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Ciao Mayer

Ciao Mayer

Titel: Ciao Mayer
Autoren: Hans-Jürgen Schlamp
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damit an einen der hinteren Tische zurück. Natürlich war auch hier Rauchverbot, er rauchte trotzdem.
    Was sollte er tun? Sein Chef erwartete eine Top-Story, doch er hatte nichts, worüber man hätte schreiben können, gar nichts. Aus irgendeinem Grunde war ein junger talentierter Fußballer ums Leben gekommen, das stand fest. Alles andere war, wenigstens Massimo, völlig unbekannt. Vielleicht hatte die Sache was mit illegalen Wetten zu tun, vielleicht auch nicht. Vielleicht war der Junge absolut sauber, vielleicht auch
    nicht.
    Er sah sich um. Ein paar Dutzend Leute saßen an Tischen und unterhielten sich in gedämpfter Lautstärke. Massimo kannte niemanden. Doch, da - ein kurzhaariger, fast glatzköpfiger, kleiner aber sehr athletischer Mann um die Dreißig, Dreitagebart, an einem der Tische ganz vorne, winkte ihm leicht zu. Ja, er erinnerte sich an das kantige Gesicht. Bei Bruno, in dem kleinen Kellerrestaurant, als sie Carlos 38. Geburtstag gefeiert hatten, da hatte er ihn gesehen, sich mit ihm gar nicht so schlecht unterhalten. Ein Fußballer, den Namen hatte er vergessen, einer am Ende seiner Karriere, die nicht eine ganz große war, vermutlich hatte er mehr Zeit auf der Reservebank verbracht als auf dem Spielfeld, aber immerhin einer, der auch in der zweiten Reihe, abenteuerlich viel Geld verdiente. Massimo erinnerte sich, er hatte damals, während er mit ihm sprach, im Kopf neidisch überschlagen, dass der sicherlich mehr im Monat verdiente als er im ganzen Jahr; viel viel mehr vermutlich.
    Der Stoppelkopf erhob sich und kam auf Massimo zu. Auch der stand auf. Sie schüttelten sich die Hände.
    „Ich bin Roberto, erinnerst Du Dich?“
    Massimo lachte. „Na klar, aber dass der berühmte Fußballer sich an den kleinen Journalisten erinnert, das ist doch wohl das Erstaunliche, also ich bin Massimo...“
    Jetzt grinste Roberto und legte Massimo die Hand auf die Schulter. „Ich weiß, ich weiß, Massimo il tedesco, der Deutsche...“
    „Hey, ich bin Römer, geborener Römer“, unterbrach ihn Massimo.
    „Ja ja“, lachte der andere nun laut los, „man sieht es: 1,90 Meter groß, 100 Kilo schwer, eine strohblonde Mähne auf dem Kopf - der typische Römer!“
    Massimo verzog das Gesicht: „94 Kilo!“
    Roberto, weiter fröhlich glucksend, nahm ihn in den Arm. „Massimo, lass gut sein! Alle nennen dich ‚tedesco’ und keiner meint es böse. Klar bist du Römer, ohne Zweifel, aber du bist eben auch Deutscher. Warum denn nicht? Die Deutschen sind pünktlich, ehrlich, zuverlässig - das Gegenteil der Römer!“
    Sie lachten beide.
    „Außerdem“, schob Roberto nach, „erinnert man sich doch eher an dich als etwa an einen wie mich!“
    Massimo protestierte höflich.
    Roberto schob ihn auf den Stuhl. „Wollen wir einen Kaffee trinken?“
    Massimo nickte.
    Roberto ging zur Bar und kehrte nach zwei Minuten mit Kaffee und einem Teller mit bunten Petit Fours zurück.
    Von der gelungenen Geburtstagsfeier bei Bruno wechselte ihr Gespräch bald auf den Tod des jungen Roma-Spielers. Massimo berichtete vom Verdacht seines Chefredakteurs und von seinen Zweifeln an dessen Theorie.
    Roberto atmete tief durch. „Ich weiß nichts“, sagte er, „aber vielleicht ist die Idee deines Chefs gar nicht so abwegig.“
    Massimo kramte seinen kleinen Schreibblock und den Kugelschreiber aus der Jackentasche, doch Roberto winkte ab. „Ich kann dir wirklich nichts Genaues sagen, es ist nur so ein Gefühl. Es hat immer wieder seltsame Ereignisse gegeben, die irgendwie nicht zusammenpassten. Ich habe darüber nie nachgedacht, erst jetzt, als der Junge so...“, er stockte, „so bestialisch ums Leben kam, fielen sie mir auf.“
    Roberto hatte nie ein enges, freundschaftliches Verhältnis zu dem jungen Motti gehabt, erzählte er. Dergleichen war in dem Club sowieso die Ausnahme, hier ging es um Geld, um Karriere, und da war der Patzer des einen die Chance des anderen. Allenfalls auf dem Platz spielte man gemeinsam - wenn es gut ging. Zusätzlich lag zwischen den Jungen und den Alten eine tiefe, nahezu unüberbrückbare Kluft: Die einen drängten mit aller Kraft auf die Positionen, die die Alten mit aller Macht besetzten, solange es eben ging.
    Ob das vielleicht diese „antagonistischen Widersprüche“ waren, von denen die Gazetta dello sport neulich unter Bezug auf das Roma-Team geschrieben hatte, dachte Massimo, wagte aber nicht, die Erzählung Robertos mit einer Frage danach zu unterbrechen.
    Der war inzwischen bei den Autos der
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