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Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin
Autoren: Eine englische Liebe
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Augen zu lassen, aus Angst, er könnte dasselbe
vertrauensvolle Lächeln einer anderen schenken. Damals hätten Juwelen ihr
Winthrops ungetrübten Blick nicht ersetzen können. Aber jetzt hatte sie ihre
Tochter, ihre Häuser, und sie war die Mrs. Cash. Sie hoffte, dass
Winthrop ihr diesmal Diamanten mitbrachte. Sie würden so gut zu ihrem Kleid
passen.
    Es klopfte an der Tür, und Winthrop
Rutherford II. trat ein; er trug Kniehosen aus Satin, eine Weste aus Brokat und
die gepuderte Perücke von Louis XV. Sein Vater mochte sein Leben als
Getreidehändler begonnen haben, aber sein Sohn war ein überzeugender
Bourbonenkönig. Mrs. Cash stellte mit Befriedigung fest, dass er in seinem
Kostüm sehr vornehm aussah; es gab nicht viele Männer, die Seidenstrümpfe
tragen konnten. Sie würden ein hübsches Paar abgeben.
    Ihr Gatte räusperte sich. «Du siehst
heute Abend ganz großartig aus, meine Liebe, niemand würde glauben, dass dies
der letzte Ball der Saison ist. Erlaubst du mir, ein kleines Etwas
hinzuzufügen?»
    Mrs. Cash neigte ihren Kopf, als
halte sie sich bereit für das Beil. Winthrop zog das Diamantencollier aus
seiner Tasche und legte es ihr um den Hals.
    «Wieder einmal hast du es
vorhergesehen. Es ist tatsächlich eine Kette», sagte er.
    «Danke, Winthrop. Du hast einen
erlesenen Geschmack. Ich sollte auch die Ohrringe tragen, die du mir letzten
Sommer geschenkt hast; ich glaube, sie passen ganz wunderbar dazu.»
    Ohne zu zögern, griff sie nach einem
der mit Saffianleder bezogenen Kästchen, die auf dem Frisiertisch standen, und
Winthrop fragte sich nicht zum ersten Mal, ob seine Frau seine Gedanken lesen
konnte.
    Von der Terrasse her drangen die
ersten Takte des Radetzky-Marsches nach oben. Mrs. Cash erhob sich und nahm
den Arm, den ihr Mann ihr bot. «Weißt du, Winthrop, ich möchte, dass man sich
an diesen Abend erinnert.»

KAPITEL 2

    Der elektrische Geist
    Als die Van Der Leydens oben an der
berühmten Treppe von Sans Souci standen und darauf warteten, angekündigt zu
werden, dachte Teddy Van Der Leyden, dass seine Mutter die Wahl ihres Kleides
womöglich bereuen würde. Um in einem Saal voller Satin, Samt und Diamanten
schlichten Barchent zu tragen, brauchte man einen starken Willen. Aber Mrs. Van
Der Leyden hatte etwas zum Ausdruck bringen wollen, und es war etwas, das ein
Opfer wert war. Die nüchterne Kleidung der Familie sollte die versammelten
Gäste, und vor allem ihre Gastgeber, daran erinnern, dass die Abstammungslinie
der Van Der Leydens nicht in einer mehligen Sackgasse endete, sondern dass sie
im Gegenteil ihre Abstammung bis zur Mayflower zurückverfolgen konnten.
Das nüchterne Schwarzweiß bedeutete, dass sich selbst hier in Newport einige
Dinge nicht kaufen ließen.
    Teddy Van Der Leyden kannte die
Absicht seiner Mutter, und sie amüsierte ihn. Er war recht froh, eine
gestärkte weiße Halsbinde und einen schwarzen Umhang zu tragen, obwohl er
lieber einer der Gründerväter gewesen wäre, Jefferson vielleicht. Er verstand
ihr Bedürfnis, sich von all dieser eintönigen Üppigkeit abzuheben. Jede Ecke
des verspiegelten Ballsaals glitzerte, jeder Edelstein wurde unzählige Male
reflektiert.
    Solange er zurückdenken konnte, war
er jeden Sommer hierhergekommen, und er war immer froh darüber gewesen, aber
dieses Jahr war es anders. Jetzt, da er beschlossen hatte, nach Paris zu gehen,
wurde er unruhig angesichts all dessen, was an einem Tag in Newport zu beachten
war. Für jede einzelne Stunde war im Voraus festgelegt, was zu tun war –
morgens Tennis im Club, nachmittags Kutschfahrten, und an jedem Abend fand ein
Ball statt, der um Mitternacht begann und nicht vor dem Morgengrauen endete.
Tag für Tag traf er dieselben Menschen, nicht viel mehr als hundert
verschiedene. Nur die Kleider wechselten.
    Er sah Eli Montagu und seine Frau,
er als Christopher Columbus, sie vermutlich als Madame de Pompadour. Er hatte
sie schon am Vormittag in der Spielbank getroffen und gestern auf dem
Fahrradausflug, der so überstürzt geendet hatte. Und morgen würde er sie
wieder treffen, bei dem Frühstück, das die Belmonts ausrichteten, und dann beim
Picknick der Schooners. Er zuckte nicht zusammen wie seine Mutter, wenn er Elis
Vokale hörte, ihn schauderte auch nicht angesichts der ordinären Haarfarbe von
Mrs. Montagu; ihm gefiel die Tatsache, dass man ihre Zähne sah, wenn sie
lächelte. Er wollte eben nur nicht mit ihnen sprechen, legte jedoch Wert
darauf, dass man nicht bemerkte, dass er nicht mit
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