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Cocoon, Band 01

Cocoon, Band 01

Titel: Cocoon, Band 01
Autoren: G Albin
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erfüllt die Luft, und plötzlich schallt eine Stimme durchs Zimmer: »Adelice Lewys wurde berufen, der Gilde der Zwölf und Arras zu dienen!«
    Schon bald werden sich unsere Nachbarn vor der Tür versammeln. In Romen lässt sich niemand eine Einberufung entgehen. Es gibt kein Entkommen. Jeder hier kennt mich. Ich stehe auf, um dem Rekrutierungstrupp die Tür zu öffnen, aber mein Vater stößt mich in Richtung Treppe.
    »Papa!« Amie klingt verängstigt.
    Ich taste nach ihrer Hand, finde und drücke sie. Dann stolpere ich hinter ihr hinunter, als mein Vater uns in den Keller treibt. Ich habe keine Ahnung, was er da tut. Da unten gibt es nur einen feuchten, halb leeren Kartoffelkeller. Mama eilt zur Wand und schiebt einen Stoß Ziegelsteine beiseite – ein schmaler Gang kommt zum Vorschein.
    Amie und ich schauen zu. In ihren weit aufgerissenen Augen spiegelt sich die lähmende Angst, die auch ich verspüre. Alles verschwimmt vor mir. Ich verstehe einfach nicht, was sie da machen, obwohl ich es vor mir sehe. Das einzig Solide – das einzig Wirkliche – in diesem Moment ist Amies zerbrechliche Hand, mit der sie sich an mich klammert. Ich halte mich an ihr fest wie an einer Rettungsleine für uns beide. Sie gibt mir Halt, und als meine Mutter sie wegzerrt, schreie ich, weil ich fürchte, mich einfach in Luft aufzulösen.
    »Ad«, kreischt Amie und streckt zwischen Mamas Armen hindurch die Hände nach mir aus.
    Es ist ihre Angst, die mich wieder in die Wirklichkeit zurückreißt, und ich rufe ihr zu: »Schon in Ordnung, Amie. Geh mit Mami!«
    Als ich das sage, erlahmt der Griff meiner Mutter für einen kurzen Moment. Ich weiß nicht, wie lange es her ist, dass ich sie zum letzten Mal Mami genannt habe. Solange ich zurückdenken kann, war ich dafür zu alt und zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Aufgestaute Tränen strömen ihr übers Gesicht, und sie lässt Amie los. Meine Schwester wirft sich in meine Arme, ich atme den Geruch ihrer frisch gewaschenen Haare ein und bemerke, wie schnell ihr kleines Herz an meinem Bauch pocht. Mama nimmt uns beide in die Arme, und ich nehme ihre Kraft und Wärme in mich auf. Doch der Moment vergeht zu schnell, und mit einem Kuss auf meine Stirn sind sie verschwunden.
    »Adelice, hier!« Während Amie und meine Mutter in dem Gang verschwinden, schiebt mein Vater mich zu einem anderen Loch, aber bevor ich hindurchkrieche, packt er mein Handgelenk und presst kaltes Metall darauf, in der Nähe meiner Pulsadern. Einen Moment später verspüre ich heftiges Brennen. Als er mich loslässt, hebe ich die Stelle an den Mund und versuche, den Schmerz durch Pusten zu lindern.
    »Was …? « Ich suche sein Gesicht nach einem Grund für den Techprint ab – als ich wieder auf die Stelle hinabschaue, sehe ich den blassen Umriss einer laufenden Sanduhr. Auf meiner hellen Haut ist er fast nicht zu sehen.
    »Ich hätte das schon vor einiger Zeit tun sollen, aber … « Er sammelt sich und schiebt das Kinn vor. »Es wird dir helfen, dich zu erinnern, wer du bist. Liebes, du musst jetzt gehen.«
    Ich sehe in den Tunnel, der sich im Nichts verliert. »Wohin führt er?« Ich kann den panischen Unterton nicht unterdrücken. In Arras gibt es keine Verstecke, und das hier ist Hochverrat.
    »Geh!«, fleht er mich an.
    Über uns ist das Getrampel vieler Stiefel zu hören.
    »Auf dem Tisch ist noch Essen! Sie können nicht weit sein.«
    »Sucht den Rest des Hauses ab und bildet eine Kette, um die Straße abzuriegeln.«
    Jetzt sind die Schritte in der Küche angekommen.
    »Papa … « Ich schlinge die Arme um ihn, unsicher, ob er mich begleiten oder in einem anderen Tunnel verschwinden wird.
    »Ich wusste, dass wir letztlich niemals hätten verbergen können, wie besonders du bist«, murmelt er in mein Haar. Die Kellertür wird aufgeschlagen.
    Aber bevor ich ihm sagen kann, wie leid es mir tut, dass ich sie enttäuscht habe oder dass ich ihn lieb habe, sind die Stiefel an der Treppe angekommen. Ich kraxle in das Loch. Er stapelt die Ziegel hinter mir wieder auf, und es wird dunkel. Mein Brustkorb zieht sich vor Angst zusammen. Dann hört er auf. Noch immer fällt ein breiter Lichtstrahl aus dem Keller in den Tunnel. Ich kann mich nicht rühren.
    Die Ziegel krachen auf den Zementboden und Licht strömt in den Tunnel. Ich unterdrücke einen Schrei und krabble durch den Staub, weg von dem heller werdenden Licht. Ich muss weiter. Ich versuche, Papa zu vergessen, und Mama und Amie in dem anderen Tunnel, während
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