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Damiano

Damiano

Titel: Damiano
Autoren: R. A. MacAcoy
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fallen.
    »Gut«, sagte er milde. »Gehen wir.«
    Er trat auf die kleine geländerlose Veranda neben den Sergeant. Hinten sah ein starr aufgerichteter weißer Schwanz unter seinem Gewand hervor.
    Der Sergeant vermerkte die rotgoldenen Farben des samtenen Gewandes und seine modisch geschnittenen Ärmel. Im stillen hohnlachte er. Er vermerkte auch den schwarzen, mannshohen Stab, der wie das Zepter eines Königs geziert war.
    »Den laßt hier.«
    Damiano lächelte über das Mißtrauen des Soldaten.
    »Gerade nicht. Pardo wird ihn sehen wollen.« Er sprach mit großer Sicherheit, als wäre er und nicht der Soldat gerade noch in Pardos Gesellschaft gewesen.
    Brummig, aber unsicher ließ der Sergeant ihn vorbei.
    »Kommt Ihr auch?« erkundigte sich Damiano, der schon auf der Treppe war, und drehte sich verwundert um. Der Sergeant war an der offenen Tür stehengeblieben. Seine nackten braunen Knie waren jetzt auf Augenhöhe von Damiano. »Damit Ihr aufpassen könnt, daß ich mich nicht verdrücke, indem ich plötzlich über die Stadtmauer springe oder mich in einen Falken verwandle und davonfliege.«
    »Ich muß das Haus bewachen«, erwiderte der Soldat stur.
    Damiano starrte ihn einen Moment lang an, während ihm alle möglichen Vermutungen durch den Kopf schossen, dann stieg er weiter die Treppe hinunter.
    Unter dem Torbogen bei den Ställen stand noch einer von Pardos Soldaten; ein hochgewachsener Mann mit einer langen Narbe am Bein. Auch er ließ Damiano passieren und blieb an seinem Platz.
    Die Straße war gar nicht so verlassen, wie es vor kurzem den Anschein gehabt hatte. Sie war von dunkelgewandeten Soldaten wie gesprenkelt, die sich vor dem Staub der Straße und dem Mörtel der Hauswände ausnahmen wie schwarze Pfefferkörner auf weißem Milchbrei. Damiano hatte Milchbrei nie ausstehen können. Ebensowenig gefiel es ihm jetzt, die Straßen von Partestrada so fremd zu sehen. Er hatte seine Vaterstadt gern.
    Mit seinem Hexengespür – das mit Gehör oder Gesicht nichts gemein hatte, sondern eher mit der leichten Berührung einer Feder im Gesicht – konnte er fühlen, daß sich in keinem der rechteckigen Häuser, die ihn umgaben, ein Mensch aufhielt. Er umfaßte seinen Stab fester und schritt voran. Prompt stolperte er über Macchiata.
    »Hinaus mit dir«, schimpfte er, hob den Saum seines Gewandes und gab der Hündin mit dem Fuß einen Puff. »Geh hinter, vor oder neben mir, aber nicht unter mir.«
    Macchiata legte die Ohren an. »Du hast mich doch dahin verbannt, und ich konnte nichts sehen.«
    Damiano setzte sich wieder in Bewegung und hoffte, niemand hätte die Szene bemerkt.
    »Weil ich dich vor dem Soldaten in Schutz nehmen wollte. Er hätte dich jeden Moment anspucken können, und ich hätte nichts dagegen tun können. Was wäre dann gewesen, hm?«
    Die Hündin antwortete nicht. Sie wußte die Antwort nicht.
    Aber jemand hatte die Szene doch bemerkt. Der alte Marco nämlich; nicht einmal Krieg und feindliche Belagerung konnten ihn von seinem gewohnten Platz neben dem Brunnen vertreiben, wo er mit einer Flasche von Alustos minderwertigstem Wein zu hocken pflegte. Damiano konnte auf diese Entfernung seine Gesichtszüge nicht erkennen, doch an der Körperhaltung und an der schmutzigen roten Wolljacke erkannte er, daß es Marco war. Damiano würde dicht an dem Alten vorübergehen und mit ihm sprechen müssen, da Marco einer von Guillermo Delstregos engsten Freunden gewesen war. Vielleicht sein einziger Freund.
    Aber Marco war unerträglich; deshalb verneigte sich Damiano, als er an ihm vorüberkam, auch nur in der Richtung zum Brunnen und rief, »Gott mit dir, Marco«, in der Hoffnung, der alte Säufer wäre schon bewußtlos vom vielen Wein. Es war ja immerhin bereits Mitte des Nachmittags.
    »Ha?« Marco war nicht bewußtlos. Er rappelte sich hoch und kam, die Weinflasche in seiner braunen Hand haltend, auf Damiano zu. Macchiata gähnte ein quietschendes Hundegähnen und senkte den Schwanz. Sie wußte, was kommen würde. Damiano ging es ähnlich.
    »Dami Delstrego? Ich dachte, du wärst vor drei Tagen vor dem Heer des Grünen Grafen in die Berge geflogen.«
    Damiano stemmte seinen Stab schräg vor sich in den Boden und stützte sich darauf.
    »Geflogen? Geflohen, meinst du wohl? Nein, Marco. Du hast mich seit drei Tagen nicht zu Gesicht bekommen, weil ich mit einer Mixtur beschäftigt war. Du weißt ja, wie das im November ist; die Leute wollen alle den schleimlösenden Saft meines Vaters für den Winter haben,
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