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dark canopy

Titel: dark canopy
Autoren: Jennifer Benkau
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dass er dich davon abhalten soll. Du hörst doch auf niemand anderen, nur auf ihn.«
    »Ich frag aber dich nach deiner Meinung, oder?«
    »Ja.« Sie seufzte. »Aber nur aus einem Grund. Um hinterher sagen zu können, dass es bloß die gute alte Amber war, die dich aufhalten wollte. Amber-Hasenfuß.« Sie ließ den Kopf hängen und ihr dunkelblondes Haar fiel vor ihr Gesicht.
    Auch ich senkte den Blick. Ich schämte mich ein wenig, denn ich hatte nicht gewusst, dass sie den spöttischen Spitznamen kannte, den wir ihr als Kinder gegeben hatten. Und nun durchschaute sie auch noch meine Absichten. Hatte ich sie unter- oder mich überschätzt?
    Vor uns schälte sich der Zaun aus messerscharfem Z-Draht aus dem Halbdunkel und wir suchten eine geschützte Stelle, um abzuwarten. Im Osten zeichnete sich die glänzende Kuppel des ehemaligen Kernkraftreaktors vor dem Firmament ab und vor uns, auf der anderen Seite des Zauns, leuchteten die ersten Lichter der Stadt. Die Percents versorgten sie mit Strom aus einem Gezeitenkraftwerk an der Südküste. Vor vier Jahren hatten wir es angegriffen und für ein paar Tage stilllegen können, in der Hoffnung, damit auch Dark Canopy - der Maschine, die den Himmel verdunkelt - den Saft zu stehlen. Doch die DCs, die es in jeder Stadt gab, hatten eigene, geheim gehaltene Stromversorgungen. Es war unser letzter Vorstoß gegen die Percents gewesen, denn getroffen hatten wir nur die Städter und uns selbst, da wir jede Menge Sympathien verspielten. Viele Stadtleute unterstützten den Kampf gegen das Böse theoretisch -aber nur solange die eigenen Hütten warm und sicher waren.
    »Und du würdest tatsächlich einfach ohne ihn gehen?« Amber ließ nicht locker. »Ehrlich, Joy, ich verstehe dich nicht. Ich würde nichts aufs Spiel setzen, wenn ich einen solchen Freund hätte. Du schmeißt ein gutes und sicheres Leben weg. Er liebt dich.«
    Ich stieß ein Atemwölkchen in die Luft. »Er schläft mit mir.« Ja. Er schlief mit mir, wenn mir danach war. Und er schlief neben mir, wenn es das war, was ich brauchte. Er kannte meine Geheimnisse, wie ich seine kannte. Matthial wusste, dass ich manchmal Nahrungsmittel aus dem Gemeinschaftsbestand stahl. Ich wusste, dass er bei Gewitter Albträume bekam. Wir waren zu gute Freunde, um uns zu lieben.
    Amber allerdings hatte offenbar beschlossen, mich in den Wahnsinn zu treiben. »Für die meisten Menschen gibt es zwischen Sex und Liebe einen Unterschied, mag sein. Aber nicht für ihn und nicht für dich, das weißt du genau.«
    »Manchmal gehst du mir auf die Nerven, Amber. Matthial ist mein Freund. Mein bester Freund.« Mit der Betonung schürte ich ihre Eifersucht. »Weil er mir nicht permanent einredet, dass dies nicht ausreichen würde.«
    Wie erwartet zog Amber ihre Hand aus meiner Tasche. »Bis er dir einen Braten in die Röhre schiebt, dein ›bester‹ Freund.«
    »Wir passen auf« Amber wusste nicht, dass ich nicht fruchtbar war, meine Periode nie bekommen hatte, und sie hätte auch nicht verstanden, welche Erleichterung das für mich darstellte. Es war ein weiterer Grund, den Clan früher oder später zu verlassen. Kinder waren in unserer Gesellschaft wichtig, all unsere Hoffnung baute auf nachfolgende Generationen. Wenn wir es nicht schaffen, uns unser Land zurückzuholen, sagte Mars immer, dann ist es unsere Aufgabe, unseren Kindern den Weg zu ebnen. Entscheidend ist, dass wir gewinnen, das Wann ist nicht so wichtig. Wenn er etwas Derartiges sagte, sah Matthial mich immer auf diese bestimmte Weise an, die mir einen Stein in den Magen legte. Ich hatte früh erkannt, dass es zwischen uns keine ernsthafte Liebe geben konnte, und ich hatte mein Herz sehr viel besser im Griff, als Amber dachte. Matthial und ich hatten keine Zukunft. Ich würde ihm nie die Kinder gebären können, die der Clan von seinem Anführer verlangte. Besser, ich ging, bevor er genau das von mir erwartete.
    Amber schmunzelte, als wäre sie mir in einer entscheidenden Sache weit voraus. »Ihr passt auf, so so. Na, das denken sie alle.«
    Ich hatte keine Lust mehr auf diese Diskussion, sie würde in einem ernsten Streit enden. Alles, was ich nicht wollte, war, mit meiner Freundin zu streiten. Nicht jetzt, da wir in die Stadt Vordringen mussten, und erst recht nicht, da ich mit dem Gedanken spielte, sie alle für immer zu verlassen. »Können wir das Thema beenden?«
    Amber verzog missbilligend den Mund. »Natürlich.« Leise, wie zu sich selbst, fügte sie hinzu: »Du sprichst ja
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