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Coruum Vol. 1

Coruum Vol. 1

Titel: Coruum Vol. 1
Autoren: Michael R. Baier
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Jahren besuchte er Tikal mindestens zweimal mit Studenten seiner Universität, dem California Institute of Applied Science (CIAS). Er war jedesmal aufs neue fasziniert von der Geometrie der Stadt, ihrer Gebäude und Straßen und der exakten Ausrichtung jedes Steins nach den Himmelsrichtungen.
    Jetzt am Abend hatte sich die Stadt um sie herum weitestgehend geleert. Seine Studenten empfingen ihn mit Anspielungen auf sein Zeitgefühl, als er mit Sinistra bei ihnen eintraf. Gemeinsam gingen sie zum altersschwachen Bus, der sich sofort in den abebbenden Strom der heimfahrenden Besucher einordnete.
    Die Straße war nach wie vor durch den Regen in schlechtem Zustand, und ihr Bus tat sich schwer mit den schlammigen Schlaglöchern. Der Abstand zu den vor ihnen fahrenden Fahrzeugen vergrößerte sich ständig, was die hinter ihnen Fahrenden zu teilweise waghalsigen Überholmanövern veranlasste.
    Pedro, ihren Fahrer, einen ergrauten Indio weit über die Fünfzig, schien das nicht zu stören. Es machte ihm sichtlich Spaß, den nachfolgenden Fahrzeugen den Überholvorgang so schwer wie möglich zu machen. In der schnell heraufziehenden Dunkelheit waren sie schließlich die Letzten auf dem Weg in Richtung Stadt. Die Busscheinwerfer blinzelten in die Dunkelheit, in der Pete kaum etwas erkennen konnte. Er hatte sich auf den freien Platz neben Pedro gesetzt und starrte in Gedanken über seine Entdeckung gleichgültig aus dem Fenster. Hinter ihm wurde es ruhiger, als seine Studenten nach und nach einnickten. Im sanften Geschaukel des Busses gab auch Pete den eigenen Kampf gegen die Müdigkeit schnell auf.
    Ein harter Schlag und ein lautes metallisches Geräusch, gefolgt vom scharfen Bremsen des Busses, warfen ihn beinahe von seinem Sitz. Pedro sah überrascht aus seinem Seitenfenster und brachte den Bus endlich quietschend und polternd zum Stehen.
    »Was ist los?«, knurrte Pete verstimmt in Richtung des Fahrers. Er rieb sich die Schulter, mit der er gegen die Frontscheibe geprallt war, und schob sich die Brille zurecht.
    Pedro strich sich mit der faltigen Hand über müde Augen und sah ihn verlegen an. »Nichts, gar nichts, Señor, ich bin ein wenig von der Straße abgekommen und über einen Stein gefahren.«
    »Lassen sie mich raus, ich sehe mir das an.« Pedro öffnete die Tür und Pete sprang auf den Schotter der Straße.
    Die Luft war immer noch sehr feucht, aber leicht abgekühlt und erfrischte ihn ein wenig. Er ging um den Bus herum. Der stand halb neben der Schotterpiste und war über zwei fußballgroße Felsenstücke gerumpelt, die Pete ein paar Meter hinter der zerbeulten Stoßstange fand.
    Er besah sich das linke Vorderrad. Es hatte unter einer hellen Kalkschlammkruste unzählige Dellen, die jedoch älter zu sein schienen. Der Reifen war in einem bedauernswerten Zustand, fast ohne Profil, schien jedoch noch ausreichend Luft zu haben.
    Pete atmete durch. Glück gehabt! Damit sollten sie eigentlich weiterfahren können.
    Hinter sich hörte er Schritte. »Ah, Señor, wie ich gesagt habe, nichts passiert. Pedro hat nur ein Auge zugemacht. Ab jetzt geht es besser. Wir können sofort weiterfahren.« Der grauhaarige, alte Indio grinste ihn um Vergebung heischend an und machte ein paar Schritte Richtung Straßenrand, um sich zu erleichtern.
    Einige Studenten waren ausgestiegen und folgten dem gleichen Drang. Sie verteilten sich hinter Felsen und vereinzelt stehenden Kiefern und ein leises Stimmengeplapper hing in der Luft, während ihre Kommilitoninnen die passenden Bemerkungen dazu machten.
    Pete zündete sich eine Zigarette an und schlenderte über die Straße auf eine größere Felsenformation zu, möglichst allen pinkelnden Studenten weiträumig ausweichend. Mittlerweile hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt und das Licht des aufgehenden Vollmondes reichte zwischen den schnell dahinziehenden Wolkenfetzen aus, die Umgebung leidlich gut zu erkennen.
    Der Boden war hier von einer Schicht Kalkkiesel und Felsgeröll bedeckt. Er musste aufpassen, wohin er trat. Er stieg einen kleinen Vorsprung hinauf und bleib vor einem ungefähr zwei Meter breiten Spalt im Fels stehen, der wie ein Schnitt mit einem schartigen Messer den Felsvorsprung durchzog. Er war bis zur Hälfte mit kleinem Geröll aufgefüllt. Vereinzelt funkelten große Pfützen im Mondlicht. Zu seiner Rechten verschwand der Spalt nach einigen Metern im Felsen, zu seiner Linken flachte er sich Richtung Straße ab.
    Ein Geräusch ließ ihn herumfahren. Almond,
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