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dark canopy

Titel: dark canopy
Autoren: Jennifer Benkau
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sowieso nur über das, worüber du sprechen willst.«
    »Danke für dein Verständnis«, gab ich demonstrativ freundlich zurück und schätzte die Zeit am Himmel ab.
    In einer halben Stunde würde die Sonne aufgehen und die beiden Stunden einläuten, in denen die Percents in ihren Häusern blieben. Ihre Haut reagierte überempfindlich auf das UV-Licht, weshalb sie den Himmel für viele Jahre gänzlich verdunkelt hatten. Infolgedessen war es zu verheerenden Hungersnöten gekommen, die wohl auch an den Percents nicht spurlos vorbeigegangen waren. Schließlich hatten sie experimentiert, wie viel Sonne sie der Natur zugestehen mussten, um ein Mindestmaß an Ernteerfolgen sicherzustellen. Was bedeutete: ihren Eigenbedarf und zusätzlich so viel, wie nötig war, um die für sie arbeitenden Stadtmenschen am Leben zu erhalten.
    Sie schalteten Dark Canopy ab, nachdem die Sonne unterging, und nahmen es zwei Stunden nach Sonnenaufgang wieder in Betrieb. Diese beiden Stunden waren unsere beste Chance, mit den Städtern in Kontakt zu treten, denn zu dieser Zeit patrouillierten allenfalls einzelne Percents in Schutzanzügen, in denen wir sie leicht ausmachen und uns rechtzeitig vor ihnen verbergen konnten. Die Ausgangssperre, die in diesen Stunden galt, erleichterte unser Vorhaben allerdings nicht wirklich.
    Wenig später knipste Amber sich mithilfe ihres Seitenschneiders Stück für Stück durch eine verborgen liegende Stelle im Zaun. Gemeinsam bogen wir das durchtrennte Eisen auseinander, schlüpften mit unserem Beutel Tauschwaren durch das Loch und schlossen die Lücke hinter uns. Ich wickelte ein wenig Draht darum, damit unser Privatdurchgang geschlossen blieb und von Weitem nicht zu erkennen war.
    Lautlos hielten wir auf die ersten Häuserblocks zu und arbeiteten uns zwischen den Gebäuden voran. Es handelte sich in diesem ärmlichen Stadtteil, nahe dem Zaun, um ein- oder zweigeschossige Wohnbauten. Die Fenster waren verbarrikadiert, um die Bewohner vor der Kälte zu schützen, denn unbeschädigtes Glas suchte man hier vergebens. Angeblich hatten in der Vergangenheit einzelne Familien ein ganzes dieser Häuser für sich gehabt. Angesichts dessen, dass heute jeder Raum von mehreren Menschen bewohnt wurde, konnte ich solchen Erzählungen kaum Glauben schenken.
    In dieser Gegend lebten einfache Arbeiter. Bei ihnen war nichts zu holen, sie hatten selbst weniger als wir, also ließen wir den Bezirk schnell hinter uns.
    Unser Ziel waren die Hochhausschluchten im Inneren der Stadt. Um das prunkvollste Gebäude - das Hotel, den Hauptsitz der Percents - schlugen wir immer einen großen Bogen, doch in den Häusern drum herum hatten wir oftmals Glück. Hier wurden in Familienbetrieben die Waren hergestellt, die man früher zuhauf in den heute leer stehenden Fabriken produziert hatte. Es gab Schlachter-, Weber- und Glasbläserfamilien, ebenso wie Elektriker, Chemiker, Heiler und Apotheker. Zwischen ihnen wohnten weitere Percents, die sie kontrollierten.
    Adrenalin prickelte durch jede meiner Adern, als wir zwischen den Gebäuden hindurchhuschten. Sie waren so gewaltig, dass es am Morgen, wenn die Sonne noch niedrig stand, nicht viel heller wirkte als am späteren Tag, wenn der Himmel wieder finster war. Die Stille war Ehrfurcht erweckend und ließ selbst unsere schleichenden Schritte verräterisch laut klingen.
    Hinter jeder Tür und jedem Fenster vermutete ich den Feind. In den ausgeschlachteten Autokarossen, die auf den Straßen vor sich hin rosteten, konnten sie sich verstecken, ebenso hinter den Müllcontainern. Längst hielt ich meinen Dolch im linken Ärmel verborgen, wo ich ihn schnell erreichen konnte. Hin und wieder erwischte ich mich bei dem Gedanken, dass ich ihn gerne benutzen würde.
    Amber wies fragend in eine Richtung, doch ich schüttelte den Kopf.
    »Zum Schneider«, formte ich lautlos mit den Lippen. Die Schneiderfamilie würde den höchsten Preis für die Felle zahlen und hatte die besten Tauschwaren. Keiner wusste, woher sie all den Kram bekamen, und ich war die Letzte, die es wissen wollte. Das Problem bestand darin, dass wir näher ans Hotel heranmussten.
    Wir erreichten das Haus mit der verfallenen Telefonzelle davor, ohne gesehen zu werden. Natürlich konnten wir nicht einfach die Klingel drücken - während der Ausgangssperre zu klingeln, wäre einem Leuchtsignal für den Feind gleichgekommen. Sie kontrollierten alles, was sie nicht zerstört hatten, und zerstörten, was sie nicht kontrollieren konnten.
    Ich nahm
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