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Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)

Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)

Titel: Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)
Autoren: Guido Krain
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vorne zu einer tödlichen Zange zusammenlaufen. Sie muss es auch nicht sehen; sie kann es fühlen .
    Ihre großen grünen Augen blitzen vor Zorn und fixieren den feigen Clanführer für wenige Sekundenbruchteile. Dann übergibt sie das Schwert ihrem Hass; all die Grausamkeit, zu der sie fähig ist, legt sie in diesen einen Schlag, bis das Schwert selbst zu ihrem Zorn wird. 
    Die gewaltige Waffe schießt fauchend auf den fassungslosen Pheras zu und reißt ihm mit rasiermesserscharfen Klingen den Brustpanzer und die Bauchdecke auf. In namenlosem Grauen starrt Pheras auf seine Därme, die sich unaufhaltsam auf den Boden des Lagerraums ergießen. Hysterisch schreiend fällt er auf die Knie und versucht, seine Eingeweide wieder in den Körper zurückzustopfen.
    Cvon sieht ihm mit vor Entsetzen geweiteten Augen zu. Sie hat nicht gewusst, dass man einem Menschen so etwas Furchtbares antun kann. Das Schwert schon.
    Fassungslos wandert ihr Blick über den blanken ... Stahl? Silber? Doch sie kann der Waffe keine negativen Gefühle entgegenbringen. Außer tiefster Verbundenheit spürt sie überhaupt nichts. Ihr Beschützer hat sie endlich gefunden.
    Doch auch wenn das Schwert keine Gnade kennt ... ihr Herz ist nicht aus Stahl. Auch wenn er es verdient hat, wird sie keiner Kreatur solches Leid antun wollen. Ohne weiter darüber nachzudenken, schlägt sie ihm den Kopf vom Hals.
    Lange steht sie einfach nur da und schaut auf die Leiche herab.
    Eine magere 12-Jährige mit einem zweiklingigen Beidhänder, der fast doppelt so lang ist wie sie selbst. Splitternackt, vom Blut ihres Peinigers und ihrem eigenen bespritzt. Misshandelt und vergewaltigt; ohne Zuhause, ohne Zukunft in einem Haus voller schlafender Räuber und Mörder.
    Doch irgendetwas ... irgendetwas hält sie aufrecht. Eine neue Kälte, die sie vor dem Zusammenbruch bewahrt und die es nicht einmal zulässt, dass sie sich beim Anblick der Leiche übergibt. 
     

     
    Schwer atmend streifte sie die schwüle Umklammerung des Schlafes ab. Minutenlang rang sie um ihre Fassung, bis auch ihr Herz endlich begriff, dass diese schreckliche Zeit lange hinter ihr lag. Sie war kein wehrloses Kind mehr und all die schrecklichen Bilder in ihrem Kopf waren nur der Widerhall der gequälten Seele eines kleinen Mädchens. Nichts als ein Geist vom Ende der Kindheit, der die Kriegerin fast jede Nacht heimsuchte.
    Wie immer galt ihr erster Griff dem Schwert. Sie musste es nicht wirklich berühren, um seine Gegenwart zu spüren. Aber sie tat es gern. Liebevoll strich sie über die wuchtige Waffe, die beruhigend schwer neben ihr auf dem Lager ruhte und vertrieb die letzten Schatten des Traumes. Nur der Schweiß, der ihre Haut mit einem kalten Film überzog, blieb zurück und ließ das Nachthemd wie einen verliebten Geist an ihr kleben.
    Sie schwang die Beine aus dem Bett. Wie jeden Morgen begrüßte das rissige Holz des Bodens ihre Füße mit eisiger Kälte. Und wie jeden Morgen tröstete sie das Amüsement über ihre eigene Zimperlichkeit über die Schatten der vergangenen Nacht hinweg. Sie nahm das Schwert auf, erhob sich und öffnete die Holzkiste, die ihr seit beinahe einem Jahr als Schrank diente. Als sie nach ihrem schweren Lederpanzer griff, durchbrach die Sonne die trübe Wolkendecke. Mit goldenen Fingern griff das Gestirn in ihre Kammer und zeichnete die Maserung des schäbigen Fußbodens nach. Es war viel später, als Cvon vermutet hatte. Beinahe Mittag.
    Sie öffnete die Tür einen Spalt und vergewisserte sich, dass ihr auf dem kurzen Weg zu den Waschräumen niemand begegnen würde. Sie wusste, dass ihr Nachthemd lächerlich wirkte. Es passte so gut zu ihr wie ein rosa Schleifchen den Hals eines Rhar-Priesters schmücken mochte. Doch es war besser als die Alternativen: Sie hätte in ihrem Lederpanzer schlafen können und dann den Morgen mit der Reinigung ihrer Ausrüstung verbringen müssen. Oder sie konnte zum Schlafen vollends auf Kleidung verzichten. Doch bevor sie das getan hätte, hätte sie lieber auf den Schlaf verzichtet.
    Der Flur war leer und Cvon huschte verstohlen aus ihrem Zimmer zu den Waschräumen. Wäre sie in diesem Augenblick gesehen worden, hätte man sie eher für ein scheues Reh, als eine zähe Kämpferin gehalten. Nur das monströse Schwert und die drahtigen Arme, die aus dem weiten Nachthemd herausschauten, störten das Bild. Ihr Schritt war leicht, doch sorglos laut, wie der eines jungen Mädchens. Sie langte am anderen Ende des kurzen Flures an und trat ohne
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