es führt zu einem vernünftigen Ergebnis . All das Überprüfen, Zurückverfolgen und Abändern erhöht sogar unser Vertrauen in das Ergebnis. Immer eingedenk, dass nichts bis ins Letzte bewiesen, nichts endgültig ist.
    Kritiker nehmen diesen wirren und verwirrenden Prozess der Entdeckung oft zum Anlass, die Wissenschaft in Misskredit zu bringen. Diese dummen Wissenschaftler können sich nicht einmal untereinander einigen, sie überlegen es sich andauernd anders, alles, was sie sagen, ist provisorisch – warum sollte irgendwer dieses Durcheinander glauben? Dabei interpretieren die Kritiker eine der größten Stärken der Wissenschaft falsch, indem sie sie als Schwäche hinstellen. Wer rational denkt, muss immer bereit sein, seine Meinung zu ändern, wenn die Tatsachen es erfordern. In der Wissenschaft ist kein Platz für Dogmen. Natürlich bleiben viele einzelne Wissenschaftler hinter diesem Ideal zurück, sie sind auch nur Menschen. Ganze Schulen des wissenschaftlichen Denkens können in eine intellektuelle Sackgasse geraten und sich in Ablehnung verrennen. Im Großen und Ganzen aber werden die Irrtümer früher oder später aufgedeckt – von anderen Wissenschaftlern.
    Die Wissenschaft ist nicht das einzige Gebiet menschlichen Denkens, das sich auf so flexible Weise entwickelt. Die Geisteswissenschaften* [* Das Englische hat für ›Geisteswissenschaften‹ ein besonderes Wort, humanities , und zählt sie nicht zu den Wissenschaften (sciences) im engeren Sinne. Wenn in diesem Buch von Wissenschaft die Rede ist, liegt des Schwergewicht also immer auf den Naturwissenschaften. – Anm.
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