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Columbus war ein Englaender

Columbus war ein Englaender

Titel: Columbus war ein Englaender
Autoren: Stephen Fry
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Klumpen von kastanienbraunen Stuten mit warmen Flanken fallen gelassenwerden, geritten von kleinen Turnierreiterinnen, die puterrot anlaufen, sobald man ihnen in die Augen blickt.
    Doch damit nicht genug.
    In Uley lauern vollfinanzierte Daewoos hinter Carport-Einfahrten mit Fernbedienung, glänzen Satellitenschüsseln von den Dächern und imitieren kopalversiegelte und geschliffene Ulmenholzvertäfelungen aus dem Baumarkt Mulberry Lodge, Southfork oder El Adobe. Die Tafel vor dem Dorfpub wirbt in bunter Kreide für Happy Hour, Pool, Freibier für die ersten Gäste und Satelliten-TV auf der Videoleinwand. Der Gestank von schalem Bier und Doritos weht durch die Hauptstraße bis zur Kirche, wo entlang der Chormauer lasergedruckte Blätter im A4-Format flattern, auf denen für Auto-Flohmärkte und schmucke Altenwohnheime in Wales geworben wird. Übergewichtige Fettärsche in Russell-Athletic-Sweatshirts tauschen mit den Nachbarn Mehr-Spaß-am-Sex-Ratgeber auf CD-ROM, während ihre junge Brut im Nike-Dress Pyramiden aus Hamburger-Packungen auf der Terrasse auftürmt, um sie anschließend mit monströsen Wasser-Pump-Guns wegzufegen. Die kleinen Gören schmieren sich Rouge auf die Wangen und strekken einem weit die Zunge raus, wenn man sie anblickt. Die Schule in Stouts Hill ist mittlerweile geschlossen und in eine Ferienanlage auf Time-Sharing-Basis umfunktioniert worden.
    Na ja, vielleicht ist das alles gar nicht so schlimm. Irgendwo zwischen dampfender Gülle und kaltem Wasser liegt die lauwarme Wahrheit über das Dörfchen Uley, das sich, so gut es eben geht, mit der neuen Zeit zu arrangieren versucht. Es gab eine Zeit, da Mansion-Möbelpolitur, Dividend Tea und die wehmütige Erinnerungen weckenden Turnierreiterinnen als verderbliche Neuerungen abgelehnt wurden; und bestimmt werden einmal Bücher geschrieben, in denen mit der gleichen nostalgischen Wehmut auf CD-ROMs und Russell-Athletic-Sweatshirts zurückgeblickt wird.
    Springen wir für einen Augenblick nach London. Ich besitze heute eine Wohnung in St. James’s, jenem vornehmen Clubviertel im Herzen Londons, das sich zwischen Piccadilly, Pall Mall, St. James’s Street und Lower Regent Street erstreckt. Ich nehme an, in St. James’s zu wohnen entspricht meinem persönlichen Image – beziehungsweise mehr noch dem Image, das die anderen von mir haben und das ich oft leichtfertig als mein persönliches Image übernehme. St. James’s ist seit jeher die ideale Umgebung für den britischen Junggesellen aus der Upper Class. Hier kann er in der Jermyn Street nach Hemden und Krawatten stöbern, bei Lock’s und Lobb’s nach Hüten und Schuhen, sich bei Fortnum’s mit Lebensmitteln und bei Hatchards und der London Library mit Lesestoff eindecken, sich im Brook’s, White’s, Boodle’s oder Buck’s unters Volk mischen oder (sollte wirklich einmal Not am Mann sein) den höchst eigenwillig benannten East India, Devonshire, Sports and Public School’s Club aufsuchen, wo es das beste Schul-Curry in ganz London gibt, inklusive Sultaninen und Bananenscheiben sowie lauwarmem Londoner Leitungswasser aus unverwüstlichen kleinen Duralex-Gläsern zum Nachspülen. Auch wenn ich alles andere als ein britischer Junggeselle der Upper Class bin, wohne ich seit nunmehr fünf Jahren in St. James’s, nachdem mir Islington, wo ich eigentlich hingehöre, verleidet worden war und ich mich westlich von Hyde Park Corner oder östlich des Strand nie wohl gefühlt habe.
    Von meinem Fenster aus blicke ich auf die Uhr der von Christopher Wren erbauten großartigen St. James’s Church. Dahinter – auf der anderen Seite von Piccadilly – geht die Sackville Street in die Savile Row über, während zur Rechten Nashs einzigartiger Häuserbogen der Regent Street liegt. 1961 besuchten meine Eltern Sackville Street, wo sie jeden Hauseingang inspizierten, bis sie eine Messingtafel mit der Aufschrift entdeckten:
    GABBITAS & THRING
    SCHUL-AGENTUR
    1977 ging ich selbst in die Sackville Street und suchte nach der Plakette, die nach wie vor verkündete:
    GABBITAS & THRING
    SCHUL-AGENTUR
    Ich glaube nicht, daß irgendein Schriftsteller je zwei Geschäftspartner erfinden wird, deren Namen auf so kongeniale Weise zusammenpassen wie Gabbitas und Thring.
    Und was, bitte schön, ist eine Schul-Agentur?
    Na, na, jetzt aber nicht den Dummen spielen ... als wüßte nicht jeder ganz genau, worum’s geht.
    Eine Schul-Agentur ist eine Art Partnervermittlung für Public Schools und Prep Schools. Sie leistet
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