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Coruum Vol. 3

Coruum Vol. 3

Titel: Coruum Vol. 3
Autoren: Michael R. Baier
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mit den klimatischen Bedingungen des Petén.
    »Komm schon, Don – trödel nicht!« hörte ich Karen aus dem Ohrhörer.
    Ich war die letzten Minuten in Gedanken vertieft und den Anblick der üppigen Flora genießend zurückgefallen. Jetzt blieb ich stehen, um mich zu orientieren.
    Die Pflanzenwelt wurde ähnlich dicht wie in Coruum. Neu hinzugekommen waren federgleiche Farne und moosähnliche Gewächse, welche die ohnehin kargen Zwischenräume von Ästen und Blättern weiter gegen das Eindringen jeglichen Sonnenlichts abschotteten. Der Pfad, dem ich die letzten Minuten unbewusst gefolgt war, verlor sich im dunklen Schatten der dichten, grünen Vegetation.
    »Folge der orange schimmernden Linie in deinem Visier, Don«, kam die ungeduldige Anweisung Karens.
    Ich entdeckte die Linie am rechten Rand meines Gesichtsfeldes. Langsam drehte ich den Kopf nach rechts, bis sie wieder in der Mitte vor mir lag. Die Ansicht der Umgebung änderte sich, der Kontrast wurde erheblich besser. Auf dem Boden sah ich orange Fußstapfen, – visuell verstärkte Abdrücke von Karen! Dieses Visier begeisterte mich immer mehr.
    »O.k., ich sehe deine Spur«, sagte ich und folgte der Linie durch dichten Farn hindurch, bis ich beinahe in Karen hineinlief, die vor einem Felsdurchbruch auf mich wartete.
    Das hatte unser Aufpasser wohl gemeint, als er sagte, es wurde ein Hindernis beseitigt . Vor uns lag ein Tunnel mit kreisrundem Querschnitt im Sandstein, von mehr als vier Metern Durchmesser. Ich grinste in mich hinein angesichts der brutalen Effizienz der Mittel unserer auswärtigen Freunde und betrat den Tunnel, der sich leicht abfallend die nächsten einhundert Meter fortsetzte.
    »Ein kleinerer Durchmesser war wohl nicht möglich«, hörte ich Karen hinter mir verblüfft sagen.
    »Nicht bei ihrer Körpergröße«, antwortete ich und erreichte das Ende des Tunnels.
    Vor mir lag ein Kratersee, der an seiner gegenüberliegenden Seite von einem Fluss gespeist wurde. Die Vegetation wuchs bis dicht an die Ufer heran, lediglich an seiner linken Seite ragte die Felswand, durch die wir soeben geschritten waren, steil in die Höhe. Der Fluss hatte in ihr mehrere Höhlungen ausgewaschen, deren Tiefe sich meinem Blick vom gegenwärtigen Standort aus entzog.
    Karen trat an meine Seite, die Augen unter dem Visier über den See gerichtet. »Sieh mal, Don, da drüben sind Büffel!«
    Mein Blick folgte ihrem ausgestreckten Arm zum gegenüberliegenden Ufer. Zuerst erkannte ich nur eine graue Masse, kaum zu unterscheiden von der normalen Pflanzenwelt. Nach wenigen Augenblicken zoomte die Darstellung heran, als würde ich in einem Satz über den See hinwegspringen. Rotbraune Waldbüffel mit dicken gedrungenen Hörnern standen bewegungslos am Wasserrand, sogen misstrauisch die Luft ein. Nur vereinzelt bewegten sich Kälber zwischen den erwachsenen Tieren.
    Die orange Visier-Linie führte geradeaus auf den See hinaus, bevor sie mit einer eleganten Linkskurve abbog und in einer der Öffnungen in der Felswand verschwand.
    Ich setzte mich auf einen moosbewachsenen Felsen und wischte mir die ersten Schweißperlen des Tages von der Stirn.
    »Und jetzt?« Karen drehte sich zu mir und sah mich fragend an. »Schwimmen?«
    »Nur, wenn es hier keine Krokodile gibt.«
    Ich erhob mich, ging zur Felswand hinüber und dicht an ihr entlang, bis sie das Seeufer erreichte. Ein schmaler, moosbewachsener Sockel setzte sich in den See hinein fort und verlief nur wenige Zentimeter unterhalb der Wasseroberfläche.
    »Äh, Zenturio?«, rief ich unseren Aufpasser.
    » Certeer , Donavon!«, tadelte mich Karen ob der falschen Ansprache.
    Ich erhielt keine Antwort.
    Ratlos blickte ich mich um – intuitiv nach dem fliegenden T Ausschau haltend.
    »Warum meldet er sich nicht?«, fragte Karen unsicher, unsere Isoliertheit in dieser Gegend ohne die Verbindung zu den Besuchern realisierend. »Certeer?«
    Keine Antwort. »Ist bestimmt Blumen pflücken«, sagte ich betont locker.
    »Ich probier in der Zwischenzeit den Weg hier aus, mal sehen, ob die Stiefel wasserdicht sind.«
    Mein Tritt auf dem rutschigen Moos war überraschend sicher. Der Bewuchs federte leicht unter meinem Gewicht, während ich Meter um Meter dicht an der Felsrand langwatete. Ein Schauder lief mir über den Rücken, als ich mich an meine Klettertour mit Sturgis hinaus aus dem Cenote in Coruum erinnert fühlte.
    »Ich denke, der Weg fällt trocken, wenn es weniger Niederschlag gibt«, drang Karens Stimme aus dem Ohrhörer.
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