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Dark Village 02 - Dreht euch nicht um

Dark Village 02 - Dreht euch nicht um

Titel: Dark Village 02 - Dreht euch nicht um
Autoren: Kjetil Johnsen
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Kino?“
    „Nein, ich meine … in der Stadt. Gefällt es dir in Dypdal?“
    „Ja, schon. Klar.“ Er lächelte. „Ist ganz … nett.“
    „Es ist ziemlich übersichtlich“, sagte Nora. „In diesem Kuh kaff passiert nicht viel. Du bist sicher schon weit rumgekom men, oder?“
    „Ja.“ Seine Stimme klang plötzlich wieder reserviert und ein bisschen kühl, genau wie am Telefon, als er zu der Sache mit Benedicte gesagt hatte: Das ist nicht wahr . „Ziemlich.“
    „Mhm.“ Nora schaute woandershin und hoffte, der Moment würde bald vorbei sein. Und ausnahmsweise ging ihr Wunsch in Erfüllung. Der Kartenabreißer kam aus dem Kinosaal und machte die Tür weit auf. Die Leute drängten zum Eingang. Nora und Nick reihten sich in die Schlange ein.
    „Hier ist deine Karte“, sagte Nick.
    „Ah, danke.“
    Zu spät fiel Nora ein, dass sie ihm kein Geld dafür gegeben hatte, aber sie fand es peinlich, ausgerechnet jetzt davon anzu fangen. Sie würde ihm die Karte nachher bezahlen.
    Der Saal war ziemlich klein, mit tiefen roten Samtsesseln. Sie setzten sich in die letzte Reihe. Aus den Lautsprechern kam ein Song. Nora fiel auf, dass Nick der Musik lauschte.
    „Gute Band“, sagte er. „Red Hot Chili Peppers.“
    „Mhm“, machte Nora. Sie kannte die Gruppe nicht. Sie gab sich Mühe, genau hinzuhören. „Wie heißt das Lied?“
    „Das?“ Nick sah sie seltsam an.
    Nora überlegte, ob sie etwas Dummes gesagt hatte. Hätte sie wissen müssen, wie das Stück hieß? War das so bekannt?
    „J-ja?“, stammelte sie.
    „Das Lied.“ Nick räusperte sich. „Das heißt … Ich glaub, das heißt … Suck My Kiss .“
    „Oh.“
    Es purzelte ihr heraus, das eine kleine Wort. Oh. Die Unter treibung des Jahres. Sie hatte ihn gezwungen, S uck my kiss zu sagen. Lutsch meinen Kuss.
    Suck me!
    Oh, ja.
    Und dann hörte sie auch die Textzeile. Es war, als wenn die Musik plötzlich voll aufgedreht würde und die Worte über sie und Nick hereinbrachen:
    Your mouth was made
    To suck my kiss.
    Nora sank noch tiefer in den Sessel. Sie schwieg.
    Nick auch.
    Das Pärchen aus dem Foyer, das in aller Öffentlichkeit rum geknutscht hatte, saß ein paar Reihen weiter vorn. Und jetzt fin gen sie schon wieder an. Nick hustete und rutschte unruhig auf seinem Sitz herum.
    Das Knutschpärchen machte Schmatzgeräusche. Nora sah, wie sich die Hand des Jungen auf dem T-Shirt um die Brust des Mädchens legte. Das Mädchen kicherte.
    Als kurz darauf der Film anfing, hatten Nick und Nora kaum mehr ein Wort miteinander gewechselt. Sie saßen im Dunkeln, Schulter an Schulter. Doch für Nora fühlte sich Nick unendlich weit weg an. Zur Hölle mit Suck my kiss !

2
    Er fühlte den Schmerz irgendwo an einem Punkt in seinem In nern. Dort kam alles zusammen: das, was ihm früher im Leben widerfahren war, die Platzangst, die ihn überfiel, wenn andere ihm zu nahe traten, und die ebenso starke Sehnsucht, dazuge hören zu wollen. Und all das reduzierte sich nun darauf, neben Nora im Dunkeln zu sitzen und zu spüren, dass es jetzt passie ren musste. Das hier war die letzte Chance, seine Chance, seine einzige!
    Er musste sie nutzen und etwas unternehmen, bevor Nora aufstand und ging, bevor sie verschwand, bevor sie ihn durch schaute und die Hoffnung und die Liebe und das Leben mit sich hinaus in die Sommernacht nahm. Weg von mir …
    Nick versuchte, Nora aus dem Augenwinkel anzuschauen, aber er konnte ihr Gesicht nicht sehen. Er betrachtete ihre Hände, sie lagen locker gefaltet in ihrem Schoß. Er nahm seine Hand von der Armlehne. Bis zu ihrer Hand waren es zwanzig, dreißig Zentimeter … Wenn er sie jetzt berührte – was würde sie tun? Würde sie es okay finden? Würden sie ihre Finger inei nanderflechten, wie Verliebte es taten?
    Die Vorstellung machte ihn froh und traurig zugleich. Froh, weil er so gerne mit Nora Händchen gehalten hätte, ein ganz ge wöhnlicher, normaler Junge gewesen wäre. Und traurig, weil er wusste, dass nichts daraus werden würde. Oder vielleicht doch, vielleicht würde es eine Weile funktionieren – aber dann würde es den Bach runtergehen, so wie bisher alles in seinem Leben. Es würde schieflaufen, zu einem Haufen Dreck verkommen, und alle um ihn herum würden leiden müssen, nur weil er von etwas Besserem geträumt hatte.
    Er legte seine Hand wieder auf die Armlehne.
    Was mache ich hier eigentlich? , dachte er. Ich habe hier nichts zu suchen. Ich verdiene sie nicht und sie wird es verstehen.

3
    Am Abend zuvor hatte sie wild
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