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Darkons Tod

Darkons Tod

Titel: Darkons Tod
Autoren: Hubert Haensel
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aber in eine purpurne, pelzverbrämte Robe gekleidet, antwortete ihm:
    »Wir waren lange genug unterwegs – doch das ist der Todesstern, der uns verheißen wurde.«
*
    Der »Fisch« senkte sich neben dem Schiff nieder, das der Phanus so verblüffend glich. Aus der Nähe betrachtet, konnte es keine Zweifel mehr geben, daß es von Angehörigen desselben Volkes erbaut worden war. Rundum geschlossene Boote wie dieses eigneten sich vorzüglich zum Durchqueren der Schattenzone, mit ihnen konnte man aber auch sicher die Meere der Lichtwelt befahren.
    Zu sehen war niemand – selbst als Steinmann Sadagar eine Strickleiter emporkletterte und sich mit nicht zu überhörender Heftigkeit an mehreren verschlossenen Luken zu schaffen machte.
    »He«, rief Gerrek. »Wo steckt ihr?«
    Niemand antwortete ihm.
    Und wenn den Fremden gelungen war, was jedem vor ihnen verwehrt blieb, wenn sie inzwischen im Innern des Todessterns weilten?
    »Kommt schon«, winkte der Beuteldrache seinen Begleitern. »Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    Von irgendwoher erklang eine seltsame Melodie. Leise erst und einschmeichelnd, dann lauter werdend, schrill und abgehackt. Sie schmerzte in den Ohren und erzeugte ein Gefühl seltsamer Benommenheit.
    »Das klingt, als würde ein Beuteldrache auf seiner Flöte spielen«, spottete der Kleine Nadomir.
    »Pah«, machte Gerrek. »Die Klänge, die ich meinem Instrument entlocke, sind lieblicher.«
    Als die Melodie verklang, standen sie am Anfang einer Schlucht. Schroffe Felszacken erweckten den Anschein verzerrter Dämonenfratzen, die zu den Menschen herabstarrten. Keiner der vier vermochte sich eines gewissen Schauders zu erwehren. Ein Wechselspiel von Licht und Schatten schien den großen Steinen Leben einzuhauchen. Gerrek ertappte sich dabei, daß er unwillkürlich sein Kurzschwert aus der Scheide zog. Auch Glair und Sadagar starrten zu den grob gehauenen Fratzen hinauf, deren Münder weit genug geöffnet waren, daß ein einzelner aufrecht darin stehen konnte. Nur der Königstroll zeigte sich unbeeindruckt.
    »Die Töne müssen aus einem der Rachen erklungen sein«, sagte er.
    »Sie kamen tiefer aus der Schlucht«, behauptete Gerrek, sein Schwert fest umkrampft haltend.
    Der Kleine Nadomir lächelte.
    »Gib zu, daß du davor zurückschreckst, da hinaufzusteigen.«
    »Ein Beuteldrache fürchtet sich nicht – weder vor dem Tod noch vor Dämonen, das sollte dir längst klar sein.«
    »Worauf wartest du dann?«
    Heftig stieß Gerrek seine Klinge in die Scheide zurück. »Gewiß nicht darauf, in die Irre zu laufen.«
    Es blieb still ringsum, und gerade diese Stille wirkte bedrückend: Hoch über der Schlucht glitt eines der letzten fremden Schiffe dahin. Seine Galionsfigur war der Schädel einer riesigen Schlange, die an Yhr, die Schlange der Finsternis, erinnerte, und der Kiel wurde von ihrem sich windenden Leib gebildet.
    Waren es doch Krieger des Bösen, die da kamen? Gerrek zog seine Flöte aus seinem Hautbeutel hervor und begann darauf zu spielen. Die Töne, die er hervorbrachte, glichen dem Heulen eines Gewittersturms, der durch bizarre Ruinen fegt.
    »Hör auf!« schrien Sadagar und Glair wie aus einem Mund. »Dein Spiel treibt jeden Gegner in die Flucht.«
    »Ihr gebt euch wirklich mit nichts zufrieden.« Gerrek bedachte die beiden mit einem verächtlichen Blick und wandte sich kurzerhand um. »Wenn ihr nicht wollt, gehe ich eben allein.«
    Er kam nur wenige Schritte weit. Als erneut das andere Flötenspiel erklang, diesmal unverkennbar aus der Höhe, hielt er überrascht inne.
    »Seid ihr angewurzelt?« rief er. »Wir müssen da hinauf.«
    Ein schmaler, gangbarer Saumpfad führte in vielfältigen Windungen die rechte Felswand empor. An einigen Stellen hatte sich Erde abgelagert. Pflanzen wuchsen hier, mit großen, kelchförmigen Blüten, die sich aber schon bei der geringsten Erschütterung schlossen und in den Untergrund zurückzogen. Zwischen ihnen zeichneten sich die Abdrücke rauher Stiefelsohlen ab. Kein Zweifel, daß erst vor kurzem jemand hier gegangen war.
    Von dem veränderten Standort aus wirkte der Dämonenschädel gar nicht mehr wie ein solcher. Die dunkel gähnende Öffnung im Fels entpuppte sich lediglich als Eingang einer tiefer in den Berg reichenden Höhle. Von dort kam die Melodie, deren Töne jetzt dem sanften Plätschern eines Flusses ähnelten und so ganz anders waren als die oftmals schrillen Akkorde, die Gerrek seinem Instrument entlockte.
    Rauch kräuselte sich ins Freie, im
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