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Conan-Saga 12 - Conan der Freibeuter

Conan-Saga 12 - Conan der Freibeuter

Titel: Conan-Saga 12 - Conan der Freibeuter
Autoren: L. Sprague de Camp
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dem Marmorboden, unter der Tür: rotes, klebriges, träge fließendes Blut!
    Schaudernd schüttelte Chabela die grauenvolle Erinnerung ab. Das schwache Glimmen eines Nachtlichts lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich. Es kam von einer Wachskerze auf einem niedrigen, reichverzierten Betpult an der Wand, dem Bett gegenüber. Auf dem Pult stand unter anderem eine kleine Statue Mitras, des Lichtgottes und der Hauptgottheit der Kordavanier. Chabela empfand plötzlich das Bedürfnis, den Gott um Hilfe anzuflehen. Sie wickelte die seidene Spitzendecke um ihren Körper und schritt fröstelnd über die Marmorfliesen zu dem Betpult, wo sie vor dem Idol niederkniete. Wie ein mitternachtschwarzer Wasserfall hing ihr dichtes Haar über den Rücken.
    Neben der Statuette stand ein Silbergefäß mit Weihrauch. Sie ließ ein wenig Pulver auf die Kerzenflamme rieseln. Der würzige Duft von Narde und Myrrhe breitete sich aus.
    Chabela legte die Hände zusammen und senkte den Kopf zum Gebet, doch sie brachte kein Wort über die Lippen. Ihre Gedanken überschlugen sich, sie konnte die innere Ruhe nicht finden, die zur Verehrung des großen Gottes nötig war.
    Jetzt erst wurde ihr bewußt, daß sie schon seit vielen Tagen ein unbestimmbares Grauen im Palast gespürt hatte. Der alte König wirkte irgendwie geistesabwesend, innerlich erregt, so als beschäftigte er sich mit Problemen, über die er mit niemandem sprechen konnte. Er war in letzter Zeit auch unvorstellbar gealtert, so daß man meinen konnte, etwas entzöge ihm die Lebenskraft. Einige seiner kürzlichen Erlasse hatten ganz und gar nicht zu seiner bisherigen Einstellung gepaßt und widersprachen seiner früheren Politik. Hin und wieder hatte Chabela gar das Gefühl beschlichen, ein anderer blicke aus seinen alten schwachen Augen, spreche mit seiner bedächtigen heiseren Stimme oder unterzeichne mit zittriger Hand Dokumente, die er diktiert hatte. Der Gedanke war natürlich absurd, aber er wollte sich nicht verdrängen lassen.
    Und dann diese gräßlichen Träume von Klingen und Blut und funkelnden Augen – und sich verdichtenden Schatten, die beobachteten und wisperten!
    Plötzlich wurde ihr Kopf klar, als hätte eine frische Brise vom Meer die Schleier vertrieben, aber das machte das Ganze nur schlimmer, denn die lastende Beklemmung verstärkte sich, und ihr war, als versuchte etwas Schreckliches von ihr Besitz zu ergreifen.
    Unbeschreibliches Grauen erfüllte sie, sie schüttelte sich vor Ekel. Die prallen jungen Brüste, so stolz unter der feinen Spitzendecke, hoben und senkten sich heftig. Sie warf sich vor dem Betpult mit der Mitra-Statuette auf den Marmorboden, bis das lange schwarze Haar die Fliesen berührte, und betete:
    »Gütiger Mitra, Beschützer des Hauses Ramiro, o Herr voll Gnade und Gerechtigkeit, der du die Bösen und Grausamen bestrafst, ich flehe dich an in meiner Not: Sag mir, was ich tun soll, o mächtiger Herr des Lichtes.«
    Sie erhob sich, öffnete die goldene Schatulle neben dem Weihrauchgefäß und entnahm ihr zwölf dünne geschnitzte Sandelholzstäbchen. Diese Orakelstäbchen waren von unterschiedlicher Länge und Form: manche gespalten, andere krumm und wieder andere gerade.
    Sie warf sie vor dem Betpult auf den Boden. Das klappernde Geräusch wirkte ungemein laut in der nächtlichen Stille.
    Sie bückte sich und betrachtete die Stäbchen. Das schwarze Haar fiel ihr ins Gesicht. Ihre Augen weiteten sich staunend.
    Die Stäbchen bildeten das Wort T-O-V-A-R-R-O.
    »Tovarro«, murmelte Chabela. »Geh zu Tovarro ...« Ihre dunklen Augen blitzten entschlossen auf. »Das werde ich tun!« schwor sie. »Heute nacht noch! Ich werde Kapitän Kapellez sofort Bescheid geben ...!«
    Immer wieder erhellten die Blitze des tobenden Gewitters das nur von Kerzenschein beleuchtete Gemach. Chabela riß Kleidungsstücke aus einer Truhe, zog sich an und schnallte sich einen Waffengürtel, von dem ein Degen in seiner Scheide hing, um die schmale Taille, ehe sie sich einen warmen Umhang überwarf. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und zielstrebig.
    Mit glasigen Augen sah Mitra vom Betpult zu. Sprach nicht eine Spur Leben und Intelligenz aus ihnen? Und verrieten die strengen Lippen nicht einen Hauch von Mitleid? War das ferne Donnergrollen seine Stimme? Wer vermochte das zu sagen?
    Kurz darauf verließ Ferdrugos Tochter den Palast – und dadurch kam eine Lawine phantastischer Ereignisse ins Rollen, die einen mächtigen Krieger, einen gefürchteten Zauberer, eine stolze
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