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Dark Village 02 - Dreht euch nicht um

Dark Village 02 - Dreht euch nicht um

Titel: Dark Village 02 - Dreht euch nicht um
Autoren: Kjetil Johnsen
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hinauf: „Peer! Aufstehen!“
    Niemals , dachte Nora. So werde ich niemals.

3
    Das Erste, was ihm durch den Kopf ging, war der Revolver.
    Er wachte auf und war schweißgebadet. Der Schrecken eines Albtraums saß ihm noch in den Knochen und er dachte: Sie dürfen ihn nicht finden, sie dürfen ihn auf keinen Fall finden.
    Er hatte ihn in die einzige abschließbare Schublade des Schreibtischs am Fenster gelegt. Der Schlüssel war in seiner Hosentasche.
    Er setzte sich halb im Bett auf. Die Hose lag auf dem Fußbo den, genau da, wo er sie am Abend zuvor fallen gelassen hatte, und die Schreibtischschublade sah völlig unberührt aus.
    Atemlos und erschöpft, als wäre er lange gerannt, ließ er sich zurückfallen. Die Matratze war hart. Er strich sich die Haare aus der Stirn und dachte an Nora. Das war nicht richtig, er wusste es. Besser, er hielt Nora und das, was er für sie empfand, auf Abstand. Er sollte ihr sagen, dass sie sich nicht mehr treffen konnten.
    Ich kann mich nicht durch sie aufhalten lassen!
    Er schwang die Beine über die Bettkante. Im Aufstehen zog er sich die Hose an.
    Dann ging er zum Schreibtisch. Der Fußboden unter den nackten Füßen war kalt.
    Bald ist der Sommer vorbei , dachte er und fühlte sich seltsam traurig. Als würde der Sommer ihm etwas bedeuten. Jetzt, wo die Welt dabei war zu explodieren.
    Er schloss die Schublade auf. Da lag nicht nur der Revolver, sondern auch noch ein Blatt Papier. Ein A4-Blatt, einmal in der Mitte gefaltet. Er nahm es und schlug es auf. Es war eine von Elines Zeichnungen.
    Die kleine, schmächtige, durchscheinende Eline hatte immer wieder dasselbe Motiv gezeichnet: zwei Strichmännchen, eins, das stand, und eins, das lag. Die stehende Figur war ein Mann, groß und bedrohlich. Sein Gesicht war leer, abgesehen von zwei Punktaugen und einem Mund mit herabgezogenen Mundwin keln. Ein böser Mann. Ein gewalttätiger Mann. Die liegende Figur war ein Mädchen. Eline hatte zwei Rundungen auf den Oberkörper gemalt, Brüste. Die Beine des Mädchens waren ge spreizt und überall war es rot. Blut.
    Er erinnerte sich, was sie gesagt hatte, als er sie auf die Zeich nung angesprochen hatte. Das ist nichts, was passiert ist . Es ist etwas, was passieren wird. Das war wohl ihre Art, es zu sehen. Manchmal war die Wahrheit – das Leben hier und jetzt – zu brutal, zu gemein.
    Nick faltete das Blatt und schob es zurück in die Schublade. Er nahm den Revolver heraus, wog ihn in der Hand, legte ihn neben sich auf die Bettkante.
    Dann schloss er die Schublade ab. Es gab nichts zu überlegen. Ich tue,
was ich tun muss.

4
    Die vier Freundinnen – Trine, Benedicte, Vilde und Nora – wohnten nah beieinander und hatten es nicht weit zur Schule. Normalerweise trafen sie sich an der alten Bushaltestelle und gingen von dort aus gemeinsam. Nora war meistens die Erste an der Haltestelle, Benedicte die Letzte. Vilde und Trine kamen abwechselnd als Zweite und Dritte.
    Vilde behauptete, dass der Aufbrezel- und Sorgenfaktor die Reihenfolge bestimmte. Benedicte brauchte von allen am längs ten vor dem Spiegel. Und Nora hatte eine Heidenangst, zu spät zu sein, deshalb tauchte sie immer fünf Minuten vor der Zeit auf.
    Vilde grinste dann immer Trine an und flüsterte: „Wir zwei in der Mitte sind die einzigen Normalen hier.“
    Heute kam Trine nicht und gestern fehlte von ihr auch jede Spur. Sie hatten automatisch angenommen, dass sie krank war. Aber zwei Tage hintereinander? Trainingsfanatikerin Trine? Sie sahen sich an.
    Benedicte machte ein Gesicht, als wollte sie sagen: Ist das denn so schlimm? Wie üblich. Für sie war nichts besonders schlimm. Vilde schien genervt.
    „Sollen wir warten?“, fragte Nora.
    „Sie ist bestimmt krank.“ Benedicte zuckte mit den Schultern . Vilde schwieg .
    „Hat jemand mit ihr gesprochen?“ Nora schaute in die Runde .
    Irgendwie hatte sie ein schlechtes Gewissen. Sie war so damit beschäftigt gewesen, sich auf das Date mit Nick vorzubereiten, dass sie nicht mal dran gedacht hatte, Trine anzurufen. Und hinterher war es zu spät gewesen. Sie war erst um halb zwölf nach Hause gekommen.
    Benedicte kaute Kaugummi. Sie zog einen langen rosa Faden aus dem Mund und stopfte ihn wieder zurück. „Ich nicht.“
    „Los, lasst uns gehen“, sagte Vilde. „Sie kommt nicht mehr.“ 
    „ Zwei Minuten können wir doch noch warten“, erwiderte Nora.
    „Sie kommt nicht mehr“, sagte Vilde wieder. „ Trust me. Sinnlos, hier rumzustehen.“
    „Hast du doch mit ihr
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