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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers
Autoren: Unbekannter Autor
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könnte ihm einen Vorwurf machen? Hier passiert ja nichts. Ich weiß genau, wie er sich fühlt. Wenn Joe noch etwas länger bleibt, dann weiß Gott allein, wozu er aus Langeweile getrieben wird.«
    »Oder in wen«, warf Bertie lüstern ein. »Mir fiel auf, dass Margery Phelps gestern Abend im Gaiety Theater ein übergebührliches Interesse an ihm zeigte ... und soweit ich weiß, befindet sich Colonel Phelps derzeit in Burma. Soll ich das für Sie arrangieren, Joe?«
    »Ach, komm schon!«, protestierte Johnny. »Der Commander kann es besser treffen als mit dem alten Garnisonsgaul! Ein gut aussehender, junger Kerl wie er, die Brust voller Orden, Freunde in höchsten Positionen, ein Ausbund an Charme - er kann es sich aussuchen! Lasst uns nachdenken ... die kleine Mau-die Smithson ist noch nicht zugeritten, glaube ich. Was für ein Ritt! Wie wär’s, Joe?«
    Die Unterhaltung wechselte zu einem kenntnisreichen Vergleich der Vorzüge aller verfügbaren Damen von Simla und jeder Menge Spekulation hinsichtlich der Vorzüge der nicht verfügbaren Damen.
    »Das ist doch nur Gerede!«, wandte Edgar ein. »Um der Wahrheit die Ehre zu geben, hat doch gerade keiner von euch eine Herzensdame. Junge Burschen wie ihr sollten die Glut eigentlich am Glimmen halten. Als ich in eurem Alter war .«
    Bertie unterbrach ihn rasch. »Ja, ja, als du in unserem Alter warst, warst du Zar aller Russen! Erzähl doch nichts!«
    Das war der Anfang einer freundschaftlichen Kabbelei, der Joe nicht zuhören wollte. Glücklicherweise fiel ihm das Telegramm wieder ein. »Übrigens, Edgar - ich habe ein Telegramm für Sie. Oder besser gesagt ein Telegramm für Sir George, das ich an Sie weiterleiten soll. Wahrscheinlich nicht weiter wichtig, aber er meinte, ich solle es Ihnen persönlich überreichen. Strecken Sie die Hand aus!«
    Er überreichte eine Lederhülle. Es gab hier nicht viel Privatsphäre. Alle beugten sich vor, um über Edgars Schultern mitzulesen. Joe fragte sich bei diesem Anblick doch sehr, wie das leckgeschlagene Schiff namens Junggesellenwohngemeinschaft auf den Wellen dümpeln konnte, ohne unterzugehen. Er wusste, dass Jackie Carlisle von der Familie seiner Frau eine beträchtliche Summe erhielt, damit er in Indien blieb. Er wusste, dass Johnny Bristow sorglos, aber offenbar erfolgreich mit Pferden handelte sowie Pferde und Kutschen vermietete. Bertie Hearne-Robinson hatte angeblich Kontakte jenseits der Grenzen und war sich nicht zu schade, zusammen mit einer Reihe vornehmer Paschtunen gar nicht vornehm zu schmuggeln -und alles unter dem Deckmäntelchen der Immobilienfirma, die er von einem Büro in der Mall aus führte.
    Und dann gab es noch Edgar. Was machte Edgar? Ein kunstfertiger Shikari, der Großwildjagden für Touristen durchführte. Er arrangierte Kontakte, und einige der Kontakte, die er gerüchteweise arrangiert hatte, waren ziemlich dubioser Natur. Es war allgemein bekannt, dass Edgar Anteile an einem blühenden und sehr vornehmen Bordell in der Unterstadt hielt. Es war sicher kein Wunder, dass sich die respektablen Bürger nicht gern in der Junggesellenwohnung blicken ließen, aber gleichzeitig war klar, warum die Abenteuerlustigen die Gesellschaft der Männer suchten, ihren Stil bewunderten und bei ihrer jährlichen Rückkehr nach Simla den Weg hierher fanden. Sie wollen ein Polo-Spiel? Johnny konnte es arrangieren. Sie möchten ein paar Juwelen loswerden? Bertie war Ihr Mann. Sie brauchen einen kleinen Urlaubskredit?
    Da konnte Jackie helfen. Einfache Bedingungen, nichts weiter nötig als ein Schuldschein.
    Joe wusste, dass die Nachfrage immer das Angebot bestimmt, und wenn man eine Stadt voller Männer -und auch voller Frauen - hatte, die auf Vergnügen aus waren, dann würden die Vermittler, die Mittelsmänner, stets davon profitieren. Und genau das hielt die Junggesellenwohngemeinschaft in Brot und Butter!
    »Dürften wir wohl einen Blick auf dieses sagenumwobene Telegramm werfen«, erkundigte sich Joe freundlich. »Und könnten wir - ich bitte um Verzeihung, meine Herren - dafür etwas Privatsphäre bekommen?«
    Alle zeigten sich zerknirscht. »Aber natürlich, alter Junge. Meine Güte! Gar kein Problem!«
    Sie erhoben sich vom chaotischen Frühstückstisch und ließen Joe und Edgar allein.
    Joe betrachtete Edgars einst gut aussehendes, eckiges Gesicht, während dieser das Telegramm las. Er schien eine unangemessen lange Zeit für eine so kurze Nachricht zu benötigen und hatte eindeutig Zeit genug, den Text
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