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Cowboy Jim - Alle Geschichten in einem Band

Cowboy Jim - Alle Geschichten in einem Band

Titel: Cowboy Jim - Alle Geschichten in einem Band
Autoren: Sigrid Heuck
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ihr nicht schaffen.« Tom lachte hämisch.
    »So«, sagte Jim, »wenn wir dir aber binnen drei Tagen den Stier zähmen, lässt du mich dann gehen?«
    Tom überlegte.
    Der Stier war nicht zu zähmen. Er selbst hatte schon alles Mögliche probiert, ihn zur Vernunft zu bringen, und was er nicht fertig brachte, schaffte ein anderer auch nicht. Also sagte er: »Meinetwegen, versuch dein Glück. In drei Tagen komme ich wieder her und schaue nach, ob es dir gelungen ist.«
    Kaum war Tom Schiefnase hinter der
nächsten Bodenerhebung verschwunden, sattelte Jim sein Pferd. Es ging ihm nicht darum, irgendwohin zu reiten, nein, er wollte einfach nachdenken. Und wo kommen einem Cowboy die besten Ideen? - Natürlich im Sattel.
    Jim dachte angestrengt nach. Er überlegte mit geschlossenen Augen, er schaute zum Himmel oder auf Mister Tramps Ohren. Als das alles nichts half, drehte er sich im Sattel um und ritt rückwärts. Eines war ihm klar: Er musste den Stier überlisten.
    Jim dachte und dachte. Vor lauter Denken tat ihm schon der Bauch weh. Aber als er auf einmal herrliche rote Erdbeeren zwischen den Steinen entdeckte, merkte er, dass ihm der Bauch nicht vom Denken, sondern vor Hunger wehtat. Er stieg ab und begann zu pflücken. Die Erdbeeren schmeckten köstlich. Jim vergaß den Stier, er vergaß Schiefnase und beinahe hätte er auch sein Pferd vergessen.
    Plötzlich bekam er von hinten einen sanften Stups. Er stolperte. Es war Mister Tramp.
    Das kleine Pferd zupfte an seiner Hosentasche. Das ärgerte ihn. »Lass mich gefälligst in Ruhe!« In diesem Augenblick war er fast so dumm wie der schwarze Stier. Es war doch ganz klar, was Mister Tramp wollte: Er verlangte seinen Anteil von dem Zucker in Jims Tasche. Und deswegen ging er so lange hinter ihm her und stupste ihn, bis der Cowboy ihn verstand.
    Mister Tramps Bettelei brachte ihn auf einen guten Gedanken. Jeder Mensch und jedes Tier hat ein Leibgericht, irgendetwas, was er ganz besonders gern isst. Dass aber ein Leibgericht auch ein Lockmittel sein kann, das hatte ihm das Pferd ja gerade bewiesen. Wenn es ihm gelänge herauszufinden, was der Stier am liebsten fraß, dann könnte er ihn damit hinter sich herlocken und mit ihm die ganze Herde. Jim legte sich auf die Lauer. Keinen Augenblick ließ er den Stier aus den Augen, morgens nicht, mittags nicht, abends nicht und nachts erst recht nicht. Das war besonders schwierig, weil sein Fell so schwarz war.

    Als Jim entdeckte, dass er sich von der Herde entfernte, schlich er ihm geduckt nach. Er versteckte sich hinter Felsen oder unter Sträuchern und achtete darauf, dass er gegen den Wind ging. Seine Füße glitten geräuschlos über den Boden.
    Aber die Mühe war umsonst. Der Stier hatte nur Durst. Er wollte zum Wasser, und nachdem er sich satt getrunken hatte, trottete er wieder zu seiner Herde zurück.
    Jim war enttäuscht.
    Nach einiger Zeit verließ der Stier zum zweiten Mal die Weide. Wieder schlich Jim hinter ihm her. Diesmal war es ein besonders schattiger Ruheplatz, an dem sich der Bulle gemächlich niederließ, um ein Schläfchen zu machen. Aber beim dritten Mal hatte Jim Glück.
    Der Stier lief diesmal besonders weit. Er kletterte den Hügel hinauf, kam auf eine Hochebene und wanderte dort eine Weile in Richtung Sonnenaufgang. Nach kurzer Zeit verwandelte sich die Hochebene in eine kleine Wüste. Jim entdeckte merkwürdige
weiße Flecken im Sand. Zuerst konnte er sich nicht erklären, was sie bedeuten sollten. Dann erkannte er, dass es Salz war.
    Als der Cowboy den mächtigen Bullen an der Salzlecke schmatzen hörte, rieb er sich zufrieden die Hände. Das war das gesuchte Leibgericht. Alles Weitere war einfach.

    Er füllte seinen leeren Zuckerbeutel mit Salz und kehrte zur Herde zurück.
    Am nächsten Morgen wagte Jim den ersten Versuch.
    Zuerst teilte er das Salz in zwei Hälften. Die eine kam in sein rot kariertes Taschentuch, die andere Hälfte ließ er im Beutel. Das Taschentuch steckte er in die Tasche und der
Beutel wurde am Lasso befestigt. Jetzt bestieg er Mister Tramp. Dann schwenkte er Lasso und Beutel vor der Nase des Stieres hin und her. Natürlich roch der das Salz, aber bevor er es erreichen konnte, ruckte Jim ein wenig an der Schlinge, und der Beutel flog hoch in die Luft. Der Bulle, der es gewohnt war, alles zu bekommen, was er wollte, wurde wütend. Er senkte seinen riesigen Schädel und rannte los. »Vorwärts, Mister Tramp, auf geht’s!«, brüllte Jim.

    Er schwang das Lasso über seinem Kopf,
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