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Damiano

Damiano

Titel: Damiano
Autoren: R. A. MacAcoy
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Kopf, strich sich die Ärmel zurück und das Haar aus dem Gesicht und holte tief Atem.
    »Komm«, sagte er. »General Pardo erwartet mich.«
     
     
    Damiano ließ sich nicht gern an seinen Vater erinnern, der sich, als er ihn das letztemal gesehen hatte, in grünlichen Eiter aufgelöst hatte. Guillermo Delstrego war unter Schmerzen gestorben und hatte die Fliesen des Arbeitsraums, auf denen er lag, befleckt. Damiano hatte nie erfahren, was für einen Zauber oder was für eine Beschwörung sein Vater ausgesprochen hatte, denn es gab viele Dinge, die Delstrego den jungen Dami nicht sehen ließ, und diese besondere Beschwörung hatte Damiano auch niemals lernen wollen.
    Guillermo Delstrego war nicht unbedingt ein schlechter Vater gewesen. Er hatte für Damiano gesorgt und ihn zumindest einen Teil seiner Künste gelehrt. Er hatte Dami nicht oft geschlagen, aber Damiano hatte auch nicht oft Schläge verdient, und nun schien es ihm, daß sein Vater ihn mehr geliebt hätte, wenn er öfter einmal über die Stränge geschlagen hätte. Einen Mozzarellakopf hatte Marco ihn genannt. Delstrego, selbst einem harten Parmesan zu vergleichen, hätte ihm wahrscheinlich zugestimmt. Doch trotz achtzehn Jahren gemeinsamen Lebens, und trotz seiner Begabung, sich in andere Menschen einzufühlen, mußte Damiano bekennen, daß er seinen Vater kaum gekannt hatte – gewiß nicht so gut jedenfalls, wie der alte Marco ihn gekannt hatte.
    Damiano war seiner Mutter ähnlich, der Delstrego in der Provence begegnet war und die er geheiratet hatte – es hieß, in Piedmont hätte ihn keine genommen – und die vor so langer Zeit gestorben war, daß der Junge keine Erinnerung an sie hatte. Er hatte ihren schlanken Körper, das zarte Gesicht und die großen Augen geerbt, und wenn auch seine Nase um einiges größer war als die ihre gewesen war, so besaß sie doch keine Ähnlichkeit mit dem ausgesprochen römischen Riechorgan lebhafter Färbung, das Guillermo Delstregos Gesicht geziert hatte. Doch Delstrego hatte das Kind als das seine anerkennen müssen, da es Zauberei in der Familie seiner Frau nicht gab und Damiano schon als Säugling Funken gesprüht hatte wie eine Katze.
    War Delstrego in der Hölle? Der Klatsch behauptete, Hexer wären von Geburt an verdammt, aber die Kirche hatte bis jetzt nichts dergleichen verlauten lassen, und Damiano hatte sich nie im geringsten als Verdammter gefühlt. Er ging, wenn die Arbeit es erlaubte, wöchentlich zur Messe und führte gern verzwickte theologische Diskussionen mit seinem Freund, Pater Antonio vom Ersten Orden des Heiligen Franz. Manchmal fühlte er sich der Gunst Gottes gar allzu sicher, wie zum Beispiel damals, als Carla Denezzi ihm erlaubt hatte, ihre bunten Garne zu sortieren, doch er war sich dieses sündigen Hochmuts bewußt und schalt sich jedesmal, wenn das Gefühl allzu stark wurde, einen Sünder und Abtrünnigen. Jedoch sein Vater, der im Sterben den Teufel beschworen hatte, allein wußte, was… Wer konnte mit Sicherheit wissen, wie es um ihn stand? Als Damiano Raphael gefragt hatte, war ihm von diesem empfohlen worden, auf Gott zu vertrauen und sich keine Sorgen zu machen. Das war zwar ein vernünftiger Rat, aber Damianos Frage wurde damit nicht beantwortet. Damiano betete morgens und abends darum, daß sein Vater nicht in der Hölle sein mußte.
     
     
    Mittag war längst vorbei, doch es war empfindlich kalt. So kalt, daß es leicht hätte schneien können. Der Himmel hing schwer und dunkel wie eine umgestülpte irdene Schüssel über der Stadt und ihren verlassenen Straßen.
    Wo waren die Menschen von Partestrada? Wohin war Paolo Denezzi samt seiner ganzen Familie geflohen? Nicht daß Denezzi mit seinem schwarzen Bart und seinem bärbeißigen Wesen Damiano gefehlt hätte. Seine Schwester Carla jedoch…
    Die Stadt war die eine Sache, ein bunter Haufen von Bauern, Händlern und Handwerkern, namens Partestrada. Damiano bedeutete sie alles, was Florenz einem Florentiner gab, ja, mehr noch, denn sie war klein und brauchte Pflege.
    Carla Denezzi war eine ganz andere Sache. Sie war blond und ihre Augen konnten wie die Raphaels tief in alles eindringen. Damiano hatte ihr eine Goldschnittausgabe der Werke von Thomas von Aquin geschenkt, die er eigens in Turin gekauft hatte. Er fand, Carla wäre das Juwel am Halse Partestradas. Damiano war daran gewöhnt, Carla einem hübschen Kätzchen gleich am Fenster oder auf der Loggia des Hauses ihres Bruders zu sehen, wo sie zu lesen oder sich mit einer
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