Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Titel: Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)
Autoren: Cordula Stratmann
Vom Netzwerk:
kennen wir Mäuse nicht. Ob es daran liegt, dass wir keiner Sprache mächtig sind? Jaja, ich weiß, in diesem Moment runzeln Sie die Stirn, da ich mich ja seit der ersten Zeile kopfüber in Ihre Sprache stürze. Aber an dieser Stelle sei schon mal so viel gesagt: Mäuse sind zunächst einmal ohne Sprache gedacht. Und um mich geht es hier ja im Augenblick auch gar nicht.
    Mit Sprache können Sie erheblich viel dummes Zeug anstellen. Bei uns Mäusen fällt tatsächlich kein einziges böses Wort. Sie können es drehen und wenden wie Sie wollen, »Fiep!« kriegen Sie nicht böse hin. Gut, wir schubsen halt. Wenn wir uns über den anderen ärgern, dann schubsen wir ihn. Aber darüber hinaus geht von einer Maus weltweit niemals eine Kränkung aus. Haben Sie schon mal irgendwo etwas darüber gelesen, dass sich ein Mäusevolk mit einem anderen im Kriegszustand befindet? Nein, haben Sie nicht. Jetzt werden Sie neidisch, nicht wahr? Das dürfen Sie.
    Wir Mäuse teilen uns alle irgendwie auf der Welt auf und sind auch der Ansicht, dass für jeden ausreichend Platz ist. Wird es uns irgendwo zu eng, gehen wir eben woandershin. Hierbei mag uns natürlich die Tatsache behilflich sein, dass wir von Natur aus eher schmächtig sind und keine großzügigen Behausungen brauchen. Ein weiterer Vorteil, Maus zu sein, besteht darin, dass wir nicht gläubig sind.
    Ich habe immer den Eindruck, die Sache mit Ihren ganzen Göttern, das stresst Sie ganz schön. Sie blättern sich da seit Jahrtausenden dumm und dämlich in ihren Bibeln oder im Koran oder worin noch alles religiöse Fantasien aufgeschrieben wurden, und am Ende verstehen Sie doch immer nur Bahnhof.
    Ich habe einmal für sehr kurze Zeit Aufnahme im Kloster der Frommen Katharinen gefunden und dem dort im Speisesaal ungerahmt hängenden Jesus nachträglich Achselhaare hinzugefügt. Daraufhin wurde ich von der Äbtissin persönlich mit Benzin übergossen und konnte mich gerade noch vor ihrem Streichholz aus dem Gebäude retten, bevor ich in Flammen hätte aufgehen können. Vielleicht denken Sie jetzt, man fügt ja auch keinem Jesus Achselhaare hinzu; ich hingegen sage: noch weniger übergießt man eine Maus mit Benzin. Ganz einfach. Mich könnte gar keiner beleidigen, mit Achselhaaren nicht und auch nicht, wenn er sagte: »Haha! Dein Gott ist ja total fett und stinkt aus dem Mund!«, weil ich eben gar keinen Gott habe. Fehlt mir auch nicht, so was. Das wäre mir an Ihrer Stelle nämlich viel zu verwirrend, wenn ich mir für jeden Einzelnen merken sollte, aha, der wird sauer, wenn du seiner Frau mal aus Spaß am Schleier ziehst. Und der wiederum kann es nicht leiden, wenn du ihm auf der Straße hinterherrufst: »Christen, Pupisten!«
    Gut, mich geht das letztlich gar nichts an. Sie müssen das machen, wie Sie das für richtig halten. Natürlich. Mir wäre das einfach nur zu viel, wenn ich, selbst schon leicht kränkbar, auch noch einen Gott zu verteidigen hätte, der nichts verträgt.
    Schauen Sie mal, in der einen Familie zum Beispiel häufen sich fiese Krankheiten, und dann gibt es meinetwegen auch noch einen Unfall obendrauf, und andere fahren gern mit dem Boot raus.
    Kommt jetzt das Boot von Gott oder die fiese Krankheit?
    Aber bitte, glauben Sie, was Sie wollen. Ist ja genug Platz für alle Ideen.
    Das sag ich nicht einfach so dahin, Herrschaften! Wir haben auf der Erde eine Quadratmeterzahl von circa 510.100.000.000.000 zur Verfügung. Jetzt fragen Sie sich natürlich: Wie kommt eine Maus dazu, die noch nie ein Auto gebaut, ein Telefon erfunden und noch keinen Universitätsabschluss vorgelegt hat, mir etwas vom menschlichen Leben unterbreiten zu wollen, und das mit einem Zungenschlag, der uns Menschen doch eher unschön im Ohr hallt?!
    Tja, dazu kann ich nur sagen, unterschätzen Sie mal die Mäuse nicht. Uns gibt es so lange wie Sie, und Sie sollten die Fähigkeit zur Analyse nicht so leichtfüßig ausschließlich für sich selbst beanspruchen, meine Damen und Herren!
    Ich will Ihnen an dieser Stelle kurz in Erinnerung rufen, dass wir Mäuse es sind, die sich todesmutig Ihren Forschungsversuchen zur Verfügung stellen, dass wir es sind, die Ihnen Aufschluss geben über die Wirksamkeit von Medikamenten oder die Art der Übertragung von unterschiedlichsten Krankheiten und so weiter und so fort. Hätte man all die toxikologischen Untersuchungen oder die zur Produktforschung notwendigen Versuche an Ihnen, meine Damen und Herren, vorgenommen, dann gäbe es Sie, die Krone der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher