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Damon Knights Collection 7

Damon Knights Collection 7

Titel: Damon Knights Collection 7
Autoren: Damon Knight
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zurückgeworfenem Kopf zu ihrem maßlosen Erstaunen in brüllendes Gelächter ausbricht.

Ursala K. LeGuin
Das Ende
     
    An der Meeresküste stand er und schaute hinaus über die schaumgekrönten Wellenlinien bis dorthin, wo die Inseln schemenhaft lagen oder liegen mochten. Dort, sagte er zur See, dort liegt mein Reich. Und die See antwortete, was sie jedem antwortet. Als sich hinter ihm der Abend senkte und die Schaumkronen verblassen ließ und als der Wind einschlief, stand weit weg im Westen ein Stern oder vielleicht ein Licht, aus seiner Sehnsucht geboren.
    Er schritt bei einfallender Dämmerung durch die Straßen seiner Stadt. Die Geschäfte und Häuser seiner Nachbarn waren alle leer, ausgeräumt, gesäubert, der Hausrat weggepackt in Vorbereitung auf das Ende. Die meisten Leute waren beim Weinen in der Erhöhungshalle oder unten mit den Wütern in den Feldern. Aber Lif hatte es nicht über sich gebracht, auszuräumen und wegzupacken; seine Waren und sein Besitz waren zu schwer zum Wegwerfen, zu hart zum Zerbrechen, zu fest zum Verbrennen. Nur die Jahrhunderte konnten sie zerstören. Wo immer man sie aufhäufte oder hinsetzte oder fortwarf, formten sie ein Gebäude, Gebilde, die einer Stadt ähnlich waren. Also versuchte er nicht erst, seine Waren loszuwerden. In seinem Hof stapelten sich noch immer Ziegelsteine, Tausende und Abertausende von selbstgebrannten Ziegelsteinen. Der Brennofen war kalt, aber bereit, und alles andere war auch noch vorhanden, die Tröge mit Ton und trockenem Mörtel und Kalk, die Steinbretter und Tragen und Kellen, die er für sein Handwerk brauchte. Einer der Burschen aus der Notarstraße hatte höhnisch gefragt, ob er eine Steinmauer errichten wolle, hinter der er sich verste cken könne, wenn das gute alte Ende nahe. Ein anderer Nachbar hatte auf dem Weg zur Erhöhungshalle eine Weile die Steinstapel und Tröge und Werkzeuge, die aufgebeugten, gleich-geformten, gutgebrannten, sanft rotgoldenen Ziegel in der goldenen Nachmittagssonne betrachtet und dann geseufzt, als lägen sie ihm alle auf dem Herzen: »Dinge, tote Dinge! Befreie dich von toten Dingen, Lif, sonst zieht dich ihr Gewicht hinab. Komm mit uns, erhebe dich über die endende Welt!«
    Lif hatte einen einzelnen Ziegel aufgehoben und ihn mit einem verlegenen Lächeln auf den großen Stapel geschichtet. Als alle vorbeigezogen waren, hatte er sich weder hinauf zur Halle begeben, noch sich denen angeschlossen, die die Felder vernichteten und die Tiere töteten; er war zur Küste gegangen, zum Ende der endenden Welt, hinter dem nur Wasser lag. Wieder in seiner Ziegelei angelangt, mit einem salzigen Film auf den Kleidern und vom Wind geröteten Wangen, konnte er weder die galgenhumorige, zerstörerische Verzweiflung der Wüter nachempfinden noch die emporstrebende, trauernde Resignation der Kommunikanten der Erhöhung. Er fühlte sich leer und hungrig. Er war ein rundlicher, kleiner Mann, und der Seewind am Rand der Welt hatte ihn den ganzen Abend angeblasen, ohne ihn von der Stelle bewegen zu können.
    »Hallo, Lif!« sagte die Witwe aus der Webergasse, die ein paar Schritte vor ihm die Straße überquerte, »ich sah dich die Straße herunterkommen, und seit Son nenuntergang ist keine Menschenseele mehr vorbeigekommen, und es wird dunkel und so ruhig wie …« Wie ruhig sagte sie nicht, aber dann fuhr sie fort: »Hast du etwas gegessen? Ich wollte gerade meinen Rostbraten aus dem Backofen nehmen, und mein Kleiner und ich werden das viele Fleisch sicher nicht schaffen, ehe das Ende kommt, und es wegzuwerfen, finde ich eine Verschwendung.«
    »Na gut, vielen Dank«, antwortete Lif und schlüpfte wieder in sein Jackett, und sie gingen zusammen durch die Schreinerstraße zur Webergasse durch die Dunkelheit, und der Wind heulte von der See her durch die steilen Straßen. In dem von Lampen erleuchteten Haus der Witwe spielte Lif mit ihrem Kind, dem letztgeborenen Kind in der Stadt, einem kleinen, pummeligen Jungen, der gerade das Aufstehen lernte. Lif stellte ihn hin, und er lachte und klappte zusammen, während die Witwe Brot und den heißen Braten auf dem korbgeflochtenen Tisch deckte. Sie setzten sich zum Essen hin, auch das Baby, das mit seinen vier Zähnen an der harten Brotkruste knabberte. »Wieso bist du nicht oben auf dem Hügel oder in den Feldern?« erkundigte sich Lif, und die Antwort der Witwe kam wie eine selbstverständliche Erklärung: »Oh, ich habe doch das Kind.«
    Lif schaute sich in dem kleinen Haus um, das ihr
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