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Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin
Autoren: Eine englische Liebe
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aber Bertha war sich über ihren Wert im
Klaren. Sie würde warten, bis sie am Ende des letzten Tisches angekommen war,
ehe sie sich einen nahm.
    Das Essen
würde um Mitternacht beginnen, wenn Mrs. Cash auf die Terrasse ging, ihr Kleid
zum Leuchten brachte und ihre Gäste in den Wintergarten führte wie ein Stern.
Zur selben Zeit würden die Kolibris freigelassen werden, um den Gästen den
Eindruck zu vermitteln, dass sie in den Tropen waren. Und Simmons würde so
damit beschäftigt sein, sich um die Prozession zu kümmern, dass er einen
fehlenden Edelstein wohl kaum bemerken würde.
    Teddy wartete auf der Terrasse auf Cora.
Es war eine heiße, ruhige Nacht. Er hörte eine Zikade, die nah bei seinen Füßen
sein musste. Ein großer orangefarbener Mond erhellte die blassen Steine. Die
Marmorplatten auf dem Boden der Terrasse waren von Generationen von Füßen
uneben geworden. Die gesamte Terrasse musste zu einer toskanischen Villa
gehört haben, dachte Teddy, denn die neun Musen, die auf der Balustrade
standen, sahen nicht aus, als stammten sie aus dieser Epoche. Er konnte Mrs.
Cashs Gründlichkeit nur bewundern. Nichts wurde in ihrer Welt dem Zufall
überlassen. Und dennoch kam jetzt Cora, die sich suchend auf der
Terrasse umsah, unbekümmert und ohne Begleitung. Nachdem Mrs. Cash ihnen
gestern mit dem Fahrrad gefolgt war, als sie der Gruppe vorausgefahren waren,
und sich dabei so angestrengt hatte, dass ihr marmorner Teint sich ziemlich rot
verfärbt hatte, wusste er, dass sie nicht damit einverstanden wäre, ihre
Tochter hier bei ihm zu sehen. Er wusste auch, dass er nicht mit Cora allein
sein sollte, sie gehörte nicht zu der Zukunft, für die er sich schon entschieden
hatte; aber hier war sie.
    Als sie
durch die aprikotfarbenen Lichtkreise auf ihn zuging, die von den in den
Bäumen hängenden chinesischen Seidenlampions ins Dunkel geworfen wurden,
bemerkte er auf ihrem Schlüsselbein und ihrem Hals einen roten Abdruck. Er
spürte, dass sie unruhig war. Sie hielt vor ihm an, der Reifrock machte es ihr
unmöglich, anders als direkt vor ihm zu stehen. Er konnte sehen, dass sie
fröstelte, die weichen goldenen Härchen auf ihren Unterarmen standen ab wie
ein Fell. Auf der Unterseite ihres Handgelenks, das wusste er, befand sich eine
winzige Narbe. Gerne hätte er ihre Hand genommen, um sich zu versichern, dass
sie noch da war.
    «Es ist eine so wunderschöne Nacht»,
sagte er. «Heute Morgen habe ich befürchtet, ein Sturm könnte aufkommen.»
    Cora lachte. «Als würde meine Mutter
zulassen, dass in der Nacht, in der ihr Ball stattfindet, schlechtes Wetter
ist. Regnen tut es nur bei zweitklassigen Gastgeberinnen.»
    «Sie hat ein bemerkenswertes Gespür
für Details; sie hat den Standard in Newport sehr gehoben.» Teddy sagte es
leichthin. Sie wussten beide, dass die alte Garde und Teddys Mutter solche
Partys, wie sie die zugezogenen Cashs gaben, übertrieben und vulgär fanden.
    Cora sah ihn an, tastete mit den
Augen sein Gesicht ab. «Teddy, sag mir eins. Gestern, wenn Mutter uns da nicht
eingeholt hätte, was hättest du getan?»
    «Ich hätte unsere angenehme
Unterhaltung darüber fortgeführt, wie deine Chancen stehen, das Bogenschießen
zu gewinnen, und wäre dann nach Hause geradelt, um mich fürs Abendessen
umzuziehen.»
    Er sagte es
absichtlich mit vergnügter Stimme, er wollte nicht an die Farbe denken, die
gestern auf Coras Wangen gelegen hatte, an die goldenen Flecken in der Iris
ihres rechten Auges.
    Aber Cora
ließ sich nicht ablenken.
    «Ich glaube, dass du ...», sie
runzelte die Stirn, «nicht aufrichtig zu mir bist. Ich glaube, auch wenn ich
es natürlich nicht wissen kann, dass du das hier getan hättest.» Sie legte ihre
Hände auf seine Schultern und beugte sich ihm entgegen, leicht schwankend ob
des Gewichts ihres Kleides. Er spürte den warmen trockenen Druck ihrer Lippen
auf den seinen. Er wusste, dass er ihr sofort Einhalt gebieten und vorgeben
sollte, es sei nichts geschehen, und doch wollte er sie so gern küssen. Er
merkte, wie sie in ihrem lächerlichen Kostüm das Gleichgewicht zu verlieren
drohte, und legte seine Hände um ihre Taille, um ihr Halt zu geben, und dann
wurde ihm bewusst, dass auch er sie küsste.
    Als sie sich schließlich voneinander
lösten, lächelte keiner von beiden.
    Cora sagte:
«Also hatte ich Recht.»
    «Natürlich
möchte ich dich küssen, welcher Mann wollte das nicht? Hier sind fünfzig
Männer, die alles dafür geben würden, an meiner Stelle zu sein, aber
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