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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens
Autoren: Juergen Neffe
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angeordnet. Die Brigg erhält ein neues Deck. Es wird gleichzeitig so weit angehoben, dass darunter etwas mehr Raum zum Atmen entsteht.
    Am folgenden Tag wird sich Darwin der Enge an Bord bewusst. Meine eigene private Ecke erscheint mir so klein, dass ich die Sorge nicht loswerde, viele meiner Dinge zurücklassen zu müssen . Sosehr sich Planer, Schiffsschreiner und -zimmerleute auch bemühen, den Platz an Bord bestmöglich zu nutzen, das Volumen des Dreimasters können auch sie nicht verändern: Auf knapp achtundzwanzig Metern Länge bei nicht einmal zehn Metern maximaler Breite müssen neben zehn Kanonen und Munition, Vorräten für Monate, Ausrüstung für alle Fälle und Instrumenten für die Vermessung der Küsten, Buchten und Inseln
insgesamt vierundsiebzig Menschen mit ihrer persönlichen Habe Platz finden.
    Mir bleiben nur ein Koffer und mein kleiner Rucksack, um meine Habseligkeiten zu verstauen. Kleidung für alle Klimazonen, für Tropen, Wüsten, Steppen, Hochgebirge und arktische Gefilde. Badelatschen neben Wanderstiefeln, Moskitonetz neben Wollmütze und Handschuhen, leichter Schlafsack, Waschzeug und Erste-Hilfe-Set, Taucherbrille und Schnorchel, Ersatzbrillen, Telefon, Kamera, Fernglas, Lupe, allerlei Ladegeräte, ein Satz Tage- und Notizbücher, Stifte. Nur für das Wichtigste fehlt der Platz: Literatur.
    Darwin kann auf eine Bordbibliothek von rund hundert Büchern zurückgreifen - Reiseberichte, Bestimmungswerke, Monografien. Meine Bibliothek mit all seinen Schriften, die viele Bände füllen, mit Karten, Material über Länder und Leute, mit historischen Stichen, Briefen und dazu noch eine stattliche Sammlung von Musikstücken und ein paar Hörbüchern wiegt nicht mehr als der Laptop, auf dem sie gespeichert sind. Wo Darwin Tausende Steine, Fossilien, Skelette, Bälge, Felle, Insekten, Muscheln, eingelegte Meerestiere und getrocknete Pflanzen sammelt und in Kisten und Fässern nach Hause schickt, will ich mich auf gewichtlose Souvenirs beschränken. Nichts bringen, nichts mitnehmen außer Bildern und Geschichten.
    Unter allen Mitreisenden genießt Darwin eine Sonderstellung. Da er dank seines Vaters selbst für die Kosten der Passage aufkommt, kann er sich im Rahmen der Route frei bewegen. Er trägt keine Verantwortung außer für sich selbst. Noch geht er davon aus, innerhalb weniger Wochen aufbrechen zu können. Seinem Bruder Erasmus schreibt er nach London: Was für ein herrlicher Tag wird der 4. November für mich sein. Mein zweites Leben wird dann beginnen, und er soll für den Rest meines Lebens wie ein Geburtstag sein .
    Dieser Tag verstreicht jedoch wie der nächste und die darauf folgenden, ohne dass an eine Abreise überhaupt zu denken ist. Am 12. November kehrt Darwin begeistert von einem Besuch auf der Beagle zurück. Die Männer waren gerade damit fertig, sie zu streichen, und natürlich waren die Decks klar und die Dinge verstaut. Zum ersten Mal fühlte ich eine Art maritimer Leidenschaft; niemand konnte sie ohne Bewunderung betrachten. 21. November: Brachte alle meine Bücher und Instrumente an Bord der Beagle . 23. November: Dies war ein sehr wichtiger Tag in den Annalen der
Beagle. Um ein Uhr wurde sie aus ihrer Vertäuung gelöst und segelte fast eine Meile bis Barnett Pool. Hier wird sie bleiben, bis der Tag der Abreise kommt .
    Dort, in den Gewässern vor Plymouth, nehme ich erstmals die Spur der Beagle auf, nachdem ich wochenlang Darwins Lebensspuren durch England gefolgt bin - vom Geburtshaus in Shrewsbury über die Universitätsstadt Cambridge, wo ich in die heiligen Hallen des Darwin-Archivs vorgelassen wurde und seinen greisen Ururenkel Richard Darwin Keynes besuchte, über London bis zu seinem Wohnhaus im Dörfchen Downe in Kent, wo er alle wichtigen Werke verfasst hat. Im Hafen beginnt das Fragen, das mich auf der gesamten Reise begleiten wird. Die meisten Seeleute wissen von dem Schiff und seinem berühmten Passagier, kennen aber keine Details. Von hier sind schon so viele Weltreisende und Auswanderer aufgebrochen, dass Darwin kein besonderes Interesse zuteilwird. Ein Gefühl für alte Schiffe, höre ich immer wieder, könne ich mir genauso gut auf der nachgebauten Mayflower verschaffen. Doch ich will kein falsches Schiff, sondern den echten Ort.
    Dann hilft mir das Glück, dem der Reisende oft mehr verdankt als Planung und Verstand. Ein alter, wetterharter Kapitän auf einem Ausflugsboot, er nennt sich Adrian, entpuppt sich als kundiger Hobbyhistoriker. Die Werft in
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