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Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin

Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin

Titel: Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin
Autoren: Paul Preuss
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Wahrheit.
    Er drückte einen Finger gegen sein Ohr und tippte an seinem Kommfunkgerät die Chiffre für das Sanatoriumspersonal ein. »Ich mache mir Sorgen. Linda hat diese Woche nicht gut geschlafen.«
    »Tatsächlich, Doktor?« Die Schwester war überrascht. »Tut mir leid. Wir haben nichts Außergewöhnliches bemerkt.«
    »Nun gut, dann versuchen wir es heute abend mit Sodium Pentobarbital, was meinen Sie? 200 Milligramm.«
    Die Schwester zögerte, dann willigte sie ein. »Gewiß, Doktor.«
     
    Er wartet, bis alles außer den beiden Nachtpflegern schlief. Der Mann würde vermutlich durch die Korridore schleichen und würde so tun, als wäre er auf alle Schwierigkeiten vorbereitet. Dabei pflegte er eigentlich nur seine Schlaflosigkeit. Die Frau dürfte vor ihren Videomonitoren auf ihrer Station auf der Hauptetage dösen.
    Er nickte ihr auf dem Weg nach oben im Vorbeigehen zu. »Ich sehe mich nur noch einmal kurz um, bevor ich nach Hause gehe.« Sie blickte auf, wurde aber erst allmählich aufmerksam.
    Alles, was er brauchte, ließ sich ohne weiteres in seinem luxuriösen Mantel verstauen, ohne seinen Umfang nennenswert zu vergrößern. Er stieg die Treppen hoch und ging den Korridor im zweiten Stock entlang, wobei er seinen Kopf pflichtbewußt in jede Station und jedes Privatzimmer steckte.
    Er kam zu dem Zimmer von L.N. 30851005 und trat ein. Die Fotogrammkamera beobachtete ihn unsichtbar von ihrer Position hoch oben in der Ecke. Er konnte ihr den Rücken zudrehen, wer jedoch zufällig den Korridor entlangkam, hätte ihn von der anderen Seite sehen können, deswegen zog er die Tür beiläufig halb hinter sich zu.
    Er beugte sich über ihre schlafende Gestalt, dann drehte er ihr Gesicht rasch nach oben. Sie atmete ruhig und tief. Als erstes zog er einen flachen CT-Leuchtschirm von der Größe eines Scheckheftes aus der Tasche. Er legte ihn ihr über die geschlossenen Augen; auf seinem Schirm erschienen die Umrisse ihres Schädels und Gehirns, als hätte man sie mit einem Schnitt durchtrennt. In einer Ecke des Bildschirms erschienen Digitalkoordinaten. Er stellte den Tiefenmesser des CT-Leuchtschirms so ein, daß die graue Materie des Hippocampus genau im Zentrum lag.
    Er stand immer noch über sie gebeugt. Er zog eine lange Injektionsnadel aus dem Ärmel, ein primitives Instrument, dessen Funktion einem Angst einjagen konnte. Aber innerhalb des Schaftes der Stahlnadel waren weitere Nadeln verborgen, immer eine in der anderen. Sie wurden im Durchmesser immer feiner, bis die feinste von ihnen dünner war als ein menschliches Haar und unsichtbar. Diese Nadeln besaßen ihre eigene Intelligenz. Er tauchte die Spitze des Kolbens in eine kleine Phiole mit Desinfektionsmittel. Er ertastete ihren Nasenrücken, drückte ihn mit seinen Fingern nach unten, um die Nasenlöcher zu weiten, dann schob er sachte, aber unerbittlich den langen, teleskopartig auseinanderfahrenden Schaft in ihr Gehirn – und beobachtete sein Fortschreiten auf dem winzigen Bildschirm.

2
    Die Geruchswindungen sind die vielleicht atavistischsten Teile des Gehirns. Sie haben sich aus den Nervensystemen von blinden Würmern entwickelt, die sich ihren Weg durch die trüben Gewässer des cambrischen Meeres getastet haben. Um funktionieren zu können, müssen sie in engem Kontakt zur Umgebung stehen. Aus diesem Grund liegt gleich unter der Nasenwurzel das Gehirn für die Außenwelt beinahe vollkommen offen. Das ist eine gefährliche Sache. Das Immunsystem des Körpers hat keinerlei Einfluß auf die Vorgänge im Gehirn, es ist durch die Barriere, die zwischen Blut und Gehirnmasse besteht, davon abgeschlossen – bis auf die Nasenöffnungen, wo Schleimhäute die einzige Abwehr des Gehirns bilden und dadurch jede winterliche Erkältung zu einem alles beanspruchenden Kampf gegen eine Erkrankung des Gehirns wird.
    Wird dieses Abwehrsystem durchbrochen, spürt das Gehirn selbst nichts; die Blüte des zentralen Nervensystems enthält selbst keine Nerven. Die Mikronadel, die an L.N.s Geruchswindungen vorbei bis in ihr Hippocampus vordrang, hinterließ keinerlei innere Empfindung. Sie hinterließ allerdings eine Infektion, die sich schnell ausbreitete …
     
    Als sie – spät – aufwachte, verspürte die Frau, die sich für Sparta hielt, ganz oben in der Nase ein Jucken, gleich neben ihrem rechten Auge.
    Erst gestern noch war sie in Maryland gewesen, in den Anlagen des Projekts nördlich der Hauptstadt. Sie hatte sich mit dem Wunsch im Wohnheim schlafen gelegt,
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